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Vereint für Europa
Anti-Brexit-Demo in London

Tausende Menschen sind am Samstag in London für Europa und gegen den Brexit auf die Straße gegangen Derweil hat Der letzte Parlamentarier der EU-feindlichen Ukip seinen Parteiaustritt erklärt. Begründung: Mit dem Brexit habe er seinen Job erledigt.

Von Stephanie Pieper | 25.03.2017
    EU-Befürworter schwenken in London einen Union Jack mit den Sternen der EU-Flagge.
    EU-Befürworter bei einer Protestaktion gegen den Brexit in London. (DANIEL LEAL-OLIVAS / AFP)
    Während die Staats- und Regierungschefs aus 27 EU-Ländern heute in der italienischen Hauptstadt den 60. Jahrestag der Römischen Verträge feierten, bereitet sich das Noch-Mitglied Nummer 28 auf den Austritt vor: Die britische Premierministerin Theresa May will am kommenden Mittwoch formell den Brexit anmelden. Heute demonstrierten in London und anderen britischen Städten tausende Menschen gegen den bevorstehenden Austritt und für die EU.
    Sie sind die 48 Prozent: Jene Briten, die vor einem Dreivierteljahr gegen den Brexit gestimmt haben – und die noch immer traurig und wütend darüber sind, dass Großbritannien die EU bald verlassen wird. So wie die 35-jährige Producerin Brydie, die extra für den Protestmarsch aus Bristol nach London gefahren ist:
    Ein Teil ihrer Familie – und auch ihr Freund – stammt aus Italien. Brydie ist besorgt, weil die mehr als drei Millionen Menschen aus anderen EU-Ländern immer noch keine Gewissheit haben, ob sie in Großbritannien bleiben dürfen oder nicht. Die gebürtige Polin Anja lebt schon seit mehr als 30 Jahren auf der Insel und hat einen britischen Pass. Sie trägt für die Demo die Europa-Flagge gewissermaßen auf dem Kopf, als blaue Strickmütze mit zwölf goldenen Sternen:
    "Wir sind belogen worden", klagt sie, "der Brexit wird ein Desaster für das Land". Die 52-Jährige lehrt an der Uni Canterbury und hat Blumen mitgebracht, die sie beim Parlament niederlegt, um der Opfer des Terror-Anschlags zu gedenken. Viele Demonstranten halten selbstgemalte Plakate hoch, auf denen steht etwa "Stop Brexit", "We love EU" und "Wir sind die europäische Familie". Der Londoner Anwalt Shaun hat sich in eine große EU-Fahne gehüllt; er fände es besser, wenigstens im europäischen Binnenmarkt zu bleiben.
    Den "Kummer in europäischem Wein ertränken"
    Aber der harte Brexit sei wohl unvermeidlich, so der 34-Jährige, da die Tory-Premierministerin Theresa May sich ihren Kurs von den Brexit-Hardlinern aufzwingen lasse. Einige hier hoffen, dass der EU-Austritt am Ende der zweijährigen Verhandlungen noch zu stoppen ist – entweder durch einen zweiten Volksentscheid oder durch ein Votum des Parlaments. Darauf setzt auch Chris, der aus dem Nordwesten Englands für die Demo angereist ist:
    "Einen besseren Deal als jetzt wird’s nicht geben", meint der 61-jährige Steuerberater. Am kommenden Mittwoch will May den 27 EU-Partnern den Brexit-Brief schicken, das ist der Einstieg in den Ausstieg: Ein trauriger Tag, sagen viele Teilnehmer des Protestmarsches, den sie niemals erleben wollten – auch Hannah nicht. Sie werde wahrscheinlich weinen, sagt die Londoner Lehrerin, und ihren Kummer in europäischem Wein ertränken. Andere dagegen jubeln, weil der Brexit-Zug endlich ins Rollen kommt – etwa Douglas Carswell, bislang der einzige Abgeordnete von Ukip im britischen Parlament.
    Heute jedoch kündigte er an, die EU-feindliche Partei zu verlassen – weil die ihren Job erledigte habe.
    Douglas Carswell ist nicht mehr länger in der EU-feindlichen Ukip.
    Douglas Carswell ist nicht mehr länger in der EU-feindlichen Ukip. (dpa / picture alliance / Will Oliver)
    Carswell war 2014 von den Konservativen zu Ukip gewechselt, hatte sich jedoch später mit dem damaligen Parteivorsitzenden Nigel Farage überworfen – und will künftig als unabhängiger Abgeordneter im Unterhaus sitzen.