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USA-Reise beendet
Steinmeier sorgt sich um transatlantische Partnerschaft

Während seines USA-Besuchs hat Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier einen Bogen ums Weiße Haus gemacht. In seinen Reden machte er deutlich, dass er sich um das Verhältnis zu den USA sorgt: Die aktuellen Unstimmigkeiten zwischen Washington und Berlin könnten einen irreparablen Schaden verursachen, warnte Steinmeier.

Von Jörg Münchenberg | 21.06.2018
    19.06.2018, USA, Los Angeles (Kalifornien): Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier spricht bei der Konferenz "Struggle for Democracy" im Harold M. Williams Auditorium. Bundespräsident Steinmeier und seine Frau sind zu einem dreitägigen Besuch in Kalifornien
    Bundespräsident Steinmeier traf sich während seiner USA-Reise nicht mit US-Präsident Trump (dpa / picture alliance / Bernd von Jutrczenka)
    Böse Zungen könnten behaupten: Von Anfang an stand die USA-Reise von Frank Walter Steinmeier – immerhin der Antrittsbesuch des Bundespräsidenten beim bislang wichtigsten Verbündeten – unter keinem strahlenden Stern. Kurz vor dem Start in Richtung Kalifornien verlor die deutsche Fußballnational-Mannschaft ihr Auftaktspiel bei der WM in Russland gegen Mexiko 0:1. Kopfschütteln und Frust auch bei der Delegation, die im Warteraum das Spiel verfolgte.
    Offizieller Reisegrund: Die Eröffnung des Thomas-Mann Hauses in Los Angeles als kulturelle und intellektuelle Begegnungsstätte, deren Erwerb und Restaurierung sich der Bund Schätzungen zufolge hat immerhin 18 Millionen Dollar kosten lassen. Natürlich war im Bundespräsidialamt auch ein Besuch in Washington erwogen und der Gedanke dann schnell fallen gelassen worden.
    Direkter Weg nach Kalifornien
    Zu groß das Risiko einer Absage für ein mögliches Treffen mit Donald Trump, zu groß die Gefahr, in der Tagespolitik und im Strom der täglichen Tweets aus dem Weißen Haus medial unterzugehen. Deshalb lieber der Weg nach Kalifornien, ins Herzland der Demokraten. Doch den Schatten Trumps ist der Bundespräsident auf dieser Reise nie losgeworden, auch wenn er den USA-Präsidenten in seinen Auftritten stets nur indirekt erwähnt.
    "Ich mache mir weniger Sorgen um die Zukunft der amerikanischen Demokratie als um die Zukunft unserer transatlantischen Partnerschaft. Streit gab es zwischen uns immer wieder. Aber der Schaden der heutigen Erschütterung kann tiefergehender, langfristiger – und vor allem irreparabel sein".
    Immerhin hat Steinmeier versucht, durch seine Entscheidung, nicht nach Washington zu fahren, ein Zeichen zu setzen. Stattdessen ein Treffen mit dem Bürgermeister von Los Angeles, Eric Garcetti, immerhin ein möglicher Hoffnungsträger der Demokraten. Der Rundgang durch das Museum of Tolerance in LA, die offizielle Eröffnung des Thomas Mann-Hauses als künftiges Stipendiatenhaus für Künstler und Intellektuelle. Eine prachtvolle weiße Villa im Bauhausstil am vornehmen 1550 San Remo Drive, die allerdings - trotz stimmungsvoller Einweihungsparty - immer noch mit baulichen Verzögerungen zu kämpfen hat. Und so konnte der erste Stipendiat, der Schauspieler Burghart Klaußner, seinen Platz erst gar nicht antreten:
    "Ich fahre in einer Woche wieder heim. Es wird jetzt abhängen vom Fertigungszeitraum. Und von meinen Plänen und Arbeiten. Ich muss alles ein bisschen verschieben, ich weiß es noch nicht genau".
    Signal in Richtung Washington
    Dabei wirkt die Idee überzeugend: Die alte Mann-Villa, in den 40er Jahren Mittelpunkt der deutschen Exilanten an der Westküste der USA und zugleich der Platz, an dem Thomas Mann zum leidenschaftlichen Kämpfer für Demokratie und Antifaschist geworden ist, soll wieder ein offener Debattenort werden. Ein Signal auch in Richtung Washington, macht Steinmeier unumwunden klar:
    "In diesem Haus werden sich Deutsche und Amerikaner treffen, um über die Zukunft der Demokratie, aber auch die Zukunft der transatlantischen Beziehungen zu reden. In Beziehungen, die einem wichtig sind, muss man investieren, gerade dann wenn sie schwierig sind".
    Wobei das Problem aus deutscher, aber auch aus der Sicht der restlichen Welt ist, dass Trump das offenbar völlig gleichgültig ist. "America First" heißt bekanntlich die Devise - da wirken Versuche wie die am San Remo Drive angesichts der politischen Großwetterlage zwar redlich, aber gleichzeitig auch hilflos. Vielleicht ist es aber auch der Versuch, für die Zeit nach Trump vorzubauen. Deutschland setzt im Gegensatz zu manch anderen auf leise Töne gegen den US-Präsidenten, an diese außenpolitische Maxime hält sich gerade auch der Bundespräsident auf seiner Kalifornien-Reise. Nur ein einziges Mal wird er deutlicher:
    "Auch Amerika braucht Partner. Und Amerika braucht diese Partner. Doch Amerika kann solche Partnerschaft nur erkennen, wenn es im Westen mehr sieht als eine Himmelsrichtung. Und in der Welt mehr als einen Boxring., in dem jeder gegen jeden kämpft"
    Ob die Botschaft im Weißen Haus wahrgenommen worden ist? Ein wütender Tweet bleibt Steinmeier jedenfalls erspart. Aber vielleicht weiß Trump auch gar nicht, wer ihn da in welcher Funktion doch relativ deutlich ermahnt hat.