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Verunreinigtes Mineralwasser
"Einen Nullstandard kann man nicht festlegen"

"Die Reinheit geht baden" – so bilanziert die Stiftung Warentest ihre aktuelle Untersuchung zur Qualität von Mineralwasser. Sie zeigt, dass ein Drittel der Wässer Substanzen enthält, die dort nicht drin sein sollten: Pestizid-Rückstände oder auch künstliche Süßungsmittel. Die Brunnenbetreiber wehren sich nun und zweifeln die Methodik der Warentester an.

Von Verena Kemna | 25.07.2014
    Ein Tropfen Wasser kommt am 21.03.2013 aus einem Wasserhahn in Frankfurt (Oder)
    Trinkwasser, gut gekühlt aus dem Hahn: die bessere Alternative zu natürlichem Mineralwasser? (dpa / picture alliance / Patrick Pleul)
    Mineralwasser ist einer der beliebtesten Durstlöscher in Deutschland. Im vergangenen Jahr lag der Pro-Kopf Verbrauch bei etwa 140 Liter. Dabei hat natürliches Mineralwasser einen besonderen Stellenwert, gilt es doch laut Mineral- und Tafelwasserverordnung als ursprünglich rein. Das Testergebnis der Stiftung Warentest stellt dieses Alleinstellungsmerkmal von der ursprünglichen Reinheit nun infrage, denn die Warentester halten gerade einmal jede fünfte der 30 getesteten Mineralwassersorten für uneingeschränkt empfehlenswert. In jeder dritten Flasche wurden sogar Rückstände gefunden. Birgit Rehlender von der Stiftung Warentest.
    "Am häufigsten haben wir den künstlichen Süßstoff Acesulfam gefunden. Wir fanden aber auch Abbauprodukte von Pestiziden und einmal auch das Abbauprodukt eines Korrosionsschutzmittels."
    Brunnenbetreiber wehren sich
    Derartige Verunreinigungen stammen aus dem Oberflächenwasser und sind entweder eine Folge der intensivierten Landwirtschaft oder sie gelangen über das Abwasser in die einige hundert Meter tief liegenden Schichten einer unterirdischen Quelle. Die gefundenen Rückstände liegen im Bereich von milliardstel Gramm. Sie gelten zwar nicht als gesundheitsgefährdend, sind aber nach Ansicht der Stiftung Warentest zumindest ein Beleg für den fehlenden Schutz der jeweiligen Brunnenquelle. Arno Dopychai vom Verband Deutscher Mineralbrunnen verwahrt sich dagegen, die nachgewiesenen Rückstände als Verunreinigung zu bezeichnen.
    "Natürliches Mineralwasser muss laut Gesetz aus unterirdischen, vor Verunreinigungen geschützten, Wasservorkommen stammen und insofern ursprünglich rein sein. Ein Nullstandard, wie Stiftung Warentest es da tut, kann man allerdings nicht anlegen, so wie die Welt heutzutage nun mal ist, und vor allem bei den modernen Untersuchungsmethoden, die bis zu Nanogramm pro Liter, also milliardstel Gramm pro Liter messen."
    Europäische Richtlinien sind gefragt
    Nur wenn die zuständige Behörde ein Wasser amtlich als natürliches Mineralwasser anerkennt, dürfen Brunnenbetriebe aus der Quelle zapfen und das Wasser meist unverändert als natürliches Mineralwasser flaschenweise verkaufen. Dabei gibt es in Deutschland keine verbindlichen Grenzwerte für Verunreinigungen. Um die ursprüngliche Reinheit zu beurteilen, nutzen die Untersuchungsämter lediglich Orientierungswerte. Bereits in der Vergangenheit hatte das Verbraucherschutzministerium Baden-Württemberg die Bundesregierung aufgerufen, konkrete Grenzwerte in der Mineral- und Tafelwasserverordnung festzuschreiben. Auch die Branche selbst fordert nun, angesichts der immer empfindlicheren Messmethoden, gesetzlich vorgeschriebene Grenzwerte. Doch die, so Arno Dopychai vom Verband Deutscher Mineralbrunnen, können nur aus Brüssel kommen.
    "Wir machen uns in der Tat schon seit Jahren in Brüssel dafür stark, dass die "ursprüngliche Reinheit" irgendwie handhabbar geregelt wird und da gehören Grenzwerte auch mit dazu und am besten im Rahmen einer europäischen Richtlinie."
    Auch wenn die in den Mineralwässern gefundenen Rückstände minimal sind und als nicht gesundheitsgefährdend gelten, bleibt doch ein Fragezeichen. Ingrid Chorus ist beim Umweltbundesamt zuständig für Trinkwasser und Hygiene.
    "Ich wundere mich ein bisschen, dass man es im Mineralwasser findet, weil der Anspruch da eigentlich ist, dass Mineralwasser aus sehr gut geschützten Quellen oder Brunnen gewonnen wird, die nicht unter Abwassereinfluss stehen, und man fragt sich dann schon wie das sein kann, dass Stoffe, die typisch für Abwassereinfluss sind, dahin gelangt sind."
    Trinkwasser ist eine gute Alternative zu Mineralwasser
    Trinkwasser, gut gekühlt aus dem Hahn, sei in jedem Fall eine gute Alternative zu natürlichem Mineralwasser. Etwa zwei Drittel des Trinkwassers in Deutschland stammen aus Grund- und Quellwasser, der Rest aus Seen und Talsperren. Das meiste Trinkwasser wird aufbereitet, für etwa 40 Parameter sind Grenzwerte festgelegt. Das Umweltbundesamt bescheinigt dem Trinkwasser eine gute Qualität, die allerdings regional und von Haus zu Haus verschieden sein kann, erklärt Ingrid Chorus vom Umweltbundesamt.
    "Wir raten dazu, das Wasser aus der Kaltwasserleitung, wenn es frisch und kühl aus der Leitung kommt, unbesorgt zu genießen. Wenn man in einer Region lebt, wo gerade durch die Presse geht, dass Rückstände von wenigen Stoffen in geringen Konzentrationen gefunden worden sind, ist es richtig, dass man aus Vorsorge dieses vermeidet. Gleichwohl sind das keine gesundheitsgefährdenden Konzentrationen."

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