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Verluste, Entlassungen und neue Strategie

Die drittgrößte britische Bank Barclays kämpft um ihren Ruf. Verwicklungen in den Libor-Skandal, falsche Beratungen von Kleinkunden und die Empfehlung von Steueroasen hatten in den letzten Jahren den Eindruck der Gier hinterlassen. Nun soll eine neue Unternehmenskultur her. Damit verbunden sind zahlreiche Einsparungen.

Von Jochen Spengler | 12.02.2013
    Es soll so etwas wie eine Zeitenwende werden für Barclays, eine neue Ära. Seit einem halben Jahr ist Antony Jenkins Bankenchef und er macht sich keine Illusionen:

    "Es wird Jahre dauern, bis die Leute tatsächlich ihren Eindruck von uns ändern, aber das entmutigt mich überhaupt nicht; ich fühle mich unserm Weg verpflichtet, ein besseres Barclays aufzubauen."

    Das klingt nach Kulturrevolution: weg von der Dominanz des aggressiven Investmentbanking und der dreisten Selbstbedienung mit gigantischen Boni. Die Gier der drittgrößten britischen Bank mit ihren 140.000 Angestellten hatte ein Gesicht. Es gehörte Bob Diamond, dem mächtigen Vorstandsvorsitzenden. Unvergessen ist, wie sich Diamond vor zwei Jahren vor dem Finanzausschuss des britischen Parlaments weigerte, seinen 6,5 Millionen Pfund-Bonus zu kommentieren und statt dessen erklärte:

    "Es gab für Banken eine Zeit des Bedauerns und der Entschuldigungen– aber ich glaube, die muss jetzt vorbei sein, Banken müssen wieder Risiken wagen."

    Diamonds Zeit war vorbei, als letzten Juni bekannt wurde, dass die Bank kräftig mitmanipuliert hatte am Libor-Zinssatz und Zeugen zu Protokoll gaben, Diamond selbst habe dies angewiesen. Der Amerikaner ging und Barclays musste 290 Millionen Pfund Strafe zahlen. Es blieb nicht der einzige, teure Skandal. Die falsche Beratung von Kleinkunden, denen man riskante Zinswetten und Kreditausfallversicherungen aufgeschwatzt hatte, sorgte ebenso für Empörung wie die Abteilung "Structured Capital Markets", die großen Konzernen riet, Gewinne in Steueroasen zu verlagern. Barclays selbst ging mit schlechtem Beispiel voran und zahlte im Jahr 2009 nur 113 Millionen Pfund Steuern bei einem Gewinn von über vier Milliarden Pfund. Doch das alles soll nun Vergangenheit sein:

    "Es geht darum, Barclays grundsätzlich zu ändern. Und wir werden aufgrund unserer Taten und nicht unserer Worte beurteilt. Wir haben bereits die Steuersparabteilung geschlossen, den Durchschnittsbonus um 17 Prozent auf 54.000 Pfund gesenkt – alles Dinge, die zeigen, dass wir künftig anders arbeiten wollen."

    Vor allem will Antony Jenkins jährlich Kosten von 1,7 Milliarden Pfund einsparen. Obwohl die Gewinne 2012 um 26 Prozent auf mehr als sieben Milliarden Pfund angestiegen sind, sollen insgesamt 3700 Stellen gestrichen werden. Nachdem man bereits in den letzten Monaten 1600 Arbeitsplätze im Investmentbanking abgebaut hat, sollen nun weitere 1800 folgen. Es gehe künftig nicht mehr um kurzfristige Gewinne, sondern um die nachhaltige Wertsteigerung für Kunden und Aktionäre, sagt Jenkins und richtet sich an die Mitarbeiter:

    "Wenn Sie so nicht arbeiten möchten, sollten sie sich woanders einen Job suchen. Und wenn Sie Barclays dennoch nicht verlassen wollen, dann werden wir dafür sorgen. Wenn man die Kultur in einem Unternehmen verändern will, muss man sehr klar sagen, was man will und die Mitarbeiter dann dafür zur Verantwortung ziehen und das werden wir tun."

    Konzentrieren will sich die Bank künftig auf das Privatkundengeschäft in Großbritannien, den USA und Afrika. Die Präsenz in Asien und in Kontinentaleuropa wird reduziert. Insbesondere im Schaltergeschäft in Südeuropa sollen weitere 1900 Stellen wegfallen.

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