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US-Präsidentenwahl
Stimmen in Wisconsin werden neu ausgezählt

Die unterlegene US-Präsidentschaftskandidatin der Grünen, Jill Stein, hat durchgesetzt, dass die Stimmen im Bundesstaat Wisconsin neu ausgezählt werden. Der Republikaner Donald Trump hatte dort nur knapp gewonnen. Wurden die Ergebnisse von Hackern manipuliert? Stein dringt auch in Pennsylvania und Michigan auf eine Überprüfung.

Von Marcus Pindur | 26.11.2016
    Vorzeitige Stimmabgabe in Eau Claire, Wisconsin, für die Präsidentschaftswahl 2016.
    Stimmabgabe in Eau Claire, Wisconsin, am Tag der US-Wahl. Jetzt wird noch mal ausgezählt. (AFP PHOTO / Michael Mathes)
    Der zunächst vom "New York Magazine" zitierte Experte, der angebliche Unregelmäßigkeiten bei den elektronischen Wahlmaschinen in Wisconsin festgestellt haben sollte, stellte seine Aussage wenig später klar: Er halte einen Hackerangriff und eine Wahlmanipulation elektronischer Wahlmaschinen für wenig wahrscheinlich, so Professor Alex Halderman von der University of Michigan. Shane Harris vom Online Magazin "The Daily Beast" hat sich mit der Möglichkeit von Wahlmanipulationen auseinandergesetzt.
    "Es gibt keinerlei Hinweise auf ein Hacking der Wahlcomputer. Die Daten passen zu den Gesamtwahldaten Donald Trumps. Ihm ist es gelungen, weiße Wähler der Arbeiterschicht auf seine Seite zu ziehen. Wähler, die 2008 und 2012 Obama gewählt haben, aber nun Trump. Es ist eher ein politischer Aufstand der Wähler. Nichts deutet auf eine Manipulation von außen zugunsten Trumps hin. Es gibt dafür keinerlei Belege."
    Jill Stein bei einer Wahlkampfrede im Hotel Holiday Inn Lower East Side, New York.
    Jill Stein bei einer Wahlkampfrede im Hotel Holiday Inn Lower East Side New York 19 08 2016 Foto x (imago / Future Image)
    Auffällig ist, dass diese Neuauszählung von der grünen Kandidatin Jill Stein beantragt wurde und nicht von Hillary Clinton, die davon profitieren könnte. Das deutet darauf hin, dass das Clinton-Lager die Chancen sehr gering einschätzt, zu einem radikal anderen Ergebnis zu kommen. Denn Clinton müsste alle drei fraglichen Staaten, Wisconsin, Michigan und Pennsylvania gewinnen, um auf die erforderlichen 270 Stimmen im Wahlmännergremium zu kommen. Außerdem hatte Clinton im Wahlkampf stets ihren Gegner Trump als paranoid gescholten, wenn er von manipulierten Wahlen sprach.
    Gefälschte Geschichten, die an niedere Instinkte anknüpfen
    Unterdessen macht ein Report einer Gruppe von Wissenschaftlern Furore, die sich ebenfalls mit dem Cyberspace befassen. Sie haben gefälschte Nachrichtenmeldungen und gefälschte Korrespondentenberichte auf sozialen Medien wie Facebook und Twitter untersucht. Die meisten ließen sich nach Russland zurückverfolgen. Die russische Desinformationsmaschine habe wie eine große Propagandamühle zugunsten von Donald Trump gearbeitet, erklärte einer der Autoren der Gruppe von Sicherheits- und Außenpolitikexperten in der "Washington Post".
    Verschwörungstheorien und gefälschte Geschichten, die an Vorurteile oder niedere Instinkte anknüpfen; laufen im Internet besonders gut. Viele Websites übernähmen gerne reißerische Artikel, um höhere Werbeeinnahmen zu erzielen, so die "Washington Post"-Redakteurin Caitlin Dewey.
    "Was sie wollen, sind möglichst empörende Nachrichten, die möglichst viele Leser auf ihre Website locken. Der meiste Verkehr läuft dabei über Facebook. Facebook leitet die Leserströme dann auf die anderen Webseiten."
    Facebook und Twitter als Multiplikatoren
    Offene Portale wie Facebook oder Twitter dienen also den russischen Trollen zugleich als Eintrittstor und als Multiplikator gefälschter Botschaften.
    Anti-Trump-Demonstranten, die angeblich Tausende von Dollar Honorar kassiert haben sollen. Der Coup gegen Erdogan, der angeblich auf dem Nato-Stützpunkt Incirlik geplant worden sein soll. Ein militärischer Übergriff der USA, der dann Russland in die Schuhe geschoben werden sollte, all diese gefälschten Nachrichtengeschichten haben die Experten auf russische Quellen zurückgeführt. Einige von ihnen wurden laut Expertengutachten von russischen Propagandaorganen wie "Russia Today" und "Sputnik" in Umlauf gebracht.
    Diese Arbeitsweise russischer Desinformation sei nicht neu, so der pensionierte amerikanische General Mark Hertling.
    "Russland ist bekannt für seine Propaganda-Operationen – sie nennen es Maskirovka. Das sind Täuschungsmanöver, die sie ununterbrochen durchführen. Als jemand, der einen großen Teil seiner Karriere in Europa verbracht hat, hat mich das nicht überrascht. Ich habe das erwartet."
    Robert Orttung, Russland-Experte an der George-Washington-Universität erklärte, das Putin-Regime nutze westliche Technologie – wie die sozialen Medien – und westliche Werte – wie die Meinungsfreiheit – um Zweifel an der westlichen Demokratie zu säen.