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US-Musiker The White Buffalo
Weißer Büffel auf dem Anrufbeantworter

Anfangs sang Jake Smith mit mächtiger Bariton-Stimme auf Klub-Anrufbeantworter, um Auftritte zu ergattern. 2013 lief seine Musik dann in der Biker-TV-Serie "Sons Of Anarchy". Die Reihe ist eingestellt, die Karriere von The White Buffalo, so der Künstlername des Musikers aus dem Surfer-Eldorado Huntington Beach in den USA, dauert an.

Von Jörg Feyer | 30.10.2016
    The White Buffalo sitzt mit gefalteten Händen an einem Tisch.
    Freunde haben per Zufall seinen Künstlernamen festgelegt: Jake Smith ist "The White Buffalo". (Marc Lemoine)
    Er heißt Jacob, oder auch: Jake Smith. Doch sie nannten ihn:
    "The White Buffalo".
    Er ist das etwas andere Ein-Hit-Wunder. Mit einer Sieben-Minuten-Single schafft es schließlich nicht jeder in die Charts.
    Musik: The White Buffalo & The Forest Rangers, "Come Join The Murder"
    "It was crazy to see that it was No. 4 on the ITunes-Charts, between Justin Bieber and Rihanna."
    Den ungewohnten Platz zwischen aktuellen Pop-Stars verdankte Smith der US-Serie "Sons Of Anarchy", für die 2014 mit "Come Join The Murder" der Vorhang fiel.
    Eine Karriere hatte der Musiker aus Südkalifornien auch schon vorher. Bis die richtig in die Gänge kam, dauerte es aber, nach einem Geschichtsstudium und einer Fast-Karriere als Baseball-Profi. Frühe Songs sang Smith auch schon mal auf die Mailbox, um Club-Besitzer zu überzeugen.
    Musik: The White Buffalo, "Sweet Hereafter"
    "Meine erste Gitarre bekam ich mit 19. Fing dann aber auch gleich an, Songs zu schreiben, nachdem ich ein paar Akkorde gelernt hatte. Aber klar, das war ein später Start. Musik gehört hab ich natürlich schon viel länger. In meiner Familie vor allem Country, später begeisterte mich die Punk-Szene in Süd-Kalifornien. Mit der Gitarre begann ich dann auch, mich für Singer/Songwriter zu interessieren, die mich emotional ansprachen. Die ich respektierte und für cool hielt. Denen versuchte ich nachzueifern. Townes Van Zandt, Elliott Smith, Steve Earle, Leonard Cohen, Tom Waits."
    Emanzipation von Huntington Beach
    Seine Gitarre hatte Jake Smith jedenfalls im Gepäck, als er vom Süden in den Norden Kaliforniens zog: nach Moraga, eine Kleinstadt östlich von San Francisco. Dort hat das St. Marys College sowohl Pulitzer-Preisträger wie den Dichter Robert Hass als auch Baseball-Legenden wie den Defensivkünstler Harry Hooper hervorgebracht.
    "Ich studierte Geschichte und spielte Baseball. Deshalb hatte ich auch ein Stipendium bekommen. Nebenher spielte ich solo in den Kneipen. Das war eine gute Erfahrung, auch weil ich zum ersten Mal weg von Süd-Kalifornien war. Ich wuchs ja in Huntington Beach in Orange County auf. Ein komplett anderes Leben. Man könnte es fast künstlich nennen, wie erfunden. Jeder ist dort sehr bedacht auf das Auto, das er fährt. Aufs College zu gehen, hat meine Augen geöffnet. Was das Leben angeht. Und wie ich es angehen kann. Baseball spielte ich damals in der ersten Division, das ist die höchste College-Liga. Ich hätte die Chance gehabt, nach dem College in der Minor League zu spielen, also quasi zweite Profi-Liga. Aber ich entschied mich dagegen und dafür, mit der Musik weiterzumachen. Auch wenn ich’s langsam anging."
