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Sparmaßnahmen der dpa
"Ein enorm schmerzhafter Schritt"

In Lateinamerika gibt es fast nur staatliche Nachrichtenagenturen. Um unabhängig zu berichten, greifen Journalisten deswegen auf die Deutsche Presse-Agentur zurück - noch. Nun schließt die dpa ihren spanischen Textdienst.

Ivo Marusczyk im Gespräch mit Bettina Köster | 21.11.2018
    Das Logo der Deutschen Presse-Agentur dpa ist am 01.05.2018 an einem modernen Bürogebäude in der Markgrafenstraße in Berlin zu sehen. Hier sitzt die dpa-Zentralredaktion mit dem zentralen Newsroom.
    Ab Januar bietet die Deutsche Presse-Agentur keine Textnachrichten aus Lateinamerika mehr an. (picture alliance / Wolfram Steinberg)
    Die Deutsche Presse-Agentur (dpa) ist nicht nur für viele deutsche Medien unverzichtbar. Sie wird auch im Ausland genutzt und bietet Texte auf Arabisch, Englisch und Spanisch an. Zum Jahresende will die dpa allerdings ihren spanischsprachigen Textdienst schließen und stattdessen vor allem auf Videos und Fotos setzen.
    Peter Kropsch, Vorsitzender der dpa-Geschäftsführung, sprach gegenüber dem Dlf von "einem enorm schmerzhaften Schritt". Dieser sei aber "absolut notwendig wegen hoher Verluste und wegen einer sehr schwierigen Marktsituation". Betroffen sind rund 40 angestellte Mitarbeiter, vor allem in Spanien und Lateinamerika.
    Journalisten sind auf die dpa angewiesen
    Ivo Marusczyk, ARD-Korrespondent in Südamerika, sieht die Entscheidung kritisch. "Für die Medien hier in Südamerika war die dpa eine sehr, sehr wichtige Quelle", sagte er im Dlf. Vor allem für unabhängige Berichterstattung sei sie relevant, auch wenn es um die Nachbarländer gehe. "Da war die dpa einer der ganz großen Player und auch eine der höchstangesehenen Quellen."
    Teilweise würden Zeitungen sogar bei Berichten über das eigene Land auf die Agenturtexte zurückgreifen: "Ich war immer wieder überrascht, wenn man hier in Zeitungen blättert, dass man auch dpa-Texte findet."
    Südamerikanische Zeitungen zahlen zu wenig
    Das liegt vor allem daran, dass die Journalisten kaum Alternativen haben: Es gibt in Südamerika weder öffentlich-rechtliche Medien noch größere unabhängige Agenturen. Die staatlichen Agenturen verbreiteten mehr oder weniger Propaganda, sagte Marusczyk. Lediglich die Nachrichtenagenturen EFE aus Spanien und AFP aus Frankreich kämen als Ausweichmöglichkeit in Betracht: "Aber man muss dazu sagen, die gelten als nicht ganz so unabhängig wie die dpa."
    Die wirtschaftliche Argumentation der dpa kann der Südamerika-Korrespondent dennoch nachvollziehen. "Die dpa hat definitiv Kunden verloren. Vielen Zeitungen hier in Südamerika geht es noch schlechter als es den Zeitungen bei uns geht."
    Das habe man zuletzt auch in Brasilien gesehen: "Die jungen Leute in Brasilien haben gesagt, sie verlassen sich eigentlich bei den Wahlen überhaupt nicht mehr auf die Medien, sondern sie holen sich ihre Info im Wesentlichen über Whatsapp, über die sozialen Netzwerke. Wir haben in Brasilien gesehen, wohin das führt: Über eine Kampagne, die fast nur über die sozialen Netzwerke geführt wurde, konnte ein rechtsradikaler Kandidat die Wahl gewinnen."
    Folgen auch für deutsche Berichtesrattung
    Die Sparmaßnahmen der dpa könnten auch Folgen für die deutschen Medien haben, warnte Maruscyk. Denn die deutschsprachige Berichterstattung über Südamerika werde darunter leiden. Die dpa habe zwar auch eigene Korrespondenten in Südamerika, die hätten aber die Recherchen ihrer spanischsprachigen Kollegen häufig genutzt. "Von daher bin ich leider ganz sicher, dass auch die Berichterstattung über Südamerika in den deutschen Medien ein gutes Stück ärmer wird", sagte Marusczyk.