Donnerstag, 18. April 2024

Archiv

US-Serie "Breaking Bad"
Die Chemie stimmte

Die US-amerikanische Serie "Breaking Bad" war in vielerlei Hinsicht ein Meilenstein. Die US-Chemikerin Donna Nelson beriet die Autoren der Serie in naturwissenschaftlichen Fragen. Auf einer Vortragstour durch deutsche Hörsäle berichtet sie über diese Zusammenarbeit und inwieweit die Serie auch aus naturwissenschaftlicher Sicht wegweisend war.

Von Hendrik Efert | 20.05.2014
    Der Schauspieler Bryan Cranston in seiner Rolle als Walter White in der Serie "Breaking Bad", Mann mit Hut, Brille und Vollbart, schaut in die Kamera, Portrait
    Vom Chemielehrer zum Drogendealer: Bryan Cranston als Walter White in der Serie "Breaking Bad" (dpa/picture alliance/Frank Ockenfels/Amc)
    Der Andrang im chemischen Institut der Uni Potsdam ist groß. Knapp 500 Interessierte drängeln sich in gleich zwei Hörsäle, um einem Vortrag von Professorin Donna Nelson zu hören. Die Chemikerin forscht und lehrt an der University of Oklahoma. Und sie hat die Serie "Breaking Bad" in chemischen Fragen beraten.
    Breaking Bad wirkt in vielen Bereichen nach - auch in der Inszenierung von Naturwissenschaft. Der Chemielehrer Walter White beginnt nach einer Krebsdiagnose, Chrystal Meth herzustellen. Die Ehre der Chemie wird dabei von ihm stets hochgehalten.
    "Elektronen verändern ihre Energiezustände, Moleküle verändern ihre Bindungen. Das ist das Prinzip des Lebens, nicht wahr? Es ist faszinierend, wirklich!"
    Donna Nelson geht noch einen Schritt weiter:
    "Naturwissenschaft spielt eine eigene Rolle in Breaking Bad, so spektakulär inszeniert stach sie sehr hervor."
    In ihrem eher amüsanten als streng wissenschaftlichen Vortrag zeichnet sie nach, wie sie Beraterin der Produktion wurde: Sie meldete sich ganz einfach auf einen Aufruf des Serienerfinders und Chefautors Vince Gilligan in einem chemischen Fachblatt. Die Serie lief da bereits in der ersten Staffel, Nelson hatte noch keine Folge gesehen. Doch die Idee, die Darstellung von Naturwissenschaft im Fernsehen lenken zu können, reizte sie. Welchen Einfluss die Serie später einmal haben wird, war da noch gar nicht abzusehen.
    "Alles, was Walter White tut, ist wissenschaftlich korrekt"
    In ihrem Vortrag beschreibt Donna Nelson auch die Rolle der Chemie in Breaking Bad: Zum Beispiel anhand der Szene, in dem die Protagonisten Walter und Jesse mittels Thermit das Schloss zu einer Chemielagerhalle aufbrechen. Die chemische Reaktion, also das Sprengen der Verriegelung tritt in den Vordergrund, der Hintergrund abgedunkelt, die Schauspieler durch schwarze Kleidung und Sturmmasken kaum noch wahrzunehmen.
    An solchen Szenen war Donna Nelson maßgeblich beteiligt. Meistens schickten die Autoren ihr Szenenentwürfe mit chemischer Bedeutung per E-Mail. Oft ging eine Szene zwischen den an Dramaturgie interessierten Autoren und der Chemie-Expertin so lange hin und her, bis beide Seiten zufrieden waren. Bei dieser Arbeit muss man flexibel sein, betont Nelson.
    "Ich habe mich am Anfang der Serie gewundert, wie viel Chemie da doch tatsächlich drin ist. Ich hab es zuerst gar nicht geglaubt."
    Anika Krause ist Sprecherin des Jungchemikerforums Potsdam, einer studentischen Untergruppe der Gesellschaft Deutscher Chemiker. Sie hat gemeinsam mit anderen Studierenden den Besuch von Donna Nelson organisiert.
    "Generell kann man schon sagen, dass alles, was Walter White tut und sagt, schon wissenschaftlich korrekt ist. Was ziemlich beeindruckend ist. Allerdings kann man auch sagen, dass die Synthesen, die er durchführt, jetzt nicht so super schwierig sind, als dass sie nur von Spitzenklasse-Chemikern durchgeführt werden könnten."
    Also Drogenkochen für jedermann? Die zunehmende Verbreitung von Chrystal Meth auch in Deutschland legt das nahe. Breaking Bad zeigt keine komplizierte Chemie, jedoch einen Chemiker, der stets die Ehre der Wissenschaft verteidigt, sauber arbeitet und einen hohen Anspruch an die Qualität des Produktes stellt. Der schlaue Kniff: Nur die Produktion der Droge wird glorifiziert, nicht aber der Konsum.
    Dieser Anspruch lässt sich auch auf die Serie an sich übertragen: Die Darstellung von Naturwissenschaften ist realitätsnah und genügt einem Anspruch, den Film- und Fernsehproduktionen so gewöhnlich nicht verfolgen. Ein erzählerisches Plus – es klärt auf und steigert beim Publikum nachweislich das Interesse an der Materie.
    "Filmschaffende haben zu wenig naturwissenschaftliches Verständnis. Das wiederum verunsichert sie, sodass sie zwar irgendwas reinpacken, aber oft eben falsch, unglaubwürdig. Das frustriert die Zuschauer, die nämlich immer öfter wissenschaftlich Bescheid wissen."
    Nelson berät weitere Produktionen
    Doch Dank der Offenheit des Autorenteams um Vince Gilligan, der immer auch schon an Naturwissenschaft interessiert war und der - übrigens kostenlosen - Beratertätigkeit von Donna Nelson, gilt Breaking Bad eben auch in diesem Metier als Meilenstein. Mal sehen ob der Mehrwert an der dramaturgischen Verarbeitung von korrekter Naturwissenschaft bei weiteren Film- und Fernsehproduktionen ankommt.
    "Du hast bloß eines missverstanden: Das - ist kein Meth!"
    Donna Nelson arbeitet nach Breaking Bad weiterhin als Professorin für Chemie, berät aber immer öfter mal Fernsehproduktionen, jedoch bis her in keiner vergleichbaren Intensität. Ihre Vortragstour steht losgelöst von der Breaking-Bad-Produktion und stellt keine PR für die Serie dar. Eher für die Chemie als solche und die beruflichen Möglichkeiten in der Branche - die natürlich ausschließlich in der Beratung und nicht im Drogenkochen liegen sollen.
    "Ohne uns... haben Sie niemanden, der ihre Ware herstellt! Bitte sagen Sie mir: Katalytische Hydrierung, ist das protisch oder aprotisch? Ich hab das nämlich vergessen. Helfen Sie mir, Professor!"