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Vatikan - winziges Land mit Macht und Einfluss

Der Papst ist nicht nur Führer einer der größen Religionsgemeinschaften, sondern auch Oberhaupt eines Staates. Eines zwar kleinen Staates, der aber dennoch weltweit Einfluss besitzt. Der Vatikan ist in wichtigen internationalen Gremien vertreten - in der UNO etwa hat er einen Beobachterstatus.

Von Karl Hoffmann | 22.09.2011
    Immer wenn der Papst in fremde Länder reist, bekleidet er gleich mehrere wichtige Rollen: Führer einer großen Religionsgemeinschaft, Botschafter des Friedens, und Staatsmann. Denn auch wenn sein Land winzig ist, so sind Macht und Einfluss des Papstes nicht zu unterschätzen. Denn der Vatikan ist nicht ein Staat wie jeder andere. In der UNO hat er einen Beobachterstatus, was seine Autorität aber nicht unbedingt schmälert. Er steht über den anderen Nationen, sein Oberhaupt hat eine transnationale Stellung, dessen Einfluss in den einzelnen Ländern sich nach der Zahl der Gläubigen und deren individueller Position in Gesellschaft und Politik richtet. Angefangen mit Italien:
    Regelmäßig macht Italiens Staatspräsident Giorgio Napolitano offizielle Besuche im befreundeten Ausland, ohne dabei die Stadt Rom zu verlassen. Genau 3100 Meter trennen ihn vom Vatikan, wo der Papst huldvoll auf den zwei Jahre älteren Amtskollegen im eleganten Frack wartet, und zum Festkonzert lädt. Kein Treffen unter Gleichen: das Staatsoberhaupt Napolitano ist nur ein weltlicher Volksvertreter, der Papst sowohl absoluter Herrscher im Vatikan, wie auch Oberhaupt der Kirche, der etwa 90 Prozent der Italiener angehören. Kein Wunder, dass Napolitano nicht nur über Seelenheil, sondern über die Geschicke der ganzen Welt mit Papst Benedetto spricht:

    "Wir haben stets die Entwicklung unserer Nation im Auge, die auch Ihnen so sehr am Herzen liegt. Gleichzeitig blicken wir aber auch, genau wie sie Eure Heiligkeit, auf die Probleme der ganzen Welt, die in einem schmerzhaften und mit ungelösten Krisen behafteten Wandel begriffen ist."

    Je nach politsicher Weltlage geht man dann ins Detail:

    "Die Krise im Nahen Osten mit der anhaltenden Unsicherheit ob der Friedensprozess Wirkung zeigt erfüllt uns beide mit besonderer Sorge, gemeinsam machen wir deshalb einen konstruktiven Aufruf."

    Der Papst revanchiert sich mit Mahnung an die Politiker. Allerdings sehr diplomatisch, denn man ist offiziell auf niemandes Seite. Er wünsche sich,

    "…eine neue Generation von Männern und Frauen, die in der Lage sind, direkte Verantwortung zu Übernehmen im sozialen Bereich und vor allem in der Politik. Die hat mehr denn je vor allem junge Leute nötig, die in der Lage sind, ein gutes gemeinschaftliches Leben zu bauen zum Wohle aller."

    Der Papst macht Politik, als Oberhaupt des Vatikans und als Mann des Glaubens. Seine Kritik an den bestehenden Verhältnissen, speziell in Italien ist verhalten bis verschlüsselt. Wie es sich für ein Staatsoberhaupt geziemt.

    Dennoch sorgt des Papstes Außenpolitik im Bereich Moral immer wieder für Zündstoff. Sie verhindere, dass in Italien Gesetze zum Schutz von Homosexuellen eingeführt würden, beklagen die Demonstranten beim Gay Pride in Rom, direkt vor des Papstes Haustür.

    "Der Vatikan betrachtet Italien als eine Art Vorgarten, ein Anhängsel des Kirchenstaates, der es niemals zulassen würde, dass aus Italien ein nichtkonfessioneller Staat wird. Und deshalb erachtet der Vatikan ein Gesetz gegen Homophobie als regelrechte Majestätsbeleidigung."

    Weil der Vatikan seine Interessen weltweit vertreten will, ist er in wichtigen internationalen Gremien vertreten, konferiert mit Politikern jeder Couleur und wäre ein idealer globaler Diplomat, würden nicht religiöse Dogmen der politischen Rolle klare Grenzen setzen. Aber mit Hilfe katholischer Nebenorganisation wie etwa der Gemeinschaft von St. Egidio lassen sich diese Grenzen teilweise umgehen. St. Egidio betreibt im Auftrag des Papstes inoffizielle vatikanische Politik zur Beilegung politischer und konfessioneller Konflikte. Bei St. Egidio macht man sich seit Jahren Hoffnung auf den Friedensnobelpreis, bisher allerdings vergeblich. Trotz gutbesuchter und hochkarätiger Veranstaltungen wie jüngst in München hat die vatikanische Nebendiplomatie nur bescheidene Erfolge zu verzeichnen, wie die Versöhnung der Bürgerkriegsparteien von Mozambique vor knapp 20 Jahren.

    Deutschlandfunk und Deutschlandradio Kultur berichten in zahlreichen Sendungen über den Papstbesuch.

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