Torill Kornfeldt: "Wie klone ich ein Mammut?"

Kommen die Eiszeit-Tiere zurück?

"Wie klone ich ein Mammut?" von Torill Kornfeldt
Im tiefsten Nordosten Russlands sollen Pflanzen und Tiere gedeihen, wie vor 10.000 Jahren. © WBG Theiss/imago/Science Photo Library
Von Michael Lange · 24.11.2018
"Wie klone ich ein Mammut?" Das klingt nach Science Fiction, wird aber in Sibirien versucht. Dort wollen Wissenschaftler einen Eiszeit-Park bauen. Die Journalistin Torill Kornfeldt fragt, was das bringen soll, ausgestorbene Tiere zurückzuholen?
Dickes, zotteliges Fell, lange Stoßzähne und ein wuchtiger Körperbau. Obwohl sie bereits vor Jahrtausenden ausgestorben sind, kennt und mag jeder Mammuts. Ausstellungen, Bücher, Filme und Bilder halten die Eiszeitriesen im kollektiven Bewusstsein lebendig. Deshalb stoßen Wissenschaftler, die das Mammut in der realen Welt zum Leben erwecken wollen, immer wieder auf Interesse.
Als die schwedische Wissenschaftsjournalistin Torill Kornfeldt von Plänen erfuhr, die Ausgestorbenen durch Klonen wieder zum Leben zu erwecken, war sie sofort begeistert. Sie reiste in mögliche Lebensräume der Tiere im heutigen Sibirien. Dort traf sie auf kauzige Außenseiter, die weitab der Zivilisation einen Eiszeitpark aufbauen. Im tiefsten Nordosten Russlands sollen Pflanzen und Tiere gedeihen, wie vor 10.000 Jahren. Anschließend besuchte sie moderne Labore, in denen Mammutzellen durch genetische Manipulation aus Elefantenzellen neu entstehen sollen.

Es gibt größere Probleme

Die Journalistin erfährt: Je enger verwandt überlebende Vertreter mit den ausgestorbenen Verwandten sind, umso realistischer ist deren Rückkehr. Denn die überlebenden Verwandten müssen Hilfestellung leisten: Zum einen als Zellspender, zum anderen aber auch als Leihmütter, die die Rückkehrer austragen und nach der Geburt auf ein Leben nach dem Aussterben vorbereiten. Bevor dann eine ausgestorbene Art wirklich zurückkehren kann, müssen auch die meist zerstörten Lebensräume wieder hergestellt werden. Das ist meist das größere Problem.
Bei ihren Recherchen beschränkt sich Torill Kornfeldt nicht auf das Mammut. Die von ihr beschriebenen Projekte wollen verschiedene ausgestorbene Tiere zurückholen, wie die amerikanische Wandertaube oder den europäischen Auerochsen. Auch Pflanzen, wie die amerikanische Kastanie und Lebensgemeinschaften wie Korallen sollen mit menschlicher Hilfe in veränderter Form neu entstehen und sich wieder ausbreiten. So könnte in Zukunft eine künstliche Natur entstehen.

Eine ernüchterne Erkenntnis

Offen und neugierig tritt Torill Kornfeldt seriösen Wissenschaftlern und versponnenen Visionären gegenüber. Sie lässt sich zunächst von deren Begeisterung anstecken, wird dann aber immer skeptischer. Ihre Leserinnen und Leser begleiten sie bei ihren Recherchen und erleben mit, wie aus einzelnen Informationen ein umfassendes Bild entsteht. Beim Lesen wachsen nach und nach die Zweifel an den ambitionierten Projekten. Schließlich ist es schwer genug, noch lebende, bedrohte Arten zu schützen.
Leider bleibt zum Ende der spannenden und unterhaltsamen Lektüre nur die ernüchternde Erkenntnis: Selbst, wenn es gelingt, einzelne ausgestorbene Tiere zurückzubringen, werden es Vorzeigeprojekte bleiben. Die verlorene Welt lässt sich nicht zurückholen. Auch, wenn Torill Kornfeldt anschaulich und begeisternd darüber schreibt, sie weiß: Es gibt Wichtigeres zu erforschen.

Torill Kornfeldt: Wie klone ich ein Mammut? Die Rückkehr der Eiszeitgiganten
Aus dem Schwedischen übersetzt von Maike Barth und Inge Wehrmann
WBG Theiss, Darmstadt, 2018
240 Seiten, 24,95 Euro

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