    Um nicht zu sagen: Sehr langsam. Auf die Frage, wann er denn begann, sich ernsthaft als Musiker zu sehen, muss Smith erstmal tief durchatmen. Um dann weit auszuholen.
    Ausgerechnet: Ein Surf-Film
    "Na ja, ich machte halt so rum. Nach dem College ging ich nach San Francisco, wo ich kaum auftrat. Ich hatte schon etliche Songs beisammen, aber noch keinen davon richtig aufgenommen. Zwei-, dreimal spielte ich in irgendeinem Coffeeshop - im Jahr. Weil ich noch keine CD oder eine Pressemappe hatte, rief ich einfach an, wenn ich mal spielen wollte. Und wenn keiner da war, sang ich 30 Sekunden eines Songs auf den Anrufbeantworter. Meistens riefen die Leute auch zurück und ich konnte dort spielen. Schließlich landete einer meiner Songs in diesem Surf-Film, nachdem ich begonnen hatte, kleine Demos zu verschicken, die ich mit dem Kassettenrecorder meines Bruders aufgenommen hatte. Mal verschickte ich zehn Songs zum Geburtstag, mal als Gruß zu Weihnachten. Und irgendwie begannen diese Tapes dann bei den Surfern unten in Südkalifornien zu zirkulieren. Bis mich jemand anrief und fragte, ob er nicht einen Song davon in seinem Surf-Film einsetzen könnte."
    Musik: The White Buffalo,"Wrong"
    "Ich spielte dann auch auf der Premiere des Films. Und war schockiert, weil viele Leute dort nicht nur "Wrong" kannten, sondern auch noch andere Songs von mir. Offenbar waren meine Kassetten ein bisschen rumgegangen oder einfach weiter kopiert worden. Das sah nach einer kleinen Fan-Gemeinde aus da unten. Also schmiss ich meinen Job, packte meine Sachen und zog zurück nach Südkalifornien. Aber selbst dann dauerte es noch ein bisschen, bis ich mich wirklich als Musiker betrachtete. Ich schlief noch Jahre auf den Sofas von irgendwelchen Leuten und trank zu viel. So richtig los ging’s erst, als ich Platten machen konnte und anfing, genug mit der Musik zu verdienen, um meine Familie durchzubringen. Und das ist jetzt seit etwa 10 Jahren möglich."
    Jake Smith zog also los, um sich von Zuhause zu emanzipieren – dann startet die Karriere doch wieder in der alten Heimat.
    "Ich war schon schockiert, als Chris Malloy, der Regisseur, anrief. Schließlich bin ich auch mit dem Surfen groß geworden. Aber da ging’s eher noch um Punk- Musik, nicht um eine künstlerische Ebene. Klar war ich überrascht: Warum willst du ausgerechnet meinen Song? Wie bist du überhaupt auf mich gekommen? Es war cool und komisch zugleich. Und dann bin ich von den Surfern zu den Bikern weitergezogen, mit "Sons Of Anarchy"."
    Der Serien-Coup
    Die Rocker-Saga "Sons Of Anarchy" um einen fiktiven Motorrad-Club war in den USA sehr erfolgreich: Der Mix aus Action, Soap und Anspruch im White Trash-Milieu lief zwischen Ost- und Westküste in sieben Staffeln. Die Musik dazu kaum auch von The White Buffalo, zum Beispiel in Staffel 3. Dabei zeigt ein Song wie "Damned" die Kunst des Jacob Smith, aus ein paar gängigen Gitarrenakkorden eine suggestive Moll-Stimmung zu entwickeln, der man sich nur schwer entziehen kann. Mit Piano-Begleitung, subtil platzierten Streichern - und diesem mächtigen Bariton.
    Musik: The White Buffalo, "Damned"
    Jake Smith hat es seinem Rechtsanwalt zu verdanken, dass er zur akustischen Marke der Serie wurde: mit eigenen Songs wie "Damned", aber auch als Interpret von Klassikern wie Queen’s "Bohemian Rhapsody".
