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US-chinesische Gespräche
Die Grenzen der Gemeinsamkeit

Die Betriebstemperatur zwischen den USA und Nordkorea war bereits vor dem Tod des amerikanischen Studenten Otto Warmbier auf dem Nullpunkt. Um den Druck auf das Regime in Nordkorea zu steigern, sind die Amerikaner auf China angewiesen. Dabei verfolgt der engste Partner Nordkoreas langfristig ganz andere Ziele in der Region.

Von Thilo Kößler | 22.06.2017
    Eine Mitarbeiterin der Odusan Sternwarte nahe der entmilitarisierten Zone zwischen Nord- und Südkorea reinigt am 20. Juni 2017 eine 3D-Landkarte von Nordkorea.
    Die Odusan-Sternwarte nahe der entmilitarisierten Zone zwischen Nord- und Südkorea am 20. Juni 2017 (AFP/Ed Jones)
    Zwei Außenminister, ein amerikanischer Verteidigungsminister und ein chinesischer Generalstabschef: Die ganztägigen Gespräche zwischen den USA und China waren hochrangig besetzt. Und sie bekamen durch den ungeklärten Tod des amerikanischen Studenten Otto Warmbier eine zusätzliche Brisanz: Warmbier war dieser Tage an den Folgen schwerer Hirnverletzungen gestorben, die ihm in nordkoreanischer Haft zugefügt worden waren. Nun sieht sich US-Präsident Donald Trump dem Druck der amerikanischen Öffentlichkeit ausgesetzt, eine angemessene Reaktion auf das Verhalten des Regimes in Pjöngjang zu finden. Die Möglichkeiten, die ihm dabei zur Verfügung stehen, sind beschränkt: Die USA und Nordkorea unterhalten keine Beziehungen, die Betriebstemperatur zwischen beiden Ländern ist ohnehin schon auf dem Nullpunkt.
    Militärschlag gegen Nordkorea wäre zu gefährlich
    In den USA wird über ein generelles Reiseverbot für amerikanische Staatsbürger nach Nordkorea nachgedacht. Zwei Abgeordnete haben einen entsprechenden Gesetzentwurf eingebracht. Mit Blick auf mögliche weitere Schritte sind der Trump-Administration aber die Hände gebunden – ein Militärschlag wird mit Blick auf die Risiken und Nebenwirkungen des nordkoreanischen Nuklearpotenzials als viel zu gefährlich eingeschätzt: 25 Millionen Menschen leben im Ballungsraum Seoul an der Grenze zu Nordkorea – sie zu gefährden, wäre zumindest politischer Leichtsinn. Wenn die USA dem Regime in Nordkorea weitere Daumenschrauben anlegen wollen, sind sie also auf China angewiesen. Und genau dies machte die sino-amerikanischen Konsultationen in Washington so brisant. China hat es als engster Partner Nordkoreas in der Hand, den Druck auf das Regime zu erhöhen – es hat aber auch alle Möglichkeiten, ihn fein zu dosieren. Washington drängt Peking, die bestehenden UN-Sanktionen noch konsequenter umzusetzen und sähe es am liebsten, wenn China Kim Jong Un den Ölhahn abdrehen würde oder keine Kohle mehr in Nordkorea kaufte. Noch drangen keine Einzelheiten über die Gespräche an die Öffentlichkeit. Aber US-Verteidigungsminister James Mattis verwies auf die Gemeinsamkeiten, die beide Seiten verbindet – nämlich die ablehnende Haltung gegenüber dem nordkoreanischen Atomprogramm und den fortwährenden Provokationen aus Pjöngjang.
    Donald Trumps Twitter-Politik ist nicht hilfreich
    Mit Blick auf die Gefahren des nordkoreanischen Atompotenzials können beide Seiten auch kein Interesse daran haben, das Regime in Pjöngjang zu destabilisieren oder gar zu stürzen, meint George Mitchell, einst diplomatischer Sondergesandter der amerikanischen Regierung. Den markantesten Unterschied zwischen den USA und China sieht Mitchell in den langfristigen strategischen Zielen – während es die US-Regierung am liebsten sähe, wenn es auf der koreanischen Halbinsel zu einer Wiedervereinigung der beiden geteilten Länder unter demokratischen Vorzeichen käme, ist genau das die Befürchtung der chinesischen Führung: Dann gäbe es statt eines nordkoreanischen Pufferstaates an der Grenze zu China einen starken amerikanischen Verbündeten.
    Noch ist unklar, wie weit die Gespräche in Washington wirklich gediehen sind. Sie sollen fortgesetzt werden. Sicher scheint indes zu sein, dass die Twitter-Politik Donald Trumps nicht unbedingt hilfreich ist. Der amerikanische Präsident hatte vor dem Besuch der chinesischen Delegation in Washington getwittert: "Ich bin zwar sehr dankbar für die Anstrengungen Chinas, uns mit Nordkorea zu helfen – aber gebracht hat es bislang nichts."