Samstag, 20. April 2024

Archiv

Verbraucherportal "Post-Ärger"
"Transparenz auf dem Markt schaffen"

Ärger mit der Post können Verbraucher neuerdings auf einem Onlineportal loswerden. "Ausgewählte Beschwerden werden wir dem Briefdienstleister vorlegen, um Stellung bitten und das Ganze dann am Ende anonymisiert veröffentlichen", sagte Julian Graf von der Verbraucherzentrale NRW im Dlf. Es gehe um Transparenz und Analyse des Marktes.

Julian Graf im Gespräch mit Georg Ehring | 08.12.2017
    Eine Mitarbeiterin der Deutschen Post nimmt im Briefverteilzentrum in Waiblingen eine Kiste mit Briefen von einem Förderband.
    Das Portal sammele Beschwerden zu allen nachvollziehbaren Briefdienstleistungen und Paketdienstleistungen - völlig unabhängig vom Anbieter, so Julian Graf von der Verbraucherzentrale NRW (pa/dpa/Naupold)
    Georg Ehring: Die Pünktlichkeit ist ein Thema bei der Bahn - aber nicht nur dort, sondern auch bei der Post. Pünktlichkeit ist wichtig für Briefe, wenn etwa Weihnachten vor der Tür steht oder ein Paket rechtzeitig ankommen soll oder auch, wenn ein Abonnement gekündigt wird. Die Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen hat jetzt ein Portal online gestellt. Es heißt Post-Ärger. Mit Julian Graf von der Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen bin ich jetzt telefonisch verbunden. Guten Tag, Herr Graf.
    Julian Graf: Schönen guten Tag.
    Ehring: Herr Graf, Ihr Portal ist erst seit kurzem online. Wie sind die ersten Erfahrungen?
    Graf: Die ersten Erfahrungen - man kann jetzt sagen positiv oder negativ. Wir haben tatsächlich auch schon über 50 Beschwerden zum Briefsektor. Man muss dazu sagen: Das Ganze knüpft ja ein bisschen an unser ehemaliges Portal Paket-Ärger an, wo wir Beschwerden zu Paketdienstleistungen gesammelt haben. Die Beschwerden in dem Rahmen sammeln wir in leicht abgewandelter Form weiter, insofern: Beschwerden gehen ein.
    Beschwerden sammeln - um Stellungnahme bitten - veröffentlichen
    Ehring: Wie nutze ich das Portal, wenn ich mich auch über die Post geärgert habe?
    Graf: Wir stellen da ein entsprechendes Beschwerde-Tool zur Verfügung. Das heißt, da können Sie eintragen, mit welcher Art von Briefdienstleistung beziehungsweise Paketdienstleistung Sie Probleme haben. Sie können den Grund angeben, bestenfalls Ihre Sendungsnummer. Bei den Briefdienstleistungen werden wir dann ausgewählte Beschwerden dem Briefdienstleister vorlegen, um Stellung bitten und das Ganze dann am Ende anonymisiert veröffentlichen.
    Ehring: Das heißt, es geht nicht nur um die Firma Post, sondern um alle Brief- und Paketdienstleister, die es in Deutschland gibt?
    Graf: Richtig. Das ist ganz wichtig. Post meint in dem Sinne, es ist eher eine Anknüpfung an den juristischen Postbegriff. Es geht im Grunde um nachvollziehbare Briefdienstleistungen und Paketdienstleistungen, aber völlig unabhängig vom Anbieter.
    Ehring: Haben Sie denn den Eindruck gewonnen, dass die Post generell weniger zuverlässig geworden ist? Es gibt ja immer wieder Berichte, dass zum Beispiel montags kaum noch Briefe ankommen.
    Graf: Wir sind ja gerade erst am Anfang, um hier entsprechende Erfahrungen auf dem Briefdienstleistungssektor zu sammeln. Insofern: Das muss sich jetzt erst mal zeigen.
    Den Wert von Sendungsverfolgung prüfen
    Ehring: Was soll ich denn als Verbraucher machen, wenn eine Sendung nicht ankommt oder viel später ankommt? Welche Möglichkeiten habe ich da, außer mich bei Ihrem Portal zu beschweren?
    Graf: Grundsätzlich zunächst wenden Sie sich erst mal an den Briefdienstleister, versuchen, mit dem eine Klärung zu finden. Wenn Sie feststellen, da gelangen Sie nicht weiter, haben Sie auch noch die Möglichkeit, sich an die Bundesnetzagentur zu wenden. Die hält eine Schlichtungsstelle vor.
    Ehring: Es gibt Angebote bei der Post, zum Beispiel eine erhöhte Sicherheit dadurch zu bekommen, dass Sendungen verfolgt werden, dass man Pakete versichert. Bringt es das?
    Graf: Das wollen wir im Grunde jetzt wissen. Das Portal soll sich insbesondere auf diese nachvollziehbaren Briefdienstleistungen beziehen, weil wir genau bei denen erfahren wollen: Ist diese Dienstleistung, für die man auch mehr zahlt, tatsächlich auch mehr wert?
    Einschreiben und Expressversand sind sinnvoll
    Ehring: Wann ist es denn richtig, zum Beispiel per Einschreiben einen Brief zu verschicken, weil man der normalen Post nicht traut?
    Graf: Ich würde sagen, es ist gar keine Frage des Trauens, sondern juristisch gesehen geht es darum, dass Sie zum Beispiel bei Kündigungen vor allem den Zugang des Schreibens beweisen müssen, wenn es zum Streit käme. Da kann ein Einschreiben, insbesondere ein Einschreiben mit Rückschein zum Beispiel Ihnen vor Gericht Vorteile bieten, die Sie mit einem normalen Brief einfach nicht hätten.
    Ehring: Es gibt ja auch Angebote, dass das Ganze schneller gehen soll: Expresszustellung. Haben Sie Erfahrungen gemacht, ob Express wirklich schneller ist?
    Graf: Wir haben tatsächlich schon die ersten Beschwerden, die sich darauf beziehen, dass das im Einzelfall nicht der Fall ist. Grundsätzlich gehen wir aber nach den bisherigen Erfahrungen noch davon aus, dass es in der groben Masse noch der Fall ist.
    "Transparenz auf dem Markt schaffen und den gesamten Markt analysieren"
    Ehring: Sie haben Reaktionen bei Ihrem Paket-Ärger schon bekommen. Wie haben denn die Anbieter reagiert, wenn über die Verbraucherzentrale sich jemand beschwert hat? War da der Druck größer, als wenn man selber sich beschwert?
    Graf: Wir haben schon den Eindruck, dass in Einzelfällen der Druck tatsächlich größer war und die Paketdienstleister sich auch noch mal die Einzelfälle angesehen haben. Wir haben Rückmeldungen von Verbrauchern bekommen, die positiv überrascht waren, dass tatsächlich auch ein schönes Ergebnis gefunden wurde. Insgesamt kann so ein Portal, was letztlich darauf abzielt, Transparenz auf dem Markt zu schaffen und den gesamten Markt zu analysieren, zwar keine Einzelfallberatung schaffen, aber insgesamt sehen wir das durchaus als positiven Effekt.
    Ehring: Das ist dann ein positiver Effekt. - Das Portal findet sich unter der Adresse www.post-aerger.de. Herzlichen Dank an Julian Graf von der Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen für dieses Interview.
    Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Der Deutschlandfunk macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.