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Vamp-Mission
Die Entschleierung der Venus

Über die Venus wissen Forscher viel weniger als über den Mars - obwohl es genau so viele Missionen zu ihrer Erforschung gab. Das soll sich nun ändern: Mehrere Venus-Missionen sind in Planung, unter ihnen die Propellersonde VAMP, die sich die Luftschichten des Planeten zunutze machen soll.

Von Guido Meyer | 18.06.2015
    In der Tat ist es jetzt fünf Jahre her, seit Japan seine Raumsonde Akatsuki - "Morgendämmerung" - auf die Reise zum Morgenstern geschickt hat. Obschon die Venus der Nachbar der Erde in Richtung Sonne ist, ist die Sonde dort immer noch nicht angekommen. Im Dezember 2010 nämlich misslang der Versuch, Akatsuki auf eine Umlaufbahn um den Planeten zu lenken. Seit fünf Jahren kreist sie nun um die Sonne. Doch in wenigen Monaten, Anfang Dezember, will Japans Weltraumagentur JAXA alles daransetzen, dass ihre Sonde endlich von der Schwerkraft der Venus eingefangen wird. Denn dort gebe es viel zu tun, findet Masato Nakamura, der Projektmanager der Mission beim Institut für Weltraumwissenschaften der JAXA.
    "Die Wolken rasen mit der gesamten Atmosphäre binnen vier Tagen einmal um die Venus herum. Der Antrieb für diese Super-Rotation, die schneller ist als die Eigendrehung des Planeten, ist nach wie vor unklar. Alle zwei Stunden soll unsere Sonde ein Foto der Wolkenschicht aufnehmen. Nach zwei Jahren, am Ende der Missionszeit, wissen wir dann hoffentlich, wie das Drehmomentum von einem Ort in der Atmosphäre zum nächsten übertragen wird."
    Während sich die Japaner also auf ihre verspätete Ankunft an der Venus vorbereiten, planen auch die USA eine Rückkehr zur Venus - der ersten seit mehr als 20 Jahren. Auch für die Amerikaner ist das Wissen über die Atmosphäre und die Wolken des Planeten essenziell, denn genau dort soll sich die Propellersonde VAMP aufhalten, die Venus Atmospheric Maneuverable Platform.
    "Die Venus-Atmosphäre ist viel dichter als die des Mars'. In der Höhe, in der unsere Sonde fliegen soll, entsprechen die Temperatur, der Druck und die Dichte eher der Erde. Die Atmosphäre der Venus jedoch besteht größtenteils aus Kohlendioxid.
    Greg Lee und sein Team von Northrup Grumman Aerospace Systems in Kalifornien haben sich dieses Konzept für die erste fliegende Venussonde ausgedacht, die die dicken Luftschichten des Planeten zum Gleiten nutzen soll.
    "Es ist ein unbemanntes Fluggerät, das sich durch die Atmosphäre bewegt. Es operiert völlig autonom. Seine Daten überspielt es an eine Muttersonde, die den Planeten umkreist, so wie Europas VenusExpress es tat. Nach der Ankunft an der Venus werden die Wissenschaftler zunächst ein interessantes Gebiet aussuchen, bevor sich VAMP vom Orbiter löst und kontrolliert in die dicke Wolkendecke eintaucht."
    Schwebend wie ein Ballon
    Weil VAMP ein Zwischending zwischen einem Orbiter in der Umlaufbahn und einem mobilen Rover auf dem Boden ist, hat sich Northrup Grumman den Begriff Sky Rover für sein Propeller-Raumschiff ausgedacht. Einen Prototypen von sechs Metern Spannweite soll Europas Sonde BepiColombo Ende des Jahrzehnts auf dem Weg zum benachbarten Merkur im Vorbeiflug bei der Venus absetzen.
    "Diese Testsonde wird keinen Antrieb haben. Wie ein Ballon wird sie von den Venus-Winden mit hundert Kilometern pro Stunde entlang der Breitengrade des Planeten geweht werden."
    Das endgültige Modell wird eine Flügelspannweite von 60 Metern haben. Solarzellen sollen Energie für den Antrieb des Gefährts bereitstellen. Es wird sich in einer Höhe von ungefähr 50 Kilometern aufhalten. Denn darunter nimmt der Druck zu, und die Temperatur steigt auf mehr als 100 Grad. Ungewöhnlich ist die Vorgehensweise des Raumfahrtkonzerns bei dieser Mission - Northrup Grumman zahle die Entwicklungskosten zunächst einmal selbst, so Greg Lee.
    "Das Projekt wird intern von uns finanziert. Wir arbeiten aber auch mit anderen Firmen zusammen. Letztlich wollen wir aber Raumfahrtagenturen wie die amerikanische NASA oder die europäische ESA von VAMP überzeugen."
    Starttermin könnte dann nach 2020 sein.