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US-Serie "Mr. Robot"
Hacker zwischen Wahn und Wirklichkeit

Elliot ist ein Hacker-Genie mit Handicap - die Hauptfigur in der US-Serie "Mr. Robot". Sie wurde bereits mit einem Golden Globe ausgezeichnet. Nun ist die erste Staffel in Deutschland verfügbar.

Von Hartwig Tegeler | 27.01.2016
    Hände auf einer Computertastatur.
    In seinem Privatleben ist Elliot gequält von Angst und Einsamkeit. (picture alliance / dpa / Tim Brakemeier)
    Also, was wir brauchen für einen Hacker-Thriller, das sind eine gute Portion Verfolgungswahn:
    "Es ist Orwells Welt dort draußen!"
    Das sind Paranoia und eine immer wieder verschwimmende Grenze zwischen Realität und Fiktion ...
    "Was ich dir jetzt sage, ist Top Secret."
    ... zwischen Wirklichkeit und Wahn.
    "Eine Verschwörung, die größer ist als wir alle. Da gibt es eine mächtige Gruppe von Leuten da draußen, die im Geheimen die Welt regieren."
    Hacken: unberechtigt in andere Systeme eindringen. Wahn, Wirklichkeit, Legalität, Illegalität. Das alles lotet die Serie "Mr. Robot" geschickt aus. Man höre nur den Ton, wie Hacker Elliot uns in seine Welt einführt:
    "Und jetzt glaube ich, dass sie mich verfolgen."
    Elliot, der für ein Sicherheitsunternehmen Schwachstellen in den IT-Systemen großer Konzerne sucht. Hacker-Genie. Aber, er hat ein Handicap:
    "Ich kann einfach nicht mit Menschen sprechen!"
    Angst und Einsamkeit
    In seinem Privatleben ist Elliot gequält von Angst und Einsamkeit. Dieser Hauptfigur in der Serie "Mr. Robot" ist nicht ganz klar, wer er eigentlich ist. Doch mit solcher Disposition ist er seinen filmischen Hacker-Brüdern fremd, aber auch nahe.
    "Es ist Orwells Welt da draußen."
    Das vorweg als Grundsicht auf die Welt durch die Augen eines Hackers und all der Kameras, die ...
    "Wir haben Sichtkontakt."
    ... die der Hacker von seiner Tastatur aus spielend dirigieren kann. Was man mit einem vernetzten Rechner zum Zwecke der Manipulation der schnöden Realität nicht alles abpressen kann!
    "Du bist ein Computer-Fan, nicht. - Ja!"
    1983, in der filmischen Geburtsstunde des Hackers im Film "War Games", war er noch der nette Junge, ...
    "Ich wähle nur den Schulcomputer an."
    ... der seine Zensuren nur ein wenig frisierte. Doch auch diesen moralisch nur ein klein wenig ambivalenten Hacker verschlägt es in die Realität von Militär und Geheimdiensten. Sehr schnell ist der Hacker im Film dann Gehilfe von Großverbrechern wie in "Die Hard 4.0":
    "Die haben bereits alles gehackt. Telefone, Handys, TV-Satelliten."
    Oder der Hacker, einst Teil der Gegenkultur, ist zum mutiert zum kompetenten Erfüllungsgehilfe von Geheimdiensten wie CIA ...
    "Wir haben Sie verwanzt, Mr. Dean!"
    ... oder NSA.
    "Macht ihn durchsichtig! - Ja, Sir."
    Elliot, der Hacker in "Mr. Robot", macht sich über die Mythen der eigenen Profession keine Illusionen:
    Therapeutin: "Was an der Gesellschaft enttäuscht Sie? Oder macht Sie so wütend?
    Elliot: "Oh, keine Ahnung! Ist es, dass wir kollektiv denken, dass wir denken, Steve Jobs war ein großartiger Mann, sogar als wir wussten, dass er Milliarden durch Kinderarbeit verdient hat? Oder, weil es sich anfühlt, als ob unsere Helden nur Fälschung sind? Die Welt als solche ist nur ein großer Schwindel."
    Kein Robin Hood
    Die Zeiten des Film-Hackers als Robin Hood der Bits & Bytes wie in "Sneakers" sind längst vorbei. Nicht nur in Tony Scotts Film "Staatsfeind Nr. 1" sind die Hacker unheimlich kompetente Gehilfen skrupelloser Systeme, immer getrieben von Größenwahn und die Lust, die Welt zu beherrschen.
    "Wer auch immer die Austrittsknoten kontrolliert, kontrolliert natürlich auch den Traffic. Was mich zu demjenigen macht, der das kontrolliert."
    In "Mr. Robot" bündeln sich all diese Eigenschaften des Film-Hackers. In der Figur des guten Hackers Elliot - gespielt von Rami Maleck -, der immer wieder in seine Morphium-Sucht abgleitet, weil er die Welt nicht ertragen kann, die er über seine Hacks von innen besser kennenlernt, als ihm guttut. In der Figur dieses Unterground-Typen namens Mr. Robot, der das globale Finanzsystem hacken will. Und in der Figur von Tyrell, dieses skrupellosen Typen aus der Führungsetage der Big-Data-Finanzkrake E Corp, genauso genial als Hacker wie Elliot, aber nur getrieben von Machtbesessenheit. Am Ende aber dieser ersten Staffel von "Mr. Robot" müssen wir uns aber fragen, was wahr ist und was Wahn, was Realität, was Virtualität. Und wir können Elliots Therapeutin, die er natürlich auch gehackt hat, zustimmen:
    "Wenn Sie sich verstecken, kommen Ihre Wahnvorstellungen wieder."
    Gut, wir hoffen das natürlich, weil es die Dynamik des Erzählen verstärkt. Ebenso wie wir für die zweite Staffel von "Mr. Robot", die in diesem Jahr kommt, hoffen, dass wir erfahren, ob Elliot das mit Mr. Robot wirklich erlebt hat.
    "Vielleicht sollte ich dir einen Namen geben. Doch das ist eine heikle Sache. Du bist nur in meinem Kopf. Daran müssten wir denken."
    Fortsetzung der Serie
    Und man darf schließlich - drittens - Hoffnung haben, dass die Serie weiter dem Credo von Showrunner Sam Esmail folgt. Was braucht es für eine Hackerfigur?
    Sam Esmail: "Es reicht eigentlich, einen Typen am Keyboard zu zeigen. Aber lasst uns mit der Figur mitfühlen! Alles andere ist unwichtig. Für uns was das immer eine Priorität."
    Wenn man Elliot nämlich in seiner Einsamkeit seines Zimmers in totaler Verzweiflung weinen und schreien sieht, dann ist klar, dass kein Hacker-Thriller bisher so sehr von einem Menschen erzählte. In einer Welt, die dabei ist, den freien Fall in die Virtualität zu vollziehen. Davon hat Elliot zuviel mitbekommen.