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Verpackungskünstler

Produktverpackungen dürfen einerseits nichts kosten, sollen aber auf der anderen Seite das Produkt sicher umhüllen und auch noch bewerben. An der Hochschule der Medien in Stuttgart kann man diese Kunst nun in einem Master-Studiengang erlernen. Und das nicht nur zur Weihnachtszeit.

Von Solveig Grahl | 11.12.2007
    Geschenke auspacken, rascheln.

    Das wird am Heiligen Abend das typische Geräusch in Deutschlands Wohnzimmern sein. In den Tagen und Wochen zuvor werden sich viele aber wohl wieder einmal den Kopf darüber zerbrochen haben, wie sie Holzeisenbahn, Küchenmaschine oder Krawatte verpacken können - vielleicht mal ohne das typische Engel- und Schneemannpapier.

    "Wie, machst du da jetzt irgendwie Geschenke verpacken oder was ist das? Und wenn man die dann ein bisschen drauf aufmerksam macht, dass sie ja ihr Getränk irgendwo kaufen oder eine Seife möchten oder ein Duschgel, dann ist eigentlich klar, das begegnet einem so oft, und man weiß es einfach nicht. Viele Leute wissen gar nicht, was Verpackung ist."

    Evelin Ceglarek weiß, dass sich viele schwer tun, wenn es um die richtige Verpackung geht. Die 29-Jährige dagegen ist längst ein richtiger Verpackungsprofi. Sie studiert an der Hochschule der Medien in Stuttgart "Packaging Design and Marketing" und steht kurz vor dem Master-Abschluss. Mit dem einfachen "Geschenke verpacken" hat ihr Studium allerdings weniger zu tun. Hier geht es vielmehr um Entwurf, Gestaltung und Produktion ganz unterschiedlicher Verpackungen - von der Pappschachtel für Schokodrops über das Parfumflakon bis hin zur Limoflasche:

    "Man gestaltet nicht nur eine Flasche, sondern man gestaltet eine ganze Marke. Man hat ein paar Vorgaben, zum Beispiel gründen Sie eine GmbH, Sie haben das Kapital, Sie möchten in Deutschland so und so viele Flaschen nach drei Jahren verkaufen. Man hat Zielvorgaben: Wie groß ist der Markt, wo möchte ich es verkaufen? Und so erschafft man eine ganze Markenwelt drum herum."

    Viele aus dem Masterstudiengang haben sich die Grundlagen im Bachelorstudium "Verpackungstechnik" angeeignet, das ebenfalls an der Hochschule der Medien angeboten wird. 300 Studierende sind hier zurzeit eingeschrieben. Der Schwerpunkt liegt ganz klar auf der Technik:

    An Geräten wie der Faltschachtelklebemaschine lernen die Studierenden, wie Verpackungen gestaltet sein müssen, damit sie möglichst preiswert und effizient hergestellt werden können. Es geht um die unterschiedlichen Materialien wie Papier, Glas, Gummi oder Metall und ihre möglichen Wechselwirkungen mit dem Produkt.

    Recycling und Nachhaltigkeit spielt eine Rolle genauso wie Fragen des Marketings und der Logistik. Wir wollen ein möglichst ganzheitliches Bild vermitteln - vom Entwurf der Verpackung über die Herstellung bis hin zum Handel, erklärt Professor Christoph Häberle:

    "So eine Verpackung für irgendein Massenprodukt, die darf ja eigentlich nichts kosten, muss aber wie ein kleines technisches Wunderwerk alle möglichen Anforderungen erfüllen. Sei es Schutz für das Packgut, logistische Prozesse, auf der anderen Seite auch kommunikative: Die Verpackung muss werben als stiller Verkäufer. Diese ganzen Anforderungen reinzupacken, das ist so die Kunst."

    Ob in der Pharma- oder Kosmetikbranche, bei Logistikern oder im Lebensmittelbereich: Die Berufsaussichten der künftigen Verpackungsprofis sind exzellent. Die Branche boomt. Auf einen Absolventen kommen derzeit 2,4 Arbeitsplätze, so Christoph Häberle:

    "Im Rahmen des ständig zunehmenden internationalen Handels wird die Verpackung immer bedeutsamer. Nachdem das in den letzten Jahrzehnten ein bisschen verschrien war als unnötiger Abfall, begreift man, dass das ein ganz mächtiges Marketinginstrument ist, diese Verpackung. Aus der Verpackung schließen wir auf die Qualität des Inhalts."

    Wenn der Opa für den Enkel die Holzeisenbahn verpackt, spielen Marketingaspekte wohl eher selten eine Rolle. Alternativen zum klassischen Engel- und Schneemann-Papier gibt es aber durchaus, finden die Verpackungsprofis aus Stuttgart und geben ein paar Tipps für das kommende Fest:

    "Also ich glaube, meinem Freund sein Geschenk packe ich in einen Blumentopf, der supertoll aussieht und mehr eine Vase ist, aber dann eben als Verpackung dient.

    Goldener Glitzer ist ganz toll.

    Da ist es dann nicht nur Papier, sondern dann sind das gebrauchte Plastikfolien, die collagiert sind.

    Sulfatkarton. So ein ganz einfaches bräunliches Papier, das finde ich immer sehr sympathisch, weil es sehr angenehm auch anzufühlen ist. Die Verpackung ist eh immer das Beste.
    "