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Landtagswahl in Nordrhein-Westfalen
Der Wahlkampf wird heiß

Die Parteien in Nordrhein-Westfalen haben mit der heißen Phase des Landtagswahlkampfs begonnen. Für die SPD traten in Essen Ministerpräsidentin Kraft und der Parteivorsitzende Schulz auf. CDU-Spitzenkandidat Laschet wiederum attackierte die rot-grüne Landesregierung im Interview der Woche des Deutschlandfunks.

02.04.2017
    Die nordrhein-westfälische Ministerpräsidentin Hannelore Kraft ist im Schattenriss vor den drei Buchstaben NRW zu sehen.
    NRW-Ministerpräsidentin Kraft beim Wahlkampfauftakt der SPD in Essen (dpa /Federico Gambarini)
    Ministerpräsidentin Kraft sagte in Essen, die SPD vertrete eine klare Haltung gegen Rechts und für Europa. Damit stehe sie wie keine andere Partei für den Zusammenhalt des Landes. Gerade in Nordrhein-Westfalen wisse man um die hohe Bedeutung von Integration. Das Motto "Kein Kind zurücklassen" werde durch ein konkretes Programm gestützt. Auch der SPD-Spitzenkandidat für die Bundestagswahl, Schulz, betonte in seiner Rede die Relevanz der Bildungspolitik. Entscheidend sei ein gleichberechtigter Zugang zu Erziehung, Bildung und Beruf, so dass alle Kinder unabhängig von ihrer Herkunft die gleichen Chancen hätten.
    Außerdem unterstrich Schulz die Bedeutung der NRW-Wahl für die darauffolgende Bundestagswahl. Wenn die SPD am 14. Mai in Nordrhein-Westfalen gewinne, werde sie am 24. September auch stärkste Partei Deutschlands und er Bundeskanzler, sagte Schulz. In Nordrhein-Westfalen sind rund 13 Millionen Menschen wahlberechtigt. Ein weiteres wichtiges Ziel sei es, die AfD aus dem Landtag und dem Bundestag herauszuhalten. Die AfD sei eine Schande für die Bundesrepublik, so Schulz.
    CDU setzt auf das Thema Innere Sicherheit
    Die CDU in Nordrhein-Westfalen will ihrerseits mit dem Thema Innere Sicherheit punkten. Für viele Menschen sei dies das drängendste Thema, sagte Spitzenkandidat Laschet im Interview der Woche des Deutschlandfunks. Er forderte insbesondere bei Einbrüchen eine Null-Toleranz-Politik. Der Polizei in Nordrhein-Westfalen fehle es an rechtlichen Möglichkeiten, um besser gegen diese Art der Kriminalität vorzugehen. Während Bayern und andere Länder neue Methoden nutzten, um Täterhandeln schon im Vorfeld zu erkennen, mache Nordrhein-Westfalen davon keinen Gebrauch. Die Unterschiede lassen sich ihm zufolge auch in Zahlen messen: Während es in München etwa 1.000 Einbrüche im Jahr gebe, seien es in Köln fünf Mal so viele. (*)
    Laschet sprach auch über den Umgang mit dem späteren Weihnachtsmarkt-Attentäter Anis Amri in Nordrhein-Westfalen. Seiner Meinung nach wurden nicht alle rechtlichen Mittel genutzt, um das Berlin-Attentat zu verhindern. Laschet sagte, Ministerpräsidentin Kraft müsse vor dem Untersuchungsausschuss des Landtags aussagen und erklären, ob sie die Zuständigkeit des Landes habe vertuschen wollen. Notfalls werde man sie gerichtlich dazu zwingen.
    Umfragen sehen keine Mehrheit mehr für Rot-Grün
    Wie die künftige Regierung in Nordrhein-Westfalen nach der Landtagswahl am 14. Mai aussehen wird, ist völlig unklar. Die SPD möchte die Koalition mit den Grünen fortsetzen. In den jüngsten Umfragen gibt es dafür allerdings keine Mehrheit. Die SPD lag zuletzt zwar mit bis zu 40 Prozent deutlich vor der CDU mit 26 bis 30 Prozent, die Grünen kommen aber nur auf etwa sechs Prozent. Nach einem Bericht des "Spiegel" wird in der SPD-Spitze inzwischen eine Ampel-Koalition mit Grünen und FDP präferiert. Die Landtagsawahl im Saarland habe gezeigt, dass eine mögliche Zusammenarbeit mit der Linken viele Wähler abschrecke.
    FDP schließt Ampel-Koalition aus
    Die FDP allerdings hat heute einer Ampel-Koalition eine klare Absage erteilt. Beim NRW-Parteitag in Hamm nahmen die Delegierten mit wenigen Gegenstimmen einen Antrag des Vorstands an, mit dem eine Koalition mit SPD und Grünen ausgeschlossen wird. Der FDP-Vorsitzende Lindner sagte, Ziel sei es, eine erneute rot-grüne Landesregierung zu verhindern.
    Die Linke wiederum kann nicht sicher sein, im nächsten nordrhein-westfälischen Landtag vertreten zu sein. Sie liegt in den Umfragen derzeit zwischen vier und fünf Prozent. 2012 war sie an der Fünf-Prozent-Hürde gescheitert. Im Wahlkampf setzt auch die Linke auf Konfrontation mit der Landesregierung. Die Co-Landesvorsitzende Özlem Demirel warf Ministerpräsidentin Kraft Wortbruch vor. Entgegen ihrer Zusage, kein Kind zurückzulassen, sei die Kinderarmut in NRW gestiegen. 2015 galt fast jedes fünfte Kind - rund 540 000 Mädchen und Jungen unter 18 Jahren - als arm. Demirel forderte mehr Engagement für bezahlbaren Wohnraum und eine funktionierende Infrastruktur.
    AfD-Direktkandidaten scheiten an fehlenden Unterschriften
    Die AfD hat gute Chancen in den Landtag einzuziehen. Sie hat allerdings in einigen Regionen Schwierigkeiten, genügend Unterschriften zusammenzubekommen, um Direktkandidaten aufzustellen. In Gütersloh wurde eine Kandidatin nicht zugelassen, weil sie Unterschriften gefälscht hatte. Die Partei fordert unter anderem ein Erziehungsgehalt für Eltern, die ihre Kinder zuhause betreuen, und ein Ende der Klimaschutzpolitik. Eine Zusammenarbeit mit der AfD lehnen alle anderen Parteien ab.
    Die Piraten haben den Umfragen zufolge keine Chance, erneut die Fünf-Prozent-Hürde zu überspringen.
    (*) Anmerkung der Redaktion: Laschet bezog sich mit seinen Aussagen auf keinen Zeitraum. Im Jahr 2016 registrierte das Polizeipräsidium München 1.540 Wohnungseinbrüche (plus neun Prozent im Vergleich zum Vorjahr). Im Stadtgebiet Köln zählte die Polizei 2016 laut Statistik 3.938 Wohnungseinbrüche - nach 5.121 im Vorjahr (minus 23,1 Prozent).