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Versickerte EM-Milliarden in der Ukraine

Die Anti-Korruptions-Initiative kommt spät, doch sie kommt: Gerade erhielt Michel Platini heikle Post. Die Grünen-Abgeordneten Viola von Cramon und Rebecca Harms, Fraktionschefin im Europaparlament, fordern vom UEFA-Präsidenten die umfassende Aufklärung von "Finanziellen Unregelmäßigkeiten bei der Euro-Vorbereitung 2012". Weitere Politiker wollen sich ihrem Appell anschließen.

Von Thomas Kistner | 26.06.2012
    Die Abgeordneten rügen, dass die rund acht Milliarden Euro teuren EM-Baumaßnahmen nach Viktor Janukowitschs Amtsantritt 2010 ohne Ausschreibung vergeben wurden. Die Vergabe lief über eine Agentur, die Janukowitschs Stellvertreter Boris Kolesnikow führte. Und das in einem Land, dass zu den Schlusslichtern im globalen Korruptions-Index zählt. Die Uefa duldete es.
    Harms und von Cramon beziehen sich auf Bitten ukrainischer Bürger und Oppositionspolitiken, die sich hintergangen fühlen, weil versprochene Projekte nicht umgesetzt wurden. Platinis Uefa als oberstes Aufsichtsorgan soll erklären, "in welche Taschen" offenbar Teile der staatlichen Milliarden-Investition flossen. Die heikelsten Fragen beziehen sich konkret auf eine Firma namens Altkom, die 800 Millionen Euro Staatsgelder kassiert hatte.

    Altkom sitzt in Janukowitschs Heimatregion Donezk und soll mit hohen Politikern vernetzt sein. Diesen Verdacht nährt der bizarre Umstand, dass nicht mal Vize-Premier Kolesnikow die Besitzer hinter Altkom kennen will, seinem EM-Großauftragnehmer. Spuren führen ins Offshore-Paradies Belize, zur Holding Trinitron Investments. Diese wird von einer auf Zypern ansässigen Yoga-Lehrerin aus der Ukraine geführt. Als das kürzlich aufflog, legte Lana Zamba das Direktorenamt nieder, behielt aber ihre Mandate in anderen Firmen mit russischen Hinterleuten. Nun fragen die Abgeordneten Platini: "Hat die Uefa oder einer ihrer Verbände Kontakt zu Lana Zamba oder zu einer ihrer 24 Firmen?"

    Ins trübe Bild passt ein Erlebnis, das Viola von Cramon mit dem Bundestags-Sportausschuss in Kiew Mitte 2010 hatte. Durch die Stadionbaustelle habe damals "nicht ein Sportfunktionär, sondern ein Vertreter des ukrainischen Geheimdienstes geführt". Dieser Chefaufseher habe auch erzählt, dass man "eng mit dem russischen Geheimdienst FSB kooperiere". Alles im Griff von Autokraten und Oligarchen - im russischen Reich des Ex-Geheimdienstlers Wladimir Putin finden ja bald die Winterspiele 2014 und die Fußball-WM 2018 statt.