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USA, Mexiko und China
Vereint im Anti-Drogen-Kampf

Strafzölle gegen die einen, Mauer gegen die anderen - China und Mexiko sind Donald Trumps wirtschaftliche "Lieblingsfeinde". Doch im Kampf gegen illegale Drogen arbeiten die drei Länder intensiv zusammen. Zum Beispiel, um neuen Drogenvertriebswegen beizukommen.

Von Katja Ridderbusch | 19.05.2018
    ©ChinaFotoPress/Wan Shanchao/MAXPPP - HUAIBEI, CHINA - MAY 20: (CHINA OUT) Police officers uproot poppies in a vineyard on May 20, 2013 in Huaibei, Anhui Province of China. Local police officers found 268 poppies in a vineyard while patrolling, and punished the vineyard\'s owner. (Photo by Wan Shanchao/ChinaFotoPress)***_***440125231 |
    China, Mexiko und die USA versuchen ihre Drogenprobleme gemeinsam an der Wurzel zu packen (picture alliance / dpa / ChinaFotoPress / Wan Shanchao)
    Die Notaufnahme im Grady Memorial Hospital in Atlanta, dem größten öffentlichen Krankenhaus im US-Bundesstaat Georgia. Wenn Dr. Brent Morgan seine Schicht antritt, kann er sicher sein: Er wird mindestens einen Patienten mit einer Drogen-Überdosis behandeln. Und auch das Ergebnis der Urintests kann der Arzt meistens vorwegnehmen: Mehr und mehr Patienten testen positiv auf Fentanyl.
    Das ist ein besonders potentes Opioid, eine morphinhaltige Substanz. Das Suchtpotenzial von Fentanyl ist 50 Mal höher als das von Heroin. Es kommt in der Humanmedizin als Narkosemittel zum Einsatz, wird aber immer öfter illegal hergestellt, mit Kokain, Amphetaminen und Heroin gemischt und auf dem Schwarzmarkt verkauft. Wer Fentanyl konsumiere, spiele russisches Roulette, sagt Morgan.
    Medikamentenabhängige steigen auf illegale Drogen um
    In den USA wütet seit Jahren eine Opioid-Epidemie. 64.000 Menschen starben 2016 an einer Drogen-Überdosis, ein Rekord. Jetzt habe die Krise eine neue Phase erreicht, sagt Lawrence Scholl von der US-Gesundheitsbehörde CDC. Die Krise begann mit einer grassierenden Sucht nach opioidhaltigen Schmerzmitteln. Die waren seit den 90er-Jahren in den USA allzu freizügig verschrieben worden.
    Mittlerweile hätten striktere Regulierungen zwar dazu geführt, dass Verschreibungen von opioidhaltigen Medikamenten zurückgegangen sind, sagt Scholl. Um zehn Prozent allein im vergangenen Jahr. Allerdings: Viele Suchtkranke, die über Schmerzmittel in die Abhängigkeit rutschten, sind längst auf illegale Drogen umgestiegen. Heute sind synthetische Opioide, vor allem Fentanyl und seine chemischen Verwandten, für die Mehrzahl der Drogentoten verantwortlich.
    US-Nachfrage weltweiter Motor der Drogenproduktion
    Die steigende Nachfrage kurbelt die Produktion an - und zwar weltweit. Was als hausgemachtes Problem in den USA begann, ist zu einer globalen Krise geworden. James Walsh leitet die internationale Drogenkontrollabteilung im State Department:
    "Die Mehrheit der synthetischen Drogen, vor allem die Varianten von Fentanyl, gelangt aus China oder Mexiko in die USA und ist häufig gemischt mit Methamphetaminen oder Heroin", sagt er. Auch habe sich das Gesicht des weltweiten Drogenhandels verändert:
    "Wir sind an spektakuläre Aktionen gewöhnt. Daran, riesige Lieferungen von Marihuana, Kokain oder Heroin auf Schiffen oder Lastwagen zu beschlagnahmen oder Drogenkuriere an der Grenze abzufangen. Aber der Handel mit synthetischen Opioiden ist enorm unauffällig und einfach. Das ist ein neues Paradigma."
    Übers Internet bestellt, per Post verschickt
    Heute bestellen Dealer den Stoff über das Internet und bezahlen mit Kryptowährungen wie dem Bitcoin. Die Ware wird in kleinen Sendungen verschickt, per Expresszusteller oder, ganz schlicht, auf dem Postweg.
    Mit den neuen Handelsrouten sei die Opioid-Krise kein rein amerikanisches Problem mehr, betont Walsh. In Großbritannien steigt die Zahl der Fentanyl-Toten, und auch in Deutschland wurde vor kurzem eine illegale Opioid-Lieferung abgefangen. Wo es Zugang zum Internet gibt, sagt er, da gibt es auch einen Markt.
    James Walsh von der internationalen Drogenkontrollabteilung des US-State-Department bei einer Anti-Drogen-Konferenz
    James Walsh von der internationalen Drogenkontrollabteilung des US-State-Department bei einer Anti-Drogen-Konferenz (Zoeica Images / Chris Williams)
    Amerikas Anti-Drogen-Diplomatie setzt auf bilaterale und multilaterale Kooperation. Vor allem mit Mexiko und China arbeitet das State Department beim Kampf gegen die Opioid-Schwemme eng zusammen. Ausgerechnet, denn das Verhältnis der USA zu beiden Ländern ist derzeit angespannt. Wegen der drohenden Mauer, und wegen eskalierender Strafzölle.
    USA trainieren mexikanische Behörden
    Doch Walsh wiegelt ab. Die Opioid-Krise erfordere globale Lösungen, sagt der Beamte. Lösungen, bei denen die Vereinigten Staaten seit Jahren Unterstützung leisten, von Datenaustausch und Überwachungstechnologie bis zu Finanzhilfe. In Mexiko zum Beispiel:
    "Wir haben in den letzten Jahren dabei geholfen, mehr als 300 illegale Drogenlabore auszuheben. Zuvor hatten die USA mit mexikanischen Anti-Drogen-Einheiten trainiert. Oder: die Zerstörung illegaler Mohnfelder. Die Regierung in Mexiko leitet diese Einsätze, aber wir leisten logistische Hilfe im Hintergrund."
    China setzte auf Drängen der USA knapp 150 Opioide auf die Liste verbotener Substanzen. Außerdem arbeiten beide Länder daran, einen universalen Standard beim Scanning- und Tracking internationaler Paketsendungen einzuführen.
    Jede neue Substanz muss einzeln geprüft werden
    Schließlich wollen die US-Behörden gemeinsam mit der UNO ein weltweites Drogen-Frühwarnsystem entwickeln, mit einem dichten Informationsnetz und Laboren rund um den Globus. Jede neue Substanz, so der Plan, soll dann zügig identifiziert und anschließend kontrolliert werden.
    Bis all diese Maßnahmen greifen, versuchen James Walsh und sein Team, im Wettlauf gegen den globalen Opioid-Handel einen kleinen Vorsprung zu gewinnen.
    Dabei sei das die größte Herausforderung, dass im internationalen Drogenkontrollsystem jede Klasse von Substanzen - zum Beispiel eine bislang unbekannte Variante von Fentanyl - einzeln geprüft werden müsse, sagt er. Währenddessen würden kriminelle Chemiker in schwarzen Laboren bereits das nächste Opioid zusammenbrauen - für den noch größeren Rausch.