    "Ich war zu der Zeit ohne Label und ohne Management. Aber ich hatte einen Rechtsanwalt für alles, was sich um meine Musik dreht. Und der hatte den Musikchef von "Sons Of Anarchy" irgendwo mal kennengelernt. Er rief ihn an, lud ihn zum Lunch ein und sagte: Hey, hier ist dieser Typ, den ich vertrete, hör ihn dir mal an! Der könnte gut in eure Serie passen. Mein Anwalt mochte "Sons Of Anarchy" sehr und meine Songs auch. Ich denke, er sah die Parallelen in den Konflikten, die sich hier wie da abspielen."
    Es sind Konflikte zwischen gut und böse. Verbunden mit der Idee, dass ein harter, grausamer Mann Gefühle entwickeln kann, die man ihm nicht unbedingt zutrauen würde. So, sagt Jake Smith, sei der Einsatz seiner Songs in der Serie eine gute Sache gewesen. Zumal die Musik in "Sons Of Anarchy" eine vergleichsweise exponierte Rolle spielt.
    "Fast jede Episode endet mit dieser großen Montage, über die Musik gelegt wird. 3 bis 5 Minuten lang ein einziger Song, kaum Dialog, die Musik in voller Lautstärke. So wird die Musik wirklich Teil der Geschichte. Sie nutzen den Text, statt ihn als Backgroundmusik zu begraben, so wie es sonst üblich ist. Da wird Musik nur auf eine Stimmung reduziert, bei "Sons Of Anarchy" bringt sie die Geschichte voran."
    Und schließlich, mit gewaltigem Schlussakkord, vor zwei Jahren auch zum Ende: "Come Join The Murder".
    Musik: The White Buffalo & The Forest Rangers, "Come Join The Murder"
    "Einfach verrückt, was da passierte! Die ganze Geschichte mit "Sons Of Anarchy" war großartig. Aber dieser Song ganz besonders. Es war wirklich verrückt zu sehen, dass "Come Join The Murder" auf Nr. 4 der iTunes-Charts geklettert war. Wie hätte ich denken können, dass mein Name mal zwischen Justin Bieber und Rihanna auftaucht!?"
    Musik: The White Buffalo & The Forest Rangers, "Come Join The Murder”
    Fremdeln mit dem Hit
    Smith hat "Come Join The Murder" gemeinsam mit dem Erfinder und dem Musikchef von "Sons of Anarchy" geschrieben. Weshalb es für ihn immer noch merkwürdig sei, diesen Song wirklich für sich zu beanspruchen.
    "Wir haben den Song auch lange nicht live gespielt. Bei einer Warm-Up-Show für diese Tour in Sacramento haben wir "Come Join The Murder" zum ersten Mal ausprobiert. Und dann dachte ich: Mann, vielleicht sollten wir die Nummer doch richtig lernen, die Leute drüben in Europa erwarten bestimmt, dass wir das spielen. In den USA ist meine Fan-Basis ja lange und langsam gewachsen. Hier haben mich die meisten Leute doch erst über "Sons Of Anarchy" kennengelernt. Und besonders mit diesem Song."
    Angst, auf ein One-Hit-Wonder reduziert zu werden, hat Jake Smith aber nicht.
    "Glücklicherweise gab es vor "Come Join The Murder" schon sieben oder acht andere Songs in der Serie, die ich vorher für meine Platten aufgenommen hatte. Nichts, was ich extra für die Serie geschrieben hätte. Und dann gab’s noch die Coverversionen, die ich gesungen habe, weil sie mich darum gebeten hatten. Aber es waren doch ein paar mehr von meinen eigenen Songs in der Serie, so dass die Leute langsam erkennen konnten: Ach, sieh an, das ist ja immer derselbe Typ!
    So, vermutet Jake Smith, seien die Fans von "Sons Of Anarchy" angeregt worden, sich auch mal andere Platten von The White Buffalo anzuhören. Gern erinnert er sich in diesem Zusammenhang an einige Solo-Konzerte in Kanada.
