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Verschollenes Flugzeug
Angus Houston - der Mann, der Flug MH370 sucht

Ein Tauchroboter sucht im Indischen Ozean nach dem Wrack des verschollenen Fluges MH370 – ohne Erfolg. Experten sind jetzt der Meinung, dass die Signale, die zum Suchgebiet geführt hatten, gar nicht von der Black Box stammen. Seit Wochen gibt es jedenfalls keine neuen Meldungen - die Suche aber geht weiter.

Von Andy Stummer | 24.05.2014
    Ein Flugzeug auf der Suche nach Wrackteilen über dem Meer
    Die Suche nach den Überresten von Flug MH 370 im Indischen Ozean ist immer noch nicht abgeschlossen. (Richard Wainwright, dpa picture-alliance)
    "We haven't found anything anywhere that has any connection to MH 370 and that includes the satellite imagery......"
    Keine Nachrichten sind für Angus Houston schlechte Nachrichten. Seit fünf Wochen meldet er jetzt schon, dass es nichts zu melden gibt. Der frühere Chef der australischen Streitkräfte ist das Gesicht der Suche nach den Überresten von Flug MH 370 im Indischen Ozean. Vom westaustralischen Perth aus koordinierte Houston im April noch ein gutes Dutzend Überwachungsflugzeuge, Schiffe und Unterwasserteams, die mit einem ferngesteuerten Mini-U Boot nach Wrackteilen suchten und gab tägliche Briefings für die versammelte Weltpresse. Damals gab es Hoffnung den Flugschreiber der Maschine zu finden, es wurden schwache, akustische Signale vom Meeresboden aufgefangen. Doch seit Wochen - nichts mehr. Trotz eines flächendeckenden Sonar-Einsatzes unter Wasser. Aus einer Bergungsaktion ist die Suche nach der Nadel im Heuhaufen geworden. Australiens Premier Tony Abbott aber verspricht nicht aufzugeben. Koste es, was es wolle.
    "We owe it to the families, we owe it to the world to do whatever we reasonably can to get to the bottom of the mystery and we won't let them down."
    Black Box ist die letzte Hoffnung
    Die einzige Hoffnung herauszufinden was an Bord von Flug MH 370 passiert sein könnte ist die Black Box zu finden, den Flugschreiber der Maschine - ein grellfarbener Titaniumkasten nicht größer als eine kleine Reisetasche. Ein Gerät, das es heute nur gibt weil vor über 60 Jahren ein anderer, tragischer Flugzeugabsturz den Behörden ähnliche Rätsel aufgab. Die Maschine, die damals vom Himmel fiel, galt als der Beginn der zivilen Luftfahrt - und beinahe war sie auch ihr Ende.
    2. Mai, 1953: Kalkutta, Indien. Nur Minuten nach dem Start gerät eine britische "Comet", das erste Passagier-Düsenflugzeug der Welt, in ein schweres Gewitter und stürzt ab. Alle 43 Menschen an Bord sterben, Absturzursache unbekannt. Weltweit suchen Flugzeugtechniker fieberhaft nach einer Erklärung. Auch im australischen Forschungszentrum für Luftfahrt in Melbourne.
    Seine Kollegen debattierten über Material-Ermüdung oder eine mögliche Entführung der Maschine, David Warren aber dachte an Benny Goodman. Der damals 27jährige Spezialist für Flugzeug-Treibstoffe hatte einige Live-Konzerte der Jazz-Legende mit einem selbst gebauten Aufnahmegerät mitgeschnitten. Warren dachte: Was bei Benny Goodman funktioniert hatte, das müsste auch an Bord eines Flugzeuges möglich sein.
    "Ich überlegte: Warum statten wir Flugzeuge nicht mit Aufnahmegeräten aus, die sich automatisch beim Start ein- und nach der Landung ausschalten. Alles, was an Bord während des Fluges passiert wird mitgeschnitten. Sollte die Maschine abstürzen, könnte man diese Tonband-Spulen bergen. Darauf wären dann die letzten Stunden des Funkverkehrs aus dem Cockpit gespeichert und auch alle Daten der Bord-Instrumente."
    Black Box - der Zauberkasten
    Warren schlug vor einen nur handtellergroßen Rekorder, mit dem man Ton auf Drahtspulen aufnehmen konnte, im Cockpit zu installieren. Verpackt in einer isolierten, feuerfesten Metall-Box, die hohe Temperaturen und den Aufprall bei einem Crash unbeschadet überstehen würde. Ein Gerät für die Autopsie eines Flugzeugabsturzes. Seine Vorgesetzten hielten ihn für einen Spinner. Also bastelte Warren zuhause in seiner Garage einen Prototypen.
    Black Box speichert mehr als 300 Flugdaten
    Heimliche Tests waren ein voller Erfolg. Der Rekorder zeichnete störungsfrei jedes Wort im Cockpit auf und archivierte zwei Dutzend technische Daten. Doch Anerkennung fand der Flugschreiber erst Jahre später - in England. Eigentlich in einem feuerroten Gehäuse bekam der Rekorder den Namen "Black Box" - der Zauberkasten. Erst 1968 wurde das Gerät weltweit Pflicht - die Piloten weigerten sich bis zuletzt sich im Cockpit bespitzeln lassen. Erfinder David Warren wurde vergessen, obwohl er über 10 Jahre für das Einführen seiner Black Box gekämpft hatte.
    "Ich war vom Nutzen meiner Erfindung überzeugt. Niemand konnte mir das Gegenteil weismachen. Die Black Box hat die Luftfahrt sicherer gemacht und zum Besseren verändert. Ich bin stolz darauf dadurch mit zum Fortschritt beigetragen zu haben."
    Das Auswerten hunderter Abstürze hat zu unzähligen technischen Neuerungen, Änderungen im Flugzeugbau und in der Ausbildung von Piloten geführt. Eine moderne "Black Box" speichert mehr als 300 Flugdaten, heute auf einem Com-puter-Chip. Das frühere Stahl-Gehäuse ist leichterem, unzerstörbarem Titanium gewichen. Es kann Temperaturen von mehr als 1.000 Grad widerstehen und wochenlang kilometertief in Meerwasser überdauern, ohne Schaden zu nehmen. Und selbst 60 Jahre nach ihrem Jungfernflug ist die "Black Box" noch immer das Wichtigste an einem Flugzeugabsturz.