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US-Wahlkampf
Kein Interesse am Thema Bildung

In den USA haben sich so viele Familien für das Studium ihrer Kinder in Schulden gestürzt, dass die Kreditlast zum echten volkswirtschaftlichen Problem geworden ist. Eigentlich müsste das ein Topthema im amerikanischen Wahlkampf sein. Doch mit Bildungspolitik ist bei den Wählern kein Stich zu machen.

Von Thilo Kößler | 02.09.2016
    Kalifornische Unis sollen sicherer werden. Campus der Universität in Berkeley mit dem Campanile, einem Glockenturm und Wahrzeichen des Gebäude.
    Die Studiengebühren in den USA sind so hoch, dass sich viele ein Studium, wie hier an der Universität in Berkeley in Kalifornien, nicht leisten können. (picture alliance / dpa / Barbara Munker)
    Ein Treffen in einem Café mitten in Adams Morgan – einem Szenestadtteil in Washington DC. Katya ist 19. Sie hat die High School absolviert und möchte studieren – aber dafür fehlt ihr das Geld. Die Studiengebühren in den USA sind so hoch, dass sich Katya ein Studium in den USA gar nicht leisten kann – es sei denn, ihre Eltern wären bereit, sich über beide Ohren zu verschulden. "Es setzt Familien einem enormen Stress aus. Sie können sich die Studiengebühren nicht leisten. Sie müssen sich entscheiden, ob sie bereit sind, einen Kredit aufzunehmen, den sie 20, 30, 40 Jahre zurückzahlen müssen oder ob sie lieber an der Qualität der Ausbildung zu sparen."
    Katya packt schon die Koffer. Sie hat sich entschieden, ihren Eltern diese Schuldenlast nicht zuzumuten – deshalb geht sie nach Großbritannien, um dort zu studieren. Und ihre Freundin Jackie geht mit. "Da gibt es fantastische Talente, die vielleicht irgendetwas entdecken könnten, um Krebs zu heilen – aber sie können sich kein Medizinstudium leisten. Das ist doch eine Schande!"
    Trump hat das Wort Studiengebühren nicht ein einziges Mal erwähnt
    Seit 1980 sind die Studiengebühren in den USA um über 400 Prozent gestiegen – das durchschnittliche Familieneinkommen aber nur um 150 Prozent. Die Schere zwischen arm und reich geht immer weiter auseinander – und wird zur Schere zwischen "gut ausgebildet" und "schlecht ausgebildet". Mittlerweile haben selbst Ratingagenturen erkannt, dass hier nicht nur eine soziale Zeitbombe tickt, sondern auch eine wirtschaftliche: In den USA haben sich so viele Familien für das Studium ihrer Kinder in Schulden gestürzt, dass die Kreditlast zum echten volkswirtschaftlichen Problem geworden ist. Eigentlich müsste das ein Topthema im amerikanischen Wahlkampf sein, sagt Ben Miller, Bildungsexperte im Center for American Progress, einem Think Tank in Washington. Tatsächlich sei mit Bildungspolitik bei den Wählern aber kein Stich zu machen.
    So hat Donald Trump das Wort Studiengebühren nicht ein einziges Mal in einer Rede erwähnt – seine eigene sogenannte Trump Universität allerdings auch nicht: Sie hatte sich mit ihren horrenden Gebühren für windige Experten als äußerst zweifelhaftes Geschäftsmodell entpuppt. Bildungspolitisch scheint Donald Trump eher zurück- als vorauszublicken: Er idealisiert den ungelernten Industriearbeiter, der wieder in Stahlwerken und Kohlegruben sein Auskommen finden soll.
    Clinton hat klarere bildungspolitische Ziele
    Ben Miller vom Center for American Progress sagt: Bei Donald Trump findet Bildungspolitik gar nicht statt. Er habe lediglich vage angedeutet, dass er keine Darlehen mehr an Studenten vergeben möchte, die unprofitable Fächer studieren wollen.
    Und Hillary Clinton? Die hat das Thema längst aufgegriffen und es zum festen Bestandteil ihres Programms und ihrer Reden gemacht. Hillary Clinton möchte ein Refinanzierungsprogramm für Studienkredite auflegen. Und sie fordert eine Befreiung von Studiengebühren für Studenten aus schlechter gestellten Familien. Das seien klarere bildungspolitische Ziele als bei Trump, sagt Ben Miller vom Center for American Progress.
    Jackie und Katya freuen sich auf ihr Studium in Großbritannien. Bis vor Kurzem haben sie Bernie Sanders unterstützt, den links-demokratischen Gegenspieler Hillary Clintons im Wahlkampf. Und zwar just wegen seiner bildungspolitischen Agenda, die die Spitzenkandidatin Hillary Clinton nun zum Teil übernommen hat. Jetzt unterstützen Jackie und Katya Hillary Clinton - weil sie viel mehr anzubieten habe als Donald Trump, wie sie sagen.