Freitag, 29. März 2024

Archiv

Verhandlungen beim Klimagipfel
"Es ist ein ziemlich diffuses Bild"

Der CDU-Umweltpolitiker Thomas Gebhart sieht bei der UNO-Klimakonferenz in Lima einige Entwicklungsländer in der Rolle der Bremser. Im Deutschlandfunk sagte er, auch Staaten wie Saudi-Arabien seien in bestimmten Bereichen überhaupt nicht bereit, sich auf Maßnahmen gegen den Klimawandel einzulassen. Trotzdem zeigte er sich zuversichtlich.

13.12.2014
    Das Logo des COP20-Weltklimagipfels in Peru als Banner auf einem Dach.
    Der Weltklimagipfel in Lima ist in der Schlussphase - was wurde erreicht? (dpa / picture alliance / Paolo Aguilar)
    "Es ist oft schwierig zu sagen, weil sich manchmal hinter einzelnen Ländern wiederum andere Länder verstecken", sagte Gebhart im Deutschlandfunk. "Es ist ein ziemlich diffuses Bild im Moment", was die Verhandlungen bei der Klimakonferenz in Lima angeht. Gebhart rechnet aber damit, dass es im Laufe des Tages eine Einigung gebe. Die deutsche Seite trete dafür ein, dass der Vertrag, der nächstes Jahr in Paris geschlossen werden soll und der gerade in Lima vorbereitet wird, rechtlich so klar und verbindlich wie möglich ist.
    Gebhart sagte, es sei schwer, Kompromisse zu finden, weil bei den Verhandlungen das Einstimmigkeitsprinzip herrsche, das heißt, man kann sich nur auf das verständigen, was alle zusammen mittragen.
    Die UNO-Konferenz in Peru hätte eigentlich gestern Abend zu Ende gehen sollen, dauert aber noch an. Vertreter von 195 Staaten beraten über Grundzüge eines Klimaabkommens für die Zeit nach 2020.

