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US-Sanktionen gegen Iran
Daumenschrauben für europäische Firmen?

In Europa wird über die Folgen neuer US-Sanktionen gegen den Iran für die europäische Wirtschaft diskutiert. Luxemburgs Außenminister Jean Asselborn wirft den USA Bevormundung vor, nachdem der neue US-Botschafter in Deutschland dazu aufgerufen hat, die Iran-Geschäfte herunterzufahren.

Von Paul Vorreiter | 11.05.2018
    Ein Airbus A321 mit der Aufschrift "Iran Air" steht auf einem asphaltierten Platz.
    Die neuen Sanktionen der USA gegen den Iran betreffen auch den europäischen Konzern Airbus, der Flugzeuge an den Iran liefert und auf (picture alliance /dpa /Steffen Weyer)
    "Wollen Sie mit einer 'Bedrohung' Geschäfte machen? Dann sollen bitte alle Firmenchefs, die das wollen, jetzt aufstehen und sagen: "Wir wollen mit den Mullahs Geschäfte machen", sagte der neue US-Botschafter Richard Grenell heute in der "Bild-Zeitung".
    Hoffen auf ein Fortbestehen des Abkommens
    Als Befehl oder Anweisung will er seinen Tweet, in dem er die deutsche Wirtschaft aufgefordert hatte, ihre Iran-Geschäfte herunterzufahren, nicht verstanden wissen. Auf der europäischen Seite des Atlantiks wird dennoch viel darüber diskutiert, wie auf diese neue Linie der US-Amerikaner zu reagieren ist. Und ob das Abkommen mit dem Iran nun wirklich tot ist, wie so oft in den letzten Tagen geschrieben und gesagt wurde.
    Der luxemburgische Außenminister Jean Asselborn äußerte im ARD/ZDF-"Morgenmagazin" seine Hoffnung, dass es noch nicht so weit sei und sich die EU dem Druck der USA nicht beugen dürfe:
    "Macron hat gestern zu Recht von einer europäischen Souveränität gesprochen. Wir brauchen doch keinen Vormund, wir müssen uns doch nicht bieten lassen, dass wirtschaftlich und politisch für 500 Millionen Menschen, die wir zu verteidigen zu schützen haben, dass da der amerikanische Präsident mit dem Vorgehen, das wir kennen, uns sagt, was zu tun ist."
    Röttgen sieht keinen Sinn in einem Iran-Abkommen ohne die USA
    Der CDU-Außenexperte und Vorsitzende des Auswärtigen Ausschusses des Bundestages, Norbert Röttgen, hatte dagegen gegenüber dem Magazin "Focus" argumentiert, dass ein Abkommen ohne die US-Amerikaner keinen Sinn ergebe. Wenn der Iran bei diesem bleibe, werde er wirtschaftliche Gegenleistungen von den Europäern verlangen, die diese nicht leisten könnten. Markus Kaim, Politikwissenschaftler von der Stiftung Wissenschaft und Politik, schätzt ein, dass die US-Amerikaner einen Versuch einer europäisch-iranischen Rettung des Atomabkommens auch verhindern wollen würden:
    "Das torpedieren die USA, indem sie die sie sogenannten Sekundärsanktionen ab Juni wieder in Aussicht gestellt haben, das heißt, Firmen, deutsche und europäische Firmen, die Geschäfte mit dem Iran tätigen, laufen Gefahr, von US-amerikanischen Sanktionen getroffen zu werden. Das heißt, selbst wenn die Bundesregierung mit dem Iran weiter Geschäfte machen möchte, oder möchte, dass deutsche Unternehmen das tun, dann sind den deutschen Firmen die Daumenschrauben angelegt."
    Der Fraktionsvorsitzende der Linkspartei, Dietmar Bartsch, sieht dagegen schon Möglichkeiten für deutsche Unternehmen. Er ermunterte sie heute Morgen im Deutschlandfunk, sich nicht von den drohenden Sanktionen einschüchtern zu lassen und regte Folgendes an:
    "Deshalb sollte man hier gemeinsam mit den Partnern, Frankreich Großbritannien vielleicht sogar versuchen, einen Fonds aufzulegen, dass Unternehmen darunter in Anführungsstrichen nicht zu leiden haben."
    Ein Dialog mit Russland könnte hilfreich sein
    Auch ein Dialog mit Russland könnte hilfreich sein, findet der Linkspartei-Politiker. Bundesaußenminister Heiko Maas hatte bei seinem Besuch in Moskau angekündigt, er wolle die Außenminister Russlands, Frankreichs und der Ukraine nach Berlin einladen:
    "Gerade für diese Konflikte - und nicht nur den Iran, auch was die Ukraine betrifft, ist es vernünftig, dieses Format mit Frankreich, der Ukraine und Russland fortzusetzen, und ich begrüße diese Initiative, würde ausdrücklich auch dazu raten, eine ähnliche Initiative bezüglich des Iran zu starten."
    Ein gemeinsames Vorgehen der EU mit Russland und China, um das Iran-Abkommen am Leben zu halten? Bundeswirtschaftsminister, Peter Altmaier, äußerte sich am Morgen im Deutschlandfunk skeptisch dazu. Er riet davon ab, sich gemeinsam mit Russland und China gegen den NATO-Partner USA zu verbünden. Dennoch würden auch mit Russland und China Gespräche geführt:
    "Es ist zunächst einmal so, dass dieses Abkommen, das von den USA gekündigt wurde, von den Europäern, Deutschland, Frankreich und Großbritannien von Russland und China weiterhin Bestand hat. Ich glaube es gibt auch ein Interesse des Iran, die Einbindung mit möglichst vielen Ländern aufrecht zu erhalten."
    Begrenzte Möglichkeiten der Politik
    Mit Blick auf die Lage der deutschen Unternehmen, die mit dem Iran Geschäfte machen, erklärte er, dass die Möglichkeiten der Politik begrenzt seien. Die Bundesregierung habe keine juristischen Möglichkeiten, deutsche Unternehmen gegen Entscheidungen der US-Regierung zu schützen, vor allem dann nicht, wenn es um Zusammenarbeit mit amerikanischen Firmen in den USA geht; in dieser Frage müssten die betroffenen deutschen Unternehmen selbst abwägen:
    "Was wir tun, ist allerdings, diesen Unternehmen, die im Iran Geschäfte getätigt haben und im Iran tätigen wollen, mit Rat und Rat zur Seite zu stehen, sie auch zu beraten juristisch, so gut wir das können. Die letztendliche Entscheidung müssen die Unternehmen selbst treffen."