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Vereitelter Terroranschlag
Fieberhafte Suche nach Komplizen

Hatte das terrorverdächtigte Paar Halil und Senay D. aus Oberursel Kontakte zu Al-Quaida? Derzeit ermitteln die Behörden in alle Richtungen und lassen sich auch nicht in die Karten schauen. Offenbar gibt es aber Verbindungen zur berüchtigten "Sauerlandgruppe".

Von Ludger Fittkau | 02.05.2015
    Zwei Polizisten, eine Frau in Zivil und eine Mitarbeiterin der Spurensicherung in weißem Schutzoverall stehen vor einem Appartment.
    Experten der Polizei sichern am 30. April Spuren in einem Appartmentkomplex in Oberursel. (dpa / Boris Roessler)
    Dass hessische Landeskriminalamt will Zeitungsberichte nicht bestätigen, nach denen das terrorverdächtigte Paar Halil und Senay D. aus Oberursel Kontakte zum Netzwerk Al-Qaida hatte. Verschiedene Medien hatten berichtet, Halil D. habe in Spanien Mitglieder der radikal-islamistischen Bewegung "Sharia4Spain" getroffen, die dort Kämpfer für al-Qaida in Nordafrika rekrutiert.
    Die Ermittlungsbehörden suchen weiter fieberhaft nach möglichen Mittätern des wahrscheinlich auf das Frankfurter Radrennen am 1. Mai geplanten Anschlages. Das bestätigt Stefan Müller, Präsident der Polizeibehörde Westhessen in Wiesbaden. Halil D. sei eine Person mit belegbaren Kontakten zu anderen Islamisten, so Müller:
    "Es ist klar: Sie hat Kontakte in die Salafistenszene des Rhein-Main-Gebietes. Die Fragen liegen alle auf der Hand. Einzeltäter, Zelle, Mittäter. Anderes Tatgeschehen."
    Die Liste der potentiellen Mittäter führt nach den Recherchen der Zeitung "Die Welt" etwa nach NRW, in den Großraum Düsseldorf, sowie zu Adem Y., einem führenden Mitglied der sogenannten "Sauerlandgruppe", die 2007 verschiedene Anschläge in Deutschland plante - auch in Hessen.
    Adem Y., Mitglied dieser Gruppe, stammt aus Südhessen, aus Langen bei Darmstadt. Er verbüßt seit 2010 eine elfjährige Haftstrafe. Das Hessische Landeskriminalamt war schon ab 2002 auf Adem Y. aufmerksam geworden und bezeichnete ihn damals als einen "Kristallisationspunkt" der radikal-islamistischen Szene "für die Region Frankfurt und Hessen."
    Zu vielen Fragen schweigen die Behörden noch
    Klar ist heute: Adem Y. rekrutierte schon vor rund zehn Jahren junge Muslime des Rhein-Main-Raumes für den Dschihad - damals zunächst im pakistanisch-afghanischen Grenzgebiet. Kannten sich Adem Y. und der Oberurseler Anschlags-Verdächtige Halil D. schon aus dieser Zeit? Auch zu dieser von der "Welt" aufgeworfenen Frage schweigen die Behörden noch. Stefan Müller, Präsident der Polizeibehörde Westhessen in Wiesbaden:
    "Das LKA hat die Ermittlungen übernommen, aber wir werden keine Aussage dazu treffen: Ist es ein Einzeltäter? Ist es eine Zelle? Sind andere unterwegs? Dazu laufen derzeit die Ermittlungen mit Hochdruck. Das LKA hast eine eigene Sondereinheit aufgerufen."
    Laut Landeskriminalamt Hessen wird es einige Wochen dauern, bis die Materialien gesichtet sind, die in der Wohnung des verhafteten Paares gefunden wurden. Es handelt sich um Papiere sowie digitales Material, so das LKA.
    Rhein-Main-Gebiet ein Brennpunkt für Islamisten
    Entwarnung wollen die Behörden nach Verhaftung des Oberurseler Paares nicht geben. Hessens Innenminister Peter Beuth (CDU) spricht von mittlerweile rund 7.000 Salafisten in Deutschland, davon allein rund 1.500 in Hessen.
    "Es gibt nach wie vor in Deutschland und auch in Hessen eine abstrakt hohe Gefährdung. Das hat sich jetzt auch hier bewahrheitet. Bleibt festzuhalten, dass wir durch diesen Vorfall sehen, das wir insgesamt sehr wachsam bleiben müssen."
    Das Rhein-Main-Gebiet ist seit Jahren ein Brennpunkt für Aktivitäten radikaler Islamisten: Bereits 2011 hatte es am Frankfurter Flughafen einen Doppelmord an zwei US-Soldaten durch den Dschihadisten Arid Uka gegeben.
    Erst im November 2014 war ein anderes Ehepaar aus Frankfurt mit Sprengstoff im Gepäck an der syrisch-irakischen Grenze aufgegriffen wurden - auf dem Weg zurück nach Deutschland. Es besteht der Verdacht, dass Islamisten aus der hessischen Szene im Auftrag von Terrororganisationen versuchen, Bombenbauteile nach Deutschland zu schmuggeln.