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Verbraucherschutz
Günstiger Strom schwer zu finden

Immer wieder beklagen Verbraucherschützer mangelnde Transparenz bei Stromanbietern. Nun haben Wirtschaftsprüfer aus Saarbrücken die bekanntesten Anbieter unter die Lupe genommen und ihre Ergebnisse veröffentlicht.

Von Tonia Koch | 10.01.2014
    Unübersichtlicher könnte der Markt nicht sein. Über 1000 Strom- und Gasanbieter tummeln sich allein in Deutschland. Die meisten Firmen sind in kommunaler Hand wie etwa die Stadtwerke. Am Start sind auch überregional tätige unabhängige Anbieter, die ihren Strom unter verschiedenen Markennamen, zuweilen auch unter Fantasienamen verkaufen. Vielfach weiß der Verbraucher nicht, wer hinter dem gut klingenden Namen steckt. Das Ergebnis dieser Vielfalt ist Zurückhaltung. 40 Prozent der Kunden trauten sich einen Anbieterwechsel nicht zu und steckten daher noch immer in Gundversorgungs-Tarifen fest, sagt Holger Krawinkel Energieexperte beim Bundesverband der Verbraucherzentralen.
    “Wenn wir sagen, sie können bei einem Anbieterwechsel vielleicht 100 Euro sparen bei einem Durchschnittsverbrauch von 3500 Kilowattstunden, dann sind das drei Cent pro Kilowattstunde. Das sind 10 Prozent Preisunterschied, das rentiert sich schon.“
    Dass die Vorsicht der Stromkunden durchaus berechtigt ist, zeigt die Studie des Saarbrücker Instituts für Wirtschaftsprüfung IWP. Die Wissenschaftler haben sich das Geschäftsgebaren der zehn bekanntesten überregionalen Anbieter angeschaut, darunter zum Beispiel Naturstrom, Care-Energy und stromio sowie die großen Energieversorger wie RWE oder E.ON. Institutsleiter Professor Michael Olbrich.
    "Die großen Energieanbieter sind alle im positiven Sinne unauffällig. Sie positionieren sich sehr stark im Mittelfeld."
    Das IWP hat auf die Kapital- und Personalausstattung der Unternehmen geschaut, auf die Zahl der Kunden und auf den Anteil an grünem Strom. Als Datenbasis dienten die Geschäftsberichte der Unternehmen. Aber längst nicht alle waren auf dem neuesten Stand. Manche Unternehmen weigerten sich gar, Geschäftszahlen herauszugeben. Die Forscher zeichnen ein heterogenes Bild.
    Vorsicht bei Vergleichsportalen
    Unter den zehn unabhängigen Anbietern gibt es wirtschaftlich gesunde Unternehmen, andere bewegen sich wegen unzureichender Kapitalausstattung auf sehr dünnem Eis. Darüber, welche Folgen das haben kann, will Professor Olbrich jedoch nicht spekulieren, dafür sei die untersuchte Datenbasis insgesamt zu gering.
    "Ich muss mir immer bewusst sein, diese Daten aus dem Jahresabschluss sind vergangenheitsorientiert und geben nur gewisse Rückschlüsse über die zukünftige Entwicklung."
    Unter den Anbietern, die in der IWP-Studie nicht sonderlich gut abschneiden, sind auch solche, die in Vergleichsportalen wegen ihrer günstigen Preise empfohlen werden. Das interessiert den Bund der Energieverbraucher. Dieser will die Studienergebnisse in ein Vergleichsportal einfließen lassen. Es soll über die vielen Strom- und Gasanbieter mehr Informationen liefern als lediglich den Strom- oder Gaspreis. In etwa drei Wochen soll das Portal im Internet freigeschaltet werden. Aribert Peters, Sprecher des Verbandes der Energieverbraucher.
    "Die Frage, ob eine Firma möglicherweise in die Insolvenz geht, ist für Verbraucher schon eine wichtige Frage, egal ob damit finanzielle Aspekte verknüpft sind oder nicht. Es ist unangenehm für den Verbraucher.“
    Sofern der Kunde sich nicht auf Tarifmodelle mit Vorauskasse einlässt, ist sein Risiko den Anbieter zu wechseln gering. Denn im Falle einer Pleite hat er keine finanziellen Einbußen und der örtliche Versorger springt automatisch ein und liefert Strom und Gas.