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US-Einwanderer ohne Papiere
Leben in Angst

In den USA leben rund 11 Millionen Menschen ohne Papiere. Ihr Leben hat sich mit der Amtseinführung von Donald Trump verändert. Die Ausweiskontrollen haben deutlich zugenommen und so ist die Angst, zur falschen Zeit am falschen Ort zu sein, zum ständigen Begleiter geworden.

Von Martina Buttler | 07.03.2017
    Mitarbeiter der US-Zollbehörde nehmen einen jungen Ausländer fest.
    Festnahmen bei US-Razzien gegen Einwanderer (dpa-picture-alliance/Polizeifoto)
    Madai ist 34 Jahre alt. Die Mexikanerin lebt seit fast zwölf Jahren in den USA. Seit Donald Trump Präsident ist, ist es mehr denn je ein Leben in Angst. Angst, dass sie abgeschoben wird. Ihre größte Sorge: Was passiert mit ihrer 8-jährigen Tochter, die die amerikanische Staatsbürgerschaft hat?
    "Ich mache mir sehr große Sorgen um meine Tochter. Was passiert mit ihr, wenn wir abgeschoben werden? Wir haben keine Familie hier, die sich um sie kümmern könnte. Das ist meine größte Sorge."
    Hunderte Menschen demonstrieren am 16.02.2017 in Detroit, Michigan, sls Teil der Landesweiten Proteste "A Day Without Immigrants."
    Hunderte Menschen demonstrieren am 16.02.2017 in Detroit, Michigan, sls Teil der Landesweiten Proteste "A Day Without Immigrants." (dpa-Bildfunk / Detroit News / Todd Mcinturf)
    Die Frau mit dem runden, freundlichen Gesicht und den langen schwarzen Haaren weiß nicht, wie sie ihrer Tochter, die einen amerikanischen Pass hat, erklären soll, dass ihre Eltern womöglich abgeschoben werden von dem Land, das sie Zuhause nennen. Madai und ihr Mann sind zwei von rund 11 Millionen Menschen ohne Papiere in den USA. Ihr Leben hat sich mit der Amtseinführung von Donald Trump verändert. Denn er hat angekündigt, härter gegen Einwanderer ohne Aufenthaltsgenehmigung vorzugehen. Madai, ihre Freunde und Nachbarn sind noch vorsichtiger geworden:
    "Wir bereiten uns vor und wenn wir hören, dass etwas passiert, schicken wir uns SMS, ob es allen gut geht."
    Ausweiskontrollen haben zugenommen
    Manche Einwanderer ohne Papiere schlafen nachts schlecht, schauen immer wieder durch die Gardinen auf die Straße, weil sie Angst haben, dass ein Einwanderungsbeamter vor der Tür steht. Erica Hernandez arbeitet für die Nicht-Regierungsorganisation CASA. Sie engagieren sich für Menschen wie Madai. Derzeit bekommen sie haufenweise besorgte Anrufe und sie versuchen, die Menschen ganz praktisch auf das Schlimmste vorzubereiten:
    "Wir raten ihnen, darüber nachzudenken, bei wem sie ihre Kinder lassen wollen, wenn sie getrennt werden. Sie sollten das in einem Brief schreiben. Und wenn sie angehalten werden, sollten sie nicht vergessen, dass sie das Recht haben, mit einem Anwalt zu sprechen bevor sie etwas sagen."
    Die Einwanderungsbehörde legt eine härtere Gangart vor. Früher waren Schulen und Kirchen in der Regel tabu – inzwischen werden durchaus nur ein paar Meter entfernt Einwanderer angehalten und nach ihren Papieren gefragt. Es ist die Angst, wegen eines überfahrenen Stop-Schilds angehalten zu werden oder zur falschen Zeit am falschen Ort zu sein, erzählt Madai:
    "Wir alle meiden einige Orte. Dieser Präsident hat eine Angst verbreitet, die nicht nur Einwanderer ohne Dokumente trifft."
    Rassismus bricht sich deutlicher Bahn
    Die Angst sitzt den Menschen in den Knochen. Einige weinen, wenn sie davon erzählen. Sie halten den Druck kaum aus.
    "Wir sind uns unserer Situation bewusst, wenn wir ohne Papiere hier leben. Aber dieser Präsident hat einen Rassismus an die Oberfläche gebracht, den es unterschwellig schon gab. Und wir bekommen das jetzt mehr zu spüren. "
    Im Alltag versucht Madai die Angst zu verdrängen. Weiterzumachen. Leicht ist es nicht.