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Vernetztes Auto
Speicherung von Fahrzeugdaten in der Kritik

Hotels buchen, Theaterkarten bestellen, Nachrichten abrufen oder das Wetter checken: Das alles will BMW mit dem Angebot "Connected Drive" seinen Kunden während der Autofahrt ermöglichen. Ein so vernetztes Fahrzeug produziert jedoch Unmengen an Daten, die von den Autohäusern gespeichert werden.

Von Annette Eversberg | 23.11.2016
    Ein Bildschirm zeigt das BMW Angebot "Connected Drive" auf der Internationalen Funkaustellung (IFA) 2015 in der Samsung Messehalle.
    Technische und persönliche Daten wie Standort, Parkinfos oder eine Theaterkarten-Buchung werden laufend zwischen Auto und Hersteller BMW hin- und hergeschickt. (imago / STPP)
    In der Verkaufshalle des Autohauses Rump in Nottuln bei Münster steht der BMW X5. Ein schwarzer SUV mit Dieselantrieb mit der allerneuesten Technik, die von BMW verbaut wird. Noch kann das Fahrzeug nicht komplett selber fahren. Aber die Grundlagen sind bereits gelegt, sagt Verkaufsberater Sven Bockstette:
    "Wir haben so viele Fahrassistenzsysteme mittlerweile in dem Fahrzeug verbaut, dass das Fahrzeug automatisch Gas geben kann, automatisch bremsen kann, wie der Vordermann es macht, und durch das Spurhaltesystem das Lenkrad auch bewegt, dass das Fahrzeug in der Spur bleibt."
    Mithilfe eines Radarsystems, das vorne eingebaut ist. Über GPS weiß das Fahrzeug jederzeit wie der Vordermann sich bewegt. Danach beschleunigt das Auto oder bremst je nachdem. Und das völlig alleine, sollte der Fahrer nicht entsprechend reagieren.
    Computer für digitale Steuerung und Fahrplanung
    Am Armaturenbrett sieht man das Herzstück des digital gesteuerten Autos: ein Computer. Er assistiert dem Fahrer nicht nur beim Fahren. Er hilft ihm auch bei der Planung. Sven Bockstette:
    "Wir haben einmal das normale Kombiinstrument, wie man es aus dem normalen Auto auch kennt, die ganze Tachoeinheit. Und dann gibt es natürlich auch einen zweiten Bildschirm, wo diese ganzen Informationssachen wie Navigation, Radio, und gerade das allerneueste von BMW, das Connected Drive angezeigt wird, um dem Fahrer möglichst viel Arbeit abzunehmen."
    Connected drive bedeutet: Hotels buchen, Theaterkarten bestellen, Nachrichten und Wetter abrufen. Über eine SIM-Karte wird die Verbindung online zwischen Fahrzeug und dem Servicecenter von BMW hergestellt. Pro Stunde werden von einem vernetzt fahrenden Auto mehrere Gigabyte an Daten produziert, haben Wissenschaftler der Universität des Saarlandes ermittelt. Auf einer Datenautobahn werden diese technischen und persönlichen Daten wie Standort, Parken, Theaterkarten buchen laufend zwischen Auto und BMW hin- und hergeschickt.
    "Das Auto telefoniert quasi die ganze Zeit mit BMW, praktisch ständig mit BMW, gibt auch Kilometerstände und sonstiges alles durch, um uns als Autohaus die Arbeit auch zu erleichtern."
    Datenübermittlung soll auch der Sicherheit dienen
    Autos, die so vernetzt sind, melden der Werkstatt genau, wann welche Fahrzeuge zur Inspektion kommen. Diese Datenübermittlung diene der Sicherheit. Ebenso die ab 2018 verpflichtend zu installierende Notruffunktion: ecall genannt. Wie das geht, erläutert Jens Meyer vom Audi Zentrum Münster am Beispiel des Audi A4:
    "Dieses Auto hat fast überall Sensoren. Sie sitzen auf dem Sitz. Da ist eine Sitzerkennung installiert. Dadurch, dass Sie meistens auch angeschnallt sind, gibt es eine Sitzerkennung. Dadurch dass Sie angeschnallt sind, hat der Gurt auch noch eine Erkennungsfunktion."
    Gleichzeitig werden Polizei und Rettungsdienste alarmiert. Außerdem gehen bei Audi zusätzliche Informationen ein. Jens Meyer:
    "Wir haben den großen Vorteil, wir wissen durch die Steuergeräte, welche Farbe das Auto hat, in welcher Fahrtrichtung das Auto steht, wie viel Leute im Auto sitzen, wie viel Airbags ausgelöst haben und können dementsprechend reagieren."
    Speicherung der Daten im Auto und beim Hersteller
    Die Daten werden im Auto und bei den Autoherstellern gespeichert. Audi und BMW entscheiden darüber, welche Daten an wen weitergegeben werden. Auch die Werkstätten können nur auf die Informationen zurückgreifen, die sie zur Reparatur und Wartung brauchen. Preisgeben dürfen sie die Daten nicht. Selbst der Kunde darf bei der Fehleranalyse nicht dabei sein. Audi gibt da versicherungstechnische Gründe an.
    Dennoch hat ein Gericht bereits auf die Daten eines Fahrzeugherstellers zugegriffen, um daraus ein Profil zu erstellen und einen potenziellen Verkehrssünder zu überführen. Eine Praxis, die von Datenschützern kritisiert wird, und die auch bei den Juristen selber nicht unumstritten ist.
    Weil persönliche Daten ständig im Fahrzeug gespeichert werden, verlangt BMW die Löschung aller Daten, wenn das Auto an Dritte verkauft wird. Das darf auch der Kunde machen. Wie das bei BMW geht, erläutert Sven Bockstette:
    "Man kann die ganzen individuell eingestellten Navigationsziele, Telefonnummern, diese ganze Connected-drive-Geschichte, die kann man mit einer bestimmten Tastenkombination im Fahrzeug löschen, dass es komplett wieder so ist, wie der Neuwagen ausgeliefert wurde."
    Seit September bieten einige KFZ-Versicherer bereits besondere Policen an, für die Tarife und Fahrverhalten kombiniert werden. Nicht über einen Fahrtenschreiber im Auto, sondern über eine Smartphone-App, die Fahrverhalten wie Geschwindigkeit, Bremsverhalten, Beschleunigung und Kurvenverhalten messen kann. Noch sind diese Tarife freiwillig. Will der Kunde keine Datenerhebung, muss er auf viele Funktionen seines Autos verzichten.