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Verkehrspolitik in Freiburg
Stadt der kurzen Wege

Zentrale Routen, eine dichte Taktung, bezahlbare Fahrkarten - damit hat sich Freiburg zur Musterstadt beim öffentlichen Nahverkehr gemausert. Dahinter stehen ausdrücklich politischer Wille und eine Verkehrspolitik, die sich den Bedürfnissen der Menschen verpflichtet fühlt.

Von Thomas Wagner | 02.08.2017
    Straßenbahn in Freiburg am 11.8.2014.
    Neben einem attraktiven öffentlichen Nahverkehr gibt es in Freiburg auch eine ausgetüftelte Infrastruktur für Radfahrer. (imago / Westend61)
    Schon wieder ein Triebwagen S-Bahn-Station Hauptbahnhof in Freiburg. Mit den augenblicklich ein- und ausfahrenden Zügen geht es zu wie im Taubenschlag.
    "Das ist super, weil man sehr schnell von A nach B kommt, weil ich aussuchen kann, wo ich einkaufen kann, wo ich kurze Wege zum Tragen habe. Also ich find’s super in Freiburg. Die öffentlichen Verkehrsmittel? Ich find' sie sehr gut: Man muss recherchieren. Und dann führen viele Wege ans Ziel."
    Hohe S-Bahn-Nutzung ist politischer Wille der Stadt
    Viele nutzen das Angebot, mehr als in anderen vergleichbaren Städten.
    "Wir hatten im vergangenen Jahr etwa 79 Millionen Fahrgäste. Wenn man das auf den Tag herunter bricht, sind das etwa 215.000 am Tag. Und das ist in etwa die Einwohnerzahl der Stadt Freiburg. Da werden sie relativ lang suchen müssen nach einer Stadt, die diesen Wert toppt."
    Die Betriebsleitstelle der Freiburger Verkehrs-AG. Blinkende Lichter auf großen Monitoren zeigen an, wo gerade die S-Bahnen verkehren. Unternehmenssprecher Andreas Hildebrandt betont: Die hohe Anzahl der S-Bahn-Nutzer ist seit Jahrzehnten erklärter politischer Wille der Stadt.
    "Diese Verkehrspolitik war spätestens seit Mitte der 80er-Jahre immer darauf ausgerichtet, die umweltfreundlichen Verkehrsarten zu stärken, also das Fahrrad und den öffentlichen Nahverkehr. Und daher ist unsere Aufgabe, dass wir einen attraktiven Nahverkehr anbieten."
    Da lautet allerdings die Devise: gewusst wie.
    Dichte Taktung der Bahnen
    "Kernstück im innerstädtischen Bereich ist die Stadtbahn. Die wird mit fünf Linien erschlossen. Die Trassen werden immer so gewählt, dass sie mitten durch die Gebiete gehen. Man schaut immer, dass man dort zentral fährt, wo die Bedürfnisse der Menschen sind."
    Hinzu kommt: Eine möglichst dichte Taktung von morgens früh bis abends spät.
    "Bis weit nach Mitternacht. Auf der Linie eins haben wir einen Sechs-Minuten-Takt. Auf der Linien drei und fünf ein siebeneinhalb Minutentakt. Auf den Linien zwei und vier einen Zehn-Minuten-Takt, den wir aber sicher partiell beim nächsten Fahrplanwechsel verstärken werden."
    Busse sind in der Freiburger Innenstadt relativ selten unterwegs. Sie werden hauptsächlich für Verbindungen zu den Orten rund um Freiburg herum eingesetzt. Von dort fahren sie die nächstgelegene S-Bahn-Station in der innerstädtischen Peripherie an.
    Günstige Tarife, einfaches Tarifsystem
    Hinzu kommt eine dritte tragende Säule im Konzept des Freiburger Nahverkehrs, nämlich:
    "Das Tarifsystem. Und das ist ein Freiburg relativ einmalig in Deutschland."
    55 Euro ohne Ermäßigung kostet die reguläre übertragbare Monats-Netzkarte. Wichtig: Man wolle bei der Tarifgestaltung mit Überschaubarkeit und Übersichtlichkeit punkten, erklärt Stadtwerke-Sprecher Andreas Hildebrandt:
    "Je komplizierter der Fahrpreis ist, desto mehr wird er zur Hürde für den öffentlichen Nahverkehr. Und wenn Sie schon anfangen, den Fahrpreis nicht zu verstehen, dann ist das natürlich schlecht. Eine übertragbare Monatsnetzkarte, sehr billig und ein relativ teurer Einzelfahrschein – das versteht jeder. Wenn sie eine Monatskarte kaufen, ist es ein Preis dann ist es egal, ob sie nur in Freiburg fahren, oder ob sie von Müllheim bis Herbolzheim mit dem Zug fahren."
    Doch es muss nicht nur die Schiene sein.
    Infrastruktur für Fahrradfahrer
    "Wir haben ja an der Dreisam diese Fahrrad-Autobahn, wo man gut durchkommt. Und dann innerhalb dieser Stadt immer Radwege. Überall gibt es Fahrradwege, viel schneller und besser."
    Freiburg ist eine Radlerstadt. "Wir haben hier einen Radverkehrsanteil bezogen auf die Wege der Freiburgerinnen und Freiburger bei 34 Prozent."
    Ein solch hoher Radleranteil, weiß Freiburgs Baubürgermeister Martin Haag, geht allerdings nicht ohne die entsprechende Infrastruktur für Fahrradfahrer.
    "Da gehören Radwege dazu. Da gehören Radfahrstreifen dazu. Da gehört aber auch der ruhende Radverkehr dazu. Das heißt, ich muss den Menschen die Chance geben, ihr Fahrrad stehen zu lassen, und zwar möglichst nah am Zielort. Und das alles zusammen macht es aus, dass das Radfahren in Freiburg Spaß macht."
    Dafür sorgen, dass gar nicht so viel Verkehr entsteht
    Doch das Freiburger Verkehrskonzept geht noch weiter: Moderne Stadtplanung, betont Baubürgermeister Martin Haag, trägt in Südbaden dazu bei, dass Verkehr überhaupt erst gar nicht entsteht. Das, meint er, sei ein zukunftsweisender Weg.
    "Ich glaube, dass allerwichtigste ist, dass wir eine Stadt bauen, eine Stadt der kurzen Wege, in der es Einkaufsgelegenheiten im Quartier gibt, in der Schulen im Quartier liegen, sodass eigentlich gar nicht so viel Verkehr entsteht. Und dass der Verkehr, der entsteht, kurze Wege hat. Und kurze Wege sind die Voraussetzung dafür, dass die Menschen zu Fuß gehen oder mit dem Fahrradfahren. Das heißt: Ich brauche eine kompakte, urbane Stadt mit vielen Zielen in der Nähe."