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Verbraucherpreise
Inflationsrate in Deutschland bleibt niedrig

Alles wird immer teurer - dieser Eindruck vieler Verbraucher täuscht. Das Statistische Bundesamt sagt, die Preise steigen derzeit kaum noch. Gerade die Kosten für Mineralölprodukte sinken. Anders ist es aber bei Nahrungsmitteln.

Von Michael Braun | 15.10.2014
    Jemand dreht an einem Thermostat eines Heizkörpers.
    Der Preisrückgang für Mineralölprodukte halte die Teuerung niedrig, berichtete heute das Statistische Bundesamt. (picture alliance / dpa / Foto: Sven Hoppe)
    Seit drei Monaten rührt sich die Inflationsrate nicht vom Fleck. Auch im September stiegen die Verbraucherpreise gegenüber dem Vorjahr um 0,8 Prozent. Zuletzt war der Preisanstieg im Februar 2010 so niedrig. Damals waren die Spätfolgen der weltweiten Finanzkrise die Ursache. Nun sind es die anhaltenden konjunkturellen Schwächen in der südlichen Eurozone, das langsamere Wachstum in China und in anderen Schwellenländern, die vor allem auf einen Preis drücken: den fürs Öl. Der Preisrückgang für Mineralölprodukte halte die Teuerung niedrig, berichtete heute das Statistische Bundesamt. Leichtes Heizöl habe 7,9 Prozent weniger als im September 2013 gekostet, Benzin und Diesel hätte sich um 4,1 Prozent verbilligt. Im Rhein-Main-Gebiet war der Liter Diesel gestern Abend für 1,27 Euro zu haben. Vor zwei Jahren lag der Preis nach Auskunft des ADAC noch bei gut 1,52 Euro.
    Der niedrigere Ölpreis reißt zwar Lücken in die Kassen der Ölproduzenten. Möglich, dass die Nachfrage von dort auch nach deutschen Exportgütern sinkt. Andererseits machen die sinkenden Energiekosten, die auch Mieter dieses Jahr bei der Heizkostenabrechnung spüren werden, viele Produkte wettbewerbsfähiger. Und sie stärken die Kaufkraft der Verbraucher. David Milleker, Chefvolkswirt der Fondsgesellschaft Union Invest:
    "Der Ölpreisrückgang der letzten Zeit ist für den Euroraum ein Konjunkturprogramm in der Größenordnung von 0,3 Prozent der Wirtschaftsleistung. Das ist eigentlich mehr als wir so über Steuersenkungen überhaupt hinbekämen. Das ist mit Sicherheit ein Effekt, über den sich die EZB nicht sorgt, sondern freut."
    Arbeitslosigkeit macht der EZB Sorgen
    Ohne Berücksichtigung der Preise für Mineralölprodukte, so das Statistische Bundesamt, hätte die Teuerungsrate im September nicht bei 0,8 Prozent, sondern bei 1,2 Prozent gelegen. Immer noch weit entfernt von den knapp zwei Prozent, die die Europäische Zentralbank für die gesamte Eurozone anstrebt. Doch sei es nicht Ziel der Geldpolitik, gegen sinkende Ölpreise anzukämpfen, erklärt Milleker:
    "Ich glaube nicht, dass sich die EZB die Mühe geben würde, die Rohstoffpreise zu bekämpfen. Weil: Das ist zwar ein Treiber, warum wir eine ganz besonders niedrige Inflationsrate haben. Der Haupttreiber, worüber sich die EZB wirklich Sorgen macht, ist halt dieser rasante Anstieg der Arbeitslosigkeit, die wir in der europäischen Peripherie gesehen haben, dass dort die Löhne eigentlich nicht steigen und die Preise auch nicht steigen, sondern sehr nahe an der Nullmarke, also an der Grenze zur Deflation kratzen. Das ist nur eine Situation, die dann sehr unangenehm wird. Weil wenn die Preise fallen, fallen auch die Einkommen. Und wenn die Einkommen fallen, wird natürlich der Schuldendienst schwieriger. Das ist schon ein Thema, wo die EZB sich wirklich drum kümmert."
    Den sinkenden Preisen für Öl und Kraftstoffe stehen aus Sicht der Verbraucher steigende Ausgaben für Strom - plus 1,8 Prozent - und für Lebensmittel gegenüber. Nahrungsmittel kosteten im September 0,9 Prozent mehr als vor einem Jahr. Quark verteuerte sich besonders deutlich, um 13,9, Sahne um 7,4 Prozent. Gesunken sind dagegen die Preise für Butter, Gemüse und Obst. Äpfel etwa waren 17 Prozent billiger zu haben, was nicht nur saisonale Gründe hat. Es wirkt sich auch das größere Angebot aus, nachdem Russland Obstimporte als Gegensanktion ausgesetzt hat.
    Die Teuerung dürfte einstweilen niedrig bleiben. Die Bundesregierung erwartet in diesem Jahr eine durchschnittliche Inflationsrate von 1,1 und im nächsten Jahr von 1,6 Prozent. Sie hofft bei Tarifabschlüssen von im Schnitt drei Prozent darauf, dass die reale Kaufkraft spürbar zunehme.