Samstag, 20. April 2024

Archiv

Margot Käßmann
"Abgrenzung ist angstgetrieben"

Die Reformationsbotschafterin der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Käßman, hat vor einer Instrumentalisierung des Begriffs "christliches Abendland" in Abgrenzung zum Islam gewarnt.

01.04.2018
    Die Reformationsbotschafterin, Margot Käßmann, steht vor dem Lutherhaus in Eisenach (Thüringen).
    Die Reformationsbotschafterin Margot Käßmann (pa/dpa/Reichel)
    Wer sich auf das christliche Abendland berufe, müsse sich auch den christlichen Werten von Nächstenliebe und des Schutzes der Fremden stellen, sagte Käßmann im "Interview der Woche" des Deutschlandfunk. Gleichzeitig sei sie "schockiert", dass viele Menschen nicht mehr wüssten, woher die christliche Kultur und Feiertage stammten.
    Abgrenzung sei eine von der Angst getriebene Position, der man nur durch Begegnung und Gespräch mit Muslimen offensiv begegnen könne. Dabei müsse es vor allem um die Bedeutung gehen, die Christen und Muslime ihren Glaubensinhalten beimessen.
    Auch mit den Anhängern der AfD müsse man das Gespräch suchen, sagte Käßmann. Für Menschen, die Hass auf anders Denkende verbreiteten, sei die Botschaft der christlichen Nächstenliebe aber wahrscheinlich eine Provokation.
    Mit Blick auf ihre zahlreichen Funktionen innerhalb der evangelischen Kirche betonte Käßmann die Vorbildfunktion von Amtsträgern. Von Menschen, die ein öffentliches Amt innehätten, könne erwartet werden, das sie sich der Verantwortung auch in Bezug auf ihren Lebensstil stellten, sagte Käßmann im Interview der Woche im Deutschlandfunk. Zu einem vorbildlichen Lebenswandel gehöre Transparenz und Ehrlichkeit, aber auch ein offenes Eingeständnis der eigenen Fehler. Käßmann war 2010 als EKD-Ratsvorsitzende zurückgetreten, nachdem bekannt geworden war, dass sie alkoholisiert Auto gefahren war.
    Die evangelische Theologin unterstrich, ein vorbildlicher Lebenswandel bedeute nicht, dass Menschen absolut fehlerfrei leben könnten. Eine Grundvoraussetzung sei aber der respekt- und würdevolle Umgang mit anderen Menschen, ungeachtet der Herkunft, Hautfarbe und des Geschlechts.
    Käßmann äußerte sich auch zum Frauenmangel in Führungsämtern der evangelischen Kirche. Für viele Pfarrerinnen sei es immer noch erstrebenswerter, vor Ort zu arbeiten, als ihre Lebenszeit mit Verwaltung oder Gremientätigkeit zu verbringen. Sie sei aber überzeugt, dass Frauen in den Gremien auch den Stil veränderten - gerade Frauen mit Familie seien wesentlich zeiteffektiver. Das tue der Kirche auch gut.