    "Da kamen immerhin so zwischen 500 und 1000 Leute, und ich dachte: Hm, woher kennen die mich alle? Ich war ja vorher noch nie in Calgary oder Montreal. Ich bekam ein bisschen Angst, dass sie vielleicht nur wegen der Serie da waren, nur die Songs daraus hören wollten. Dann war ich doch angenehm überrascht, dass sie fast alles kannten. Ganz alte Stücke, die ich vor über 10 Jahren rausgebracht hatte. Und neuere Songs. Und eben auch die Songs aus der Serie. Das ist natürlich cool, denn es heißt, dass die Leute da definitiv ein bisschen tiefer eingestiegen sind."
    Um beispielsweise zu entdecken, dass The White Buffalo auch mal pfeifend zu einem Blutbad unterwegs ist: "Carnage"
    Musik: The White Buffalo, "Carnage"
    Diamanten im Müll
    "Songs zu schreiben heißt für mich, dass ich zu Anfang oft noch nicht weiß, worüber ich singen werde. Ich lasse einfach Worte raus. Und dann versuche ich herauszufinden, ob die irgendwie cool sind für mich oder nicht. Die Dinge kommen immer noch oft aus dem Nichts. Letztlich geht es darum, die paar Diamanten in dem ganzen Durcheinander und Müll zu sehen. Sie herauszupicken und herauszufinden, wohin sie mich in dem Song führen könnten. Es beginnt für mich fast nie mit einem Thema oder einer Idee. Worte purzeln einfach heraus und dann versuche ich, einen Song damit zu bauen."
    Kaum vorstellbar, dass "Shadows, Greys & Evily Ways" derselben Prämisse gefolgt ist. Auf diesem Album von 2013 sind stilistisch vielseitige Songs zu entdecken, zwischen robustem Roots-Rock und karger Americana-Skizze. Dazu erzählt Smith in 14 Kapiteln die Geschichte von Joe und Jolene, ein Paar, auf Gedeih und Verderb miteinander verbandelt. Er glaubt, in den Krieg ziehen zu müssen, um die Familie durchzubringen. Sie muss irgendwie mit dem Mental-Wrack klarkommen, das da aus dem Irak zurückkehrt. Wenig verwunderlich also, dass am Anfang dieser Liebe kein Überschwang steht, sondern eine skeptische Frage: "Shall We Go On"
    Musik: The White Buffalo,”Shall We Go On"
    "Für "Shadows, Greys & Evil Ways" habe ich wirklich versucht, eine lineare Geschichte nach einem Konzept zu schreiben. Songs sind für mich wie Filme, kleine Schnappschüsse aus dem Leben. Und es reizte mich einfach, auch mal einen längeren Film zu machen. Um das Leben dieses Mannes zu verfolgen, durch alle Höhen und Tiefen, durch seinen Kampf mit Gut und Böse. Am Ende ist es doch wieder nur die Liebe, die ihn menschlich macht. Und die Kraft seiner Frau."
    Befreiende Grenzen
    Einerseits, so Smith, musste er sich beim Schreiben von "Shadows, Greys & Evil Ways" in den Grenzen dieser Geschichte von Joe und Jolene bewegen. Was andererseits auch befreiend gewesen sei, weil er von Anfang an gewusst habe, wie sie enden soll. Und dann sei es einfach aufregend gewesen, dieser Geschichte verschiedene Wendungen zu geben, um Versuchung und Vergebung zu thematisieren.
    "Doch erst hatte ich nur ein paar Songs dafür beisammen, unabhängig voneinander geschrieben, noch nicht konzeptuell gedacht. Bis mir auffiel, dass ich diese Songs so verändern und zueinander bringen kann, dass ich nur noch die Leerstellen dazwischen füllen muss. Es gab also schon 6,7 Songs, die ich dann zu dieser Geschichte zusammenfassen und erweitern konnte. Aber kein großartiges Konzept, dem ich von Anfang an gefolgt bin."
