Donnerstag, 28. März 2024

Archiv

Violeta Parra zum 100. Geburtstag
Dank an das Leben

Die chilenische Musikerin Violeta Parra war eine Ikone der lateinamerikanischen Folklore-Musik. Sie hat die volkstümlichen Melodien ihres Landes erforscht und einem breiten Publikum zugänglich gemacht. Später wurde sie zunehmend politisch, blieb dabei aber stets poetisch. Heute wäre sie 100 Jahre alt geworden.

Von Victoria Eglau | 04.10.2017
    Leider liegt für dieses Bild keine Bildbeschreibung vor
    Die chilenische Folklore-Musikerin und bildende Künstlerin Violetta Parra (1917-67) (imago )
    Die volkstümliche Musik ihrer Heimat wurde Violeta Parra, die im Süden Chiles auf die Welt kam, quasi in die Wiege gelegt: Ihr Vater war Musiklehrer, ihre Mutter eine Bäuerin, die sang und Gitarre spielte.
    "Violetas Kindheit war von Armut, harter Arbeit und Opfern geprägt. In ihrem Elternhaus wurde die Gitarre versteckt – sie sollte die Familie nicht von ihren Pflichten abhalten. Bis Violeta sie eines Tages fand und sich nicht mehr von ihr trennte."
    Sagt die chilenische Musikerin Carla Giannini, die auf das Werk Parras spezialisiert ist. Violeta, geboren am 4. Oktober 1917, war neun, als sie anfing, Gitarre zu spielen, und zwölf, als sie ihre ersten Melodien komponierte. Auch ihre Geschwister hatten musikalisches Talent, und als der Vater schwer erkrankte, sangen die Kinder auf der Straße und im Zirkus, um zum Familien-Unterhalt beizutragen. 1932, nach dem Tod des Vaters, holte Violetas Bruder Nicanor Parra, der später als Dichter berühmt wurde, sie in die Hauptstadt Santiago, so Carla Giannini:

    "Violeta Parra klang wie eine Campesina, eine Bäuerin. Ihr ganzes Leben lang sang sie so. Nicanor schlug ihr vor, Chiles Volksmusik zu erforschen und bekannt zu machen, die damals vom Vergessen bedroht