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US-Wahlkampf
Stellvertreter macht eine bessere Figur als Trump

Im US-Präsidentschaftswahlkampf haben sich die beiden Bewerber für das Amt des Vizepräsidenten ihren einzigen direkten TV-Schlagabtausch geliefert. Der Demokrat Tim Kaine und der Republikaner Mike Pence debattierten nach Ansicht von Beobachtern auf Augenhöhe und ohne große Fehltritte. Trumps Haltung zu Putin teilte Pence aber nicht.

05.10.2016
    Mike Pence und Tim Kaine sitzen an einem Tisch und debattieren
    Mike Pence (r.) und Tim Kaine bei der TV-Debatte. (imago / UPI Photo)
    Es war eine Art Duell der Sekundanten, als die beiden Kandidaten für das Amt des US-Vizepräsidenten in ihrer einzigen TV-Debatte aufeinandertrafen. Tim Kaine soll der demokratischen Präsidentschaftskandidatin Hillary Clinton mit ins Amt verhelfen, Mike Pence dem Republikaner Donald Trump. So war auch die Fernsehdiskussion in Farmville im Bundesstaat Virginia eine Art Stellvertreter-Debatte.
    Kaine griff in erster Linie nicht Pence an, sondern Trump. So warf er ihm Frauenfeindlichkeit vor und lag mit seiner Rhetorik nach Ansicht von Beobachtern ganz auf der Linie seiner Chefin Clinton. Pence sah sich mit der schwierigen Aufgabe konfrontiert, den umstrittenen Kandidaten zu verteidigen, der zuletzt wieder verstärkt in die Kritik geraten war, besonders nach der ersten TV-Debatte gegen Clinton vor einer Woche. Pence sagte, er werde Trump helfen, Wandel nach Washington zu bringen.
    Kaine warf Trump auch vor, mit seiner Weigerung, seine Steuererklärung offenzulegen, habe dieser ein Versprechen gebrochen. Pence sagte, die Demokraten versprächen den US-Bürgern lediglich ein Weiter so. Er kündigte an, Trump werde die Gesundheitsreform von Präsident Obama wieder rückgängig machen.
    Anders als Trump: Pence kritisiert Russland
    In der Diskussion ging es auch um die Methoden der Polizei. Pence verteidigte die anlasslose Durchsuchung von Bürgern nach Waffen. Der Präsidentschaftskandidat Trump wolle Gesetz und Ordnung wiederherstellen. Kaine widersprach, die verfassungsrechtlich umstrittene "Stop-and-Frisk"-Methode sei ein großer Fehler, da sie zu einer Polarisierung zwischen Polizei und Bürgern führe.
    Anders als Trump übte sein Stellvertreter Pence scharfe Kritik an Russland. Er bezeichnete Putin als aggressiven Führer, dem man eine enorme US-Stärke entgegensetzen müsse. Sollte Russland sich weiter an barbarischen Angriffen auf Zivilisten im syrischen Aleppo beteiligen, müssten die Vereinigten Staaten sich auf ein militärisches Vorgehen gegen das Assad-Regime vorbereiten. Pence beschuldigte die demokratische Präsidentschaftskandidatin Clinton, als ehemalige Außenministerin für die Probleme im Nahen Osten verantwortlich zu sein.
    Unser US-Korrespondent Thilo Kößler sprach im Deutschlandfunk von einer klugen Strategie von Pence, weil dieser wusste, dass man Trump gar nicht in allem verteidigen könne. Er habe sich von Kaine nicht in die Defensive drängen und habe sich nicht zum Verteidiger von Trump machen lassen. Insofern habe er eine bessere Figur als Trump gemacht.
    Sieger ist offen
    Kaine stellte Trump wiederum als Gefahr für die öffentliche Sicherheit dar - und berief sich dabei auf den ehemaligen Präsidenten Ronald Reagan (1981-1989). Dieser hatte vor Jahren gesagt, ein "Idiot oder Irrer" könne mit seiner Macht über Atomwaffen eine Katastrophe auslösen.
    Pence und Kaine gelten als erfahrene Politiker. Der 57-jährige Pence saß lange im Repräsentantenhaus, bevor er Gouverneur von Indiana wurde. Der 58-jährige Kaine vertritt Virginia im Senat, zuvor war er Gouverneur des Bundesstaates.
    Wahrscheinlich haben sich nicht annähernd so viele Zuschauer den Schlagabtausch angesehen wie vor einer Woche das Duell zwischen den beiden Spitzenkandidaten Clinton und Trump. Diese stehen sich am Sonntagabend zur zweiten von insgesamt drei geplanten Debatten gegenüber.
    DLF-Korrespondent Thilo Kößler sagte, ein Sieger sei noch nicht ausgemacht. Beide Kandidaten hätten sich eine ernste und kontroverse Debatte geliefert, seien hervorragend vorbereitet gewesen und sehr beherrscht, also anders als Donald Trump. "Beide sind nie unter die Gürtellinie gegangen, beide haben eine stringente Argumentationslinie verwendet", so Kößler. Beide hätten einen guten Eindruck hinterlassen, eine wahlentscheidende Debatte sei es aber nicht gewesen.