    Musik: The White Buffalo, "Fire Don’t Know"
    Moral ohne Agenda
    In "Fire Don’t Know" singt Jake Smith: "Das Feuer weiß nicht, dass es deine Hand nicht verbrennen soll. Der Winter weiß nicht, dass du die Kälte nicht magst. Das Geld weiß nicht, dass ich ein paar Mäuler zu stopfen habe." Mit wenigen Worten und eindringlichen Bildern bringt The White Buffalo in dieser getragenen Akustik-Miniatur die ganze Not des Protagonisten von "Shadows, Greys & Evil Ways" auf den Punkt. Ohnehin gelingt es Smith, seine Geschichte von Joe und Jolene zu erzählen, ohne platt zu moralisieren. Was bei einem auch politisch besetzten Thema wie dem Irak-Krieg gar nicht so einfach sein kann.
    "Ich denke schon, dass da auch eine Moral in der Geschichte mitschwingt. Aber ich habe keine große politische Agenda, egal, was ich tue. Ich versuche zumindest, es für die Hörer so offen wie möglich zu lassen, damit sie selbst ihr Urteil fällen können. Es ist dann ihre Interpretation."
    Es gehe einfach um die Geschichte dieses besonderen Paares. Und die eines Mannes, der so tun soll, als hätte es den Horror da draußen nie gegeben.
    "Er zieht für sein Land in einen Krieg, der vermutlich extrem furchteinflößend für ihn war, der einfach sein Leben veränderte. Dann kommt er zurück in die Staaten und bekommt dort kaum Hilfe. Es wird nur erwartet, dass er sich wieder in die Gesellschaft eingliedert, als wäre nichts gewesen. Als hätte es die Erfahrung, zu töten, gar nicht gegeben. Du sollst quasi kein Mensch mehr sein, wenn du in den Krieg ziehst – und als positives, menschliches Wesen wiederkommen. Das war einfach eine reizvolle Geschichte für mich. Aber ich habe keine große Agenda dabei. Dass Frieden und nicht Krieg meine Wahl ist, liegt ja auf der Hand. Und man sollte denken, dass das einfach gesunder Menschenverstand ist, aber…"
    Mehr Licht im Dunkel
    Das Feeling eines Songs, sagt Jake Smith, könne manchmal ganz anders sein als die Botschaft, die in ihm steckt. Und manchmal führt schon der Titel in die Irre. Wenn der Song "Dark Days" heißt und ein doch eher optimistisches Album wie sein letztes eröffnet. "Love And The Death Of Damnation", so der Titel, flirtet auch mit Gospel-Inbrunst, Soul-Bezügen und Mariachi-Sounds. Doch typischer für The White Buffalo bleibt allemal ein kerniger Country-Rocker wie eben "Dark Days".
    Musik: The White Buffalo,”Dark Days"
    "Dark Days" war schon für das Konzeptalbum gedacht, nachdem mein Label meinte, ein Uptempo-Song wäre doch nicht schlecht. Das Stück ist also schon älter, und man kann sich auch gut vorstellen, wie der Song in die Geschichte von Joe und Jolene passt. Deshalb habe ich "Dark Days" auch an die erste Stelle dieses Albums gesetzt. Weil es die Verbindung zum letzten ist. Die Idee, dass sich der Typ jetzt besser fühlt, dass die dunklen Tage hinter ihm liegen. Er blickt optimistisch in die Zukunft. Aber ich bekam den Song nicht rechtzeitig fertig fürs letzte Album und hab ihn dann auch ein bisschen verändert. Damit er nicht länger an diesen Charakter gebunden ist, sondern von jedermann handeln kann. Und deshalb ist es der erste Song auf dem Album."
    Es sei, so Jake Smith, schon eine bewusste Entscheidung gewesen, "Love And The Death Of Damnation" etwas freundlicher zu gestalten. Ja, manchmal scheint ihm bei der Arbeit daran sogar ein kleiner Schalk im Nacken gesessen zu haben. Nachdem bisher viele seiner Songs an dunklen, traurigen Orten zuhause sind.
