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US-Klimapolitik in Schwierigkeiten

Nach den Einbußen der Demokraten bei den US-Kongresswahlen ist eine Klimaschutzgesetzgebung nur im Konsens mit den Republikanern möglich, sagt Volkswirt Klaus Deutsch. Präsident Obama müsse sich mehr auf klimapolitische Themen konzentrieren, bei denen die Meinungen in den Lagern nicht zu weit auseinandergingen.

Klaus Deutsch im Gespräch mit Georg Ehring | 04.11.2010
    Georg Ehring: Die Demokraten von Präsident Barack Obama haben die Zwischenwahlen krachend verloren, große Sprünge sind jetzt nicht mehr drin, der Kompromiss mit den Republikanern ist gefragt. Die ungelösten Reformversprechen seien wohl unter diesen Voraussetzungen nicht einzuhalten, das vermuten viele Beobachter. Zu den nicht umgesetzten Plänen gehört auch eine neue Klimaschutzgesetzgebung. Bedeutet die Wahl jetzt das Aus für die Klimapolitik der USA und vielleicht auch ein Scheitern des Weltklimagipfels in Cancun Ende des Jahres? - Darüber habe ich kurz vor dieser Sendung mit Klaus Deutsch gesprochen, er beobachtet die Politik der USA bei der Deutschen Bank Research in Berlin.

    Klaus Deutsch: Die Klimapolitik in den Vereinigten Staaten war schon seit ungefähr eineinhalb Jahren in größeren Schwierigkeiten. Präsident Obama wollte ursprünglich ja ähnlich wie die Mehrheit im Repräsentantenhaus und viele im Senat ein umfassendes Klimagesetz verabschieden. Das sollte vor allen Dingen den Emissionshandel in den USA einführen, also den Handel mit Verschmutzungsrechten für Treibhausgas-Emissionen. Er ist mit diesem Vorhaben bereits an den eigenen Reihen im Senat, insbesondere an Senatoren aus dem Mittleren Westen, in Staaten, in denen Kohle gefördert wird und Verschmutzungsrechte ein Politikum geworden sind, gescheitert. Die Aussichten für die Zukunft sind nun sicherlich so, dass ein solches umfassendes Gesetz nicht möglich ist, aber viele andere Möglichkeiten existieren, Fortschritte in der Energie- und Umweltpolitik zu erzielen.

    Ehring: Es gibt jetzt neue Mehrheiten in den USA. Welche neuen Möglichkeiten sehen Sie denn?

    Deutsch: Das Repräsentantenhaus hat nun die Möglichkeit, neue Gesetzesvorlagen ab dem nächsten Jahr auszuarbeiten, befindet sich unter der Führung der Republikaner nun, wird aber dann, wenn es sozusagen einen Konsens suchen muss, mit einem von den Demokraten nach wie vor kontrollierten Senat sicherlich Themen auswählen müssen, bei denen beide Seiten der Ansicht sind, dass sie damit gut leben können. Das könnte sich zum Beispiel auf Fragen der Forschungsförderung erstrecken, auf die Förderung der erneuerbaren Energien, möglicherweise auf Maßnahmen, die die Abhängigkeit der Vereinigten Staaten von Öleinfuhren reduzieren, auf Maßnahmen zur Umstellung der Kohleverstromung mit Technologien der Kohlenstoff-Speicherung und -Abscheidung. Es gibt eine ganze Reihe von Themen, wo die Meinungen nicht so weit auseinandergehen wie bei der Frage, soll man ein Emissionshandelssystem wie in Europa einführen.

    Ehring: Die Welt schaut ja immer auf harte Klimaschutz-Ziele, also Zahlen zur Reduktion des CO2-Ausstoßes. Würden solche Reduktionen als Nebeneffekt kommen, oder muss man die abschreiben?

    Deutsch: Die Vereinigten Staaten haben sich ja auf eine Reduzierung bis zum Jahre 2020 ihrer gesamten Treibhausgase um 17 Prozent bereits internationalen Verhandlungen festgelegt, und die amerikanische Umweltbehörde hat sogar die rechtlichen Möglichkeiten, durch ordnungsrechtliche Vorgaben für die großen Emittenten, dies umzusetzen. Der Kongress hatte das immer befürchtet, dass das auf dem administrativen Wege erfolgen würde und nicht in Form einer Gesetzgebung, aber Präsident Obama und die Umweltschutzbehörde sitzen am längeren Hebel und könnten dies auch durch die Regulierung von Emittenten direkt anstreben. Zusätzlich wird es sicherlich so kommen, dass man viele Maßnahmen ergreifen wird, denken Sie an die Gebäudedämmung, an die Reduzierung des Stromverbrauchs, Energieeffizienz-Themen, die Förderung der erneuerbaren, die zu diesem Ziel auch beitragen können, zumal es nicht zu anspruchsvoll ist. Das heißt, es befindet sich durchaus im Rahmen der Möglichkeiten, so etwas auf den Weg zu bringen, aber es wird nicht in dem wirtschaftlich besten System eines Emissionshandels erfolgen, sondern auf vielen anderen Wegen, die schwieriger und manchmal auch teuerer sind.

    Ehring: Was hat das nun zu bedeuten für den Klimagipfel in Cancun? Wie werden die USA da auftreten?

    Deutsch: Präsident Obama wird sicherlich keine Abstriche an seinen bisherigen Zielvorgaben für die mittlere Frist bis 2020 machen müssen, sondern wird darauf hinweisen, dass nun mit beiden Kammern des Kongresses in den nächsten zwei Jahren konkrete Maßnahmen verabschiedet werden sollen, die helfen, dieses Ziel zu erreichen. Die Frage, ob sozusagen die Umweltschutzbehörde dies alleine machen kann, wird sicherlich nicht im Vordergrund stehen, auch der Kongress hat nach wie vor die Sorge, dass durch die ordnungsrechtliche Regulierung alleine die Maßnahmen zu hart werden könnten, und insofern spricht viel dafür, dass der Anreiz nach wie vor besteht, auch Maßnahmen zu finden, Politik zu entwickeln, die das kostengünstiger ermöglicht.

    Ehring: Auch nach den Zwischenwahlen werden die USA Klimapolitik machen. Das war Klaus Deutsch von der Forschungsabteilung der Deutschen Bank.