    Das Interview in voller Länge:
    Jürgen Zurheide: Zunächst einmal die Frage: Ja, ist das die übliche Verlängerung, die man da hat? Das kennt man ja von internationalen Konferenzen, dass man dann doch noch ein bisschen Zeit braucht. Ist das die übliche Dramaturgie oder geht es heute etwas darüber hinaus?
    Thomas Gebhart: Ich habe das auch die letzten Jahre so erlebt, dass eigentlich die Konferenz Freitagabend enden sollte und dann ging es doch in die Verlängerung, noch weit in die Nacht, manchmal dann weit in den Samstag hinein, weil eben die Konflikte wieder aufbrechen und es unglaublich mühsam ist, einen Kompromiss zu finden zwischen allen Staaten, die beteiligt sind. Man muss sich klarmachen, es sind fast 200 Länder am Verhandlungstisch. Und es gilt bei diesen Verhandlungen das Einstimmigkeitsprinzip. Und ich glaube, alleine dies macht deutlich, wie schwer es ist, Kompromisse zu finden.
    Zurheide: Jetzt kommen wir noch mal zu den Kernkonfliktpunkten: Wo sehen Sie denn im Moment die wichtigsten Konfliktpunkte?
    Gebhart: Der wichtigste Konfliktpunkt, so wie er sich jetzt in den letzten Stunden abgezeichnet hat, war die Frage, wie genau die Verpflichtungen der Staaten sein sollen, also die Minderungsverpflichtungen mit Blick auf Treibhausgasemissionen, die die Staaten bis Ende März 2015 vorlegen sollen, wie detailliert soll es sein, wie nachprüfbar sollen diese Verpflichtungen sein. Darum kreiste sich jetzt vor allem der Konflikt.
    "Wir wollen ein weltweites Abkommen erzielen, das möglichst alle Staaten in die Pflicht nimmt"
    Zurheide: Der Kernpunkt, zumindest was wir auch gerade gehört haben, ist die rechtliche Verbindlichkeit. Für welche rechtliche Verbindlichkeit tritt die deutsche Seite ein?
    Gebhart: Die deutsche Seite tritt natürlich dafür ein, dass dieser Vertrag, der nächstes Jahr in Paris geschlossen werden soll, so verbindlich und so rechtlich klar wie möglich ist. Denn wir wollen ein weltweites Abkommen erzielen, das möglichst alle Staaten in die Pflicht nimmt. Und davon wiederum hängt ab und dies bedeutet eben auch, dass die Verpflichtungen, die die Staaten eingehen, möglichst genau und möglichst überprüfbar sein müssen, möglichst wenig Schlupflöcher. Und darüber wird im Moment gestritten.
    Zurheide: Wo sehen Sie denn im Moment die Bremser?
    Gebhart: Die Bremser sind zum Teil im Bereich der Entwicklungsländer, aber auch Länder wie Saudi-Arabien zum Beispiel, die ganz klar gesagt haben, da gibt es rote Linien und sie sind überhaupt nicht bereit, über bestimmte Linien hinauszugehen. Es ist oft schwierig, zu sagen, weil sich manchmal hinter einzelnen Ländern wiederum andere Länder verstecken. Es ist ein ziemlich diffuses Bild im Moment und ich hoffe, dass es gelingt, in den nächsten Stunden alles zusammenzubinden.
    "Deutschland gilt als Vorreiter"
    Zurheide: Jetzt könnte man natürlich auch fragen, wie ist die deutsche Haltung. Ich weiß nicht, wie Sie die selbst wahrnehmen, wahrscheinlich sehen Sie sie nicht so negativ wie der eine oder andere, der aus dem eher grünen Sektor das beurteilt und sagt, na ja, die Deutschen waren mal Vorreiter, das ist vorbei. Wie sehen Sie die eigene Rolle?
    Gebhart: Also, diese Einschätzung würde ich als absurd bezeichnen. Wir hatten auf dieser Konferenz sehr viele Gespräche mit anderen Delegationen, und einhellig war die Auffassung, Deutschland hat eine absolute Vorreiterrolle. Das wird so gesehen in der ganzen Welt. Und es wurde sehr positiv aufgenommen, dass Deutschland in der letzten Woche diesen nationalen Klimaaktionsplan vorgelegt hat. Also, Deutschland ist überhaupt nicht das Problem bei diesen Verhandlungen, Deutschland gilt als Vorreiter, auch die Europäische Union insgesamt gilt als Vorreiter, das Problem liegt nicht bei uns.
    Zurheide: Wiederum, man wird sagen dürfen: Der Klimaplan ist da, aber viele sagen – nicht zuletzt mit Augenzwinkern –, na ja, wenn wir die Ziele nicht ganz einhalten, dann ist es auch nicht ganz so schlimm. Ist das eine zu zugespitzte Variante?
    Gebhart: Das ist eine zugespitzte Variante, die auch nicht den Kern trifft. Wir haben ja gesagt, wir wollen die Treibhausgasemissionen um 40 Prozent reduzieren. Und weil nach jetziger Entwicklung diese 40 Prozent wahrscheinlich nicht geschafft werden, unternehmen wir zusätzliche Anstrengungen. Wir haben ein ganzes Bündel von Maßnahmen auf den Weg gebracht oder jetzt vorgeschlagen, um diese 40 Prozent doch noch zu erreichen. Das zeigt: Wir nehmen dieses Ziel sehr ernst. Und insofern sind wir vorbildlich und ich kann nur noch mal wiederholen, das wird im Grunde in der ganzen Welt so gesehen. Deutschland hat ein unglaublich hohes Ansehen bei diesen Verhandlungen. Und wenn man diese Verhandlungen, diese Gespräche hier auf dieser Ebene erlebt, dann ergibt sich ein komplett anderes Bild als dieses Bild, das man manchmal erhält, wenn man die deutschen Debatten sieht.
    "Auch dieser weltweite Vertrag wird das Problem alleine nicht lösen"
    Zurheide: Herr Gebhart, jetzt zum Schluss die Frage, die ich natürlich stellen muss: Erstens wann wird Schluss sein, und wie optimistisch sind Sie, dass es ein Ergebnis gibt, was wirklich, ja, Richtung Paris dann das bringt, was eigentlich die Welt erwartet?
    Gebhart: Ich bin zuversichtlich, dass es ein Ergebnis geben wird, das eine wichtige Etappe auf dem Weg nach Paris sein wird. Um wieviel Uhr dieses Ergebnis erzielt werden kann, kann ich Ihnen nicht sagen. Das kann sich hinziehen, das weiß kein Mensch im Moment. Ich bin zuversichtlich, dass wir ein Ergebnis erzielen werden, ich sage aber auch, weil ich realistisch genug bin: Auch Paris, auch dieser weltweite Vertrag wird das Problem alleine nicht lösen, weil es einfach Grenzen dessen gibt, was dieser Einstimmigkeitsprozess erzielen kann. Und deswegen muss ein Zweites hinzukommen, und das ist Technologie, Technologie, die es erlaubt, Umwelt- und Klimaschutz auf der einen Seite in Übereinstimmung zu bringen mit Wachstum und Wohlstand. Das ist der Schlüssel zur Lösung der Probleme.
    Zurheide: Danke schön. Das war Thomas Gebhart von der CDU, Mitglied im Umweltausschuss und live von der Klimakonferenz in Peru.
    Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Der Deutschlandfunk macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.