    "Songs können ja überall hingehen, so wie eine Geschichte auch, besonders wenn du diese Erzählform wählst, die viele meiner Songs haben. Es gab diesen Moment in einem der Songs, wo ich es wieder umdrehen wollte, wo die Dinge wieder schwer werden in einer Beziehung, wo sich die Leute streiten. Und ich sagte mir: Warum muss ich das eigentlich tun? So ist es ja nicht immer. Ich wollte also die lichte Seite auf diesem Album etwas mehr betonen, besonders nachdem das letzte doch wirklich heavy war. Ein Konzeptalbum, superschweres Thema. Ich wollte ein bisschen Licht ins Dunkel bringen. Ok, es sterben immer noch Leute auf dieser Platte. Aber meistens geht es doch um positive Dinge, darum, sie ein bisschen zu feiern. Liebe und Leben halt."
    Ja, Menschen sterben immer noch. Und Kinder werden vernachlässigt. So vernachlässigt, dass sie auch später nicht mehr aus ihrer Haut zu können glauben. The White Buffalo findet eine schöne Spieluhrenstimmung dafür, samt passender Metapher: "Radio With No Sound".
    Musik: The White Buffalo,”Radio With No Sound”
    "Mir schwebte ein Kind vor, das sich vernachlässigt fühlt. Und allein. Und wie sich dieses Gefühl dann durch sein ganzes Leben ziehen wird. Auch als Erwachsener bleibt es diese stille Person, die sich nirgendwo dazugehörig fühlt, wenn auch ohne ein Gefühl der Scham. Ja, nicht gerade eine ermunternde Geschichte. Aber es bleibt halt oft viel von diesem Zeug hängen aus deiner Kindheit."
    Ein Name für mehr T-Shirts
    Hängen bleibt auch, wie Jacob Smith zu seinem schönen Künstlernamen gekommen ist. Es gibt da diese Legende, wonach unter Freunden ein Hut rumging, in den jeder der Freunde einen Zettel mit einem Vorschlag geworfen hat. Und dann wurde halt der Zettel gezogen, auf dem "The White Buffalo" stand. Aber das stimmt natürlich nicht. Nicht ganz.
    "Es war kein Hut, sondern eine E-Mail-Kette aus Freunden. Weil einer meinte: Hey, Jake braucht endlich mal einen Bühnennamen! Und dann wurden halt ein paar Namen in die Debatte geworfen, bis The White Buffalo übrig blieb. Hm, dachte ich, das kann hinhauen. Es ist jedenfalls ein bisschen geheimnisvoller als Jake Smith. Ich wollte einen Namen, mit dem man verschiedene Dinge assoziieren kann, auch musikalisch. Nicht nur einen Singer/Songwriter. Sondern auch eine Band. Er sollte größer als eine Person sein. The White Buffalo bringt also ein bisschen Mystik rein. Und du kannst damit mehr T-Shirts verkaufen."
    Eine andere, auch ganz schöne Geschichte stimmt aber.
    "Ja, jemand rief an und gratulierte mir zum wundervollen Soundtrack zu "Into The Wild". Ich musste ihm dann leider mitteilen, dass der von Eddie Vedder ist. Ja, diese Assoziation mit Eddie kommt öfter. Die Leute tendieren halt dazu, Musik mit Stimmen zu verbinden, die sie schon kennen."
    Die Stimme von The White Buffalo kann man schon mal mit der von Eddie Vedder verwechseln. Doch mit diesen Songs bleibt sie unverwechselbar genug, um Jacob Smith auch über den einen, großen Hit und das Ende von "Sons Of Anarchy" hinwegzutragen. Und wer weiß: Vielleicht gibt’s irgendwann eine Auferstehung der Serie. Neue Songs dafür hätte The White Buffalo längst parat. Wie wär’s mit "Last Call To Heaven".
    Musik: The White Buffalo, "Last Call To Heaven"