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Verkauf
Vattenfalls Braunkohle wird tschechisch

Die ostdeutsche Vattenfall-Braunkohlesparte geht an den tschechischen Energiekonzern EPH, sollte die schwedische Regierung dem Verkauf zustimmen. Dann allerdings würde EPH der größte Energieversorger in Mitteleuropa. Die Umweltorganisation Greenpeace warnt vor einer "tickenden CO2-Bombe".

Von Vanja Budde | 18.04.2016
    Braunkohlekraftwerk in Jänschwalde (Brandenburg) (Aufnahme von 2015)
    Mit der tschechischen EPH als Betreiber könnte es neue Tagebaue geben. (picture alliance / dpa / Foto: Patrick Pleul)
    Der rot-roten Landesregierung und den Kohle-Befürwortern in der Lausitz fiel hörbar ein Stein vom Herzen. Ministerpräsident Dietmar Woidke zeigte sich erleichtert, dass die monatelange Unsicherheit für die 8.000 Kumpel und die ganze Region damit ein Ende habe. Wirtschaftsminister Albrecht Gerber von der SPD konstatierte zufrieden, dass Vattenfall 1,7 Milliarden Euro für die künftige Renaturierung der Tagebaue an die EPH überträgt:
    "Und das ist ganz klar, dass wir das wie üblich auch weiterhin überprüfen werden, auch bei einem neuen Eigentümer, ob diese Rückstellungen ausreichen, um diese Rekultivierungsverpflichtungen zu erfüllen. Da lassen wir gar keine Luft dran."
    Überprüfen reiche nicht, um zu verhindern, dass am Ende der Steuerzahler für die milliardenteure Renaturierung herhalten muss, wandte die klimapolitische Sprecherin der Grünen-Bundestagsfraktion ein, die Brandenburgerin Annalena Baerbock:
    "Jetzt ist die Frage, ob die Landesregierung endlich ihre Verantwortung annimmt, und diese Rückstellungen öffentlich sichert. Weil, dass die erst einmal an EPH übergehen, heißt ja noch nicht, dass sie dann, auch in den nächsten Jahren und vor allem Jahrzehnten – weil, wenn man jetzt noch neue Tagebaue erschließt, dann ist das Problem ja noch etwas länger da – dass diese Mittel dann auch wirklich weiterhin bereit gestellt werden."
    Der Verkauf konterkariere sämtliche Klimaziele von Paris, kritisierte Baerbock. Ob es mit und damit weitere Brandenburger Dörfer, die den Kohlebaggern weichen müssen, darüber werde er mit EPH nun sprechen, kündigte Wirtschaftsminister Gerber an. Er nannte das Konsortium aus Prag einen erfahrenen Partner, der die tarifvertraglichen Regelungen bei Vattenfall übernehme und sich auch verpflichtet habe, dem Unternehmen in den kommenden Jahren keine Gewinne zu entziehen. EPH sehe trotz der schwierigen Bedingungen bis auf weiteres eine Zukunft für die Braunkohle in Deutschland, lobte Gerber. Die Tschechen hätten in den Vorgesprächen klar gemacht:
    "Dass aus ihrer Sicht die Energiewende in Deutschland länger dauern wird als sich die deutsche Politik das im Moment vorstellt. Sie glauben einfach daran, dass das noch eine Weile so sein wird, dass wir konventionelle Energieerzeugung in Deutschland brauchen. EPH setzt darauf, dass sie noch länger mit konventioneller Energieversorgung Geld verdienen können."
    Oder aber mit der Stilllegung der alten Meiler, hielt die grüne Klimapolitikerin Baerbock dagegen:
    "Darauf spekulieren Investmentfonds, dass sie diese Gewinne noch abziehen. Und das sieht man zum Beispiel auch bei EPH, die ja das Kraftwerk Buschhausen übernommen haben, in Form von der MIBRAG. Sie hatten es gerade gekauft und jetzt wird es stillgelegt und sie kriegen dafür vom Staat noch Millionen. Und dass ist eine Strategie, die EPH sicher sicherlich jetzt auch mit Blick auf die Lausitz weiter verfolgt. Zumal sie das zum Beispiel auch in Großbritannien genau so getan haben."
    Da Vattenfall ein Staatskonzern ist, muss die schwedische Regierung dem Verkauf an die EPH noch zustimmen. Mit einer endgültigen Entscheidung wird im Sommer gerechnet. Die Umweltorganisation Greenpeace rief die Schweden dazu auf, den Deal zu stoppen: Eine – Zitat - tickende CO2-Bombe wie die Lausitzer Braunkohle an den fossilen Energiedinosaurier EPH weiterreichen zu wollen, sei skandalös. Verantwortung für den Klimaschutz lasse sich nicht verkaufen.