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USA und Asien
Japans Angst vor der Bedeutungslosigkeit

Wenn Japans Premierminister Shinzo Abe kommende Woche US-Präsident Donald Trump besucht, wird es darum gehen, die angeknackste Männerfreundschaft der beiden wieder zu kitten. Nicht nur im Konflikt mit Nordkorea stand Japan zuletzt im Abseits - und fürchtet, von der Weltbühne geschubst zu werden.

Von Jürgen Hanefeld | 14.04.2018
    US-Präsident Donald Trump und Japans Ministerpräsident Shinzo Abe nahe Tokio.
    US-Präsident Donald Trump bei einem Besuch bei Japans Premierminister Shinzo Abe - das Verhältnis der beiden Regierungschefs war nie ganz ungetrübt (AFP / FRANCK ROBICHON)
    Auch von den US-Strafzöllen wird Japan in Mitleidenschaft gezogen - während Südkorea Privilegien genießt.
    Japan hat Angst. Nicht mehr so sehr vor Raketen aus Nordkorea, was ohnehin eine fixe Idee von Shinzo Abe gewesen war, um sein Volk das Fürchten zu lehren. Aber nun, wo bis auf Weiteres kein Beschuss aus Pjöngjang zu erwarten ist, hat Japans Premierminister die viel realistischere Angst, von der Weltbühne geschubst zu werden. Südkoreas Präsident Moon Jae-in erklärte vor drei Wochen:
    "Ein Gipfeltreffen zwischen Nordkorea und den USA wäre ein historisches Ereignis an sich - nach dem innerkoreanischen Gipfel. Und abhängig von den Fortschritten könnte er zu einem Dreiergipfel führen zwischen Südkorea, Nordkorea und den Vereinigten Staaten."
    Von Japan keine Rede. Xi Jinping, der Machthaber in Peking, brachte jetzt sogar einen Vierergipfel ins Gespräch: China, Washington und die beiden Koreas. Wieder ohne Japan. Kein Wunder, dass Premierminister Abe fürchtet, ihm könnten die Felle wegschwimmen.
    Wiederbelebung der "Golf-Diplomatie"
    In einem dringenden Telefonat lud er sich jetzt selbst bei US-Präsident Trump ein, um nächste Woche die sogenannte Golf-Diplomatie aufzuwärmen. Schließlich war der Japaner der erste gewesen, der Trump - noch vor dessen Amtseinführung - in Amerika besucht hatte, um, wie die japanischen Medien ausführlich berichteten, als "erster Regierungschef der Welt" dem Wahlsieger zu gratulieren.
    "Ich bin mit Präsident Trump einig, dass wir unsere Allianz enger und stärker machen müssen", sagte Abe damals und überreichte als Gastgeschenk einen goldenen Golfschläger. Der Amerikaner parierte wie gewünscht:
    "Ich möchte nur, dass jeder versteht und in vollem Umfang zur Kenntnis nimmt: Die Vereinigten Staaten von Amerika stehen hinter Japan, ihrem großartigen Alliierten, zu einhundert Prozent."
    Doch in Wahrheit war das Verhältnis zwischen Trump und Abe nie ungetrübt. Von Anfang an verlangten die USA mehr finanzielle Unterstützung für die in Japan stationierten Streitkräfte - immerhin rund 40.000 Mann. Das bereits unterschriftsreife Handelsabkommen TPP mit insgesamt zwölf Partnern torpedierte Amerika im Handumdrehen.
    US-Strafzölle treffen Japan
    Und nun die Zollpolitik. Eigentlich gegen Chinas Stahlimporte gerichtet, wird auch Japan in Mitleidenschaft gezogen. Was Abe besonders erbost: Der Rivale Südkorea genießt Privilegien, Japan nicht. Zeitungkommentatoren fragen verärgert, ob sich Abes devote Haltung gegenüber den USA überhaupt auszahle? Nicht mal die Kehrtwende Trumps gegenüber Nordkorea war abgestimmt. Anfang März hatte der US-Präsident überraschend zugestimmt, sich mit Kim Jong-un zu treffen. Während der Amerikaner von einem aufregenden Ereignis für die ganze Welt sprach, bremste Abe die Euphorie:
    "Ich begrüße die Änderung der Haltung Nordkoreas. Das ist ein Ergebnis der Kooperation zwischen Japan und den USA sowie Südkoreas und der internationalen Gemeinschaft bei dem Bemühen, starken Druck auf Nordkorea auszuüben. Aber solange Nordkoreas Schritte zur atomaren Abrüstung nicht nachprüfbar und unumkehrbar sind, werden wir weiterhin maximalen Druck ausüben."
    Auch Zusammenarbeit mit Südkorea soll gestärkt werden
    Klar ist: Abe war von Trump überrumpelt worden. Es gibt also viel zu tun, um die angeknackste Männerfreundschaft ins Lot zu bringen. Immerhin repräsentieren sie die stärkste und die drittstärkste Wirtschaftsmacht der Welt. Um wieder ins Spiel zu kommen, schickte Japan seinen Außenminister Taro Kono dieser Tage nach Seoul:
    "Wir wollen die Zusammenarbeit zwischen Japan und Südkorea und zwischen Japan, Südkorea und den USA stärken und Anstrengungen unternehmen, um die Entnuklearisierung Nordkoreas zu erreichen."
    Auf dem Weg nach Amerika wird der Japaner wieder die Rolle des Lieblingsalliierten anstreben. Er wird daran erinnern, dass Nordkorea nicht zu trauen sei, weil dessen Angebot, seine Atomwaffen zu verschrotten, an unmögliche Bedingungen geknüpft sei.
    Tatsächlich ließ Kim Jong-un bei seinem Überraschungsbesuch vor zwei Wochen in Peking verlauten, die USA müssten zuerst verlässliche Garantien bieten und eine "vollständige Kompensation", bevor die Abrüstung beginnen könne. Das heißt: Erst müssen die Sanktionen aufgehoben werden, bevor sich irgendwas bewegt, sagt Kim. Abes Rolle wird sein, vor übereilten Schritten seines amerikanischen Freundes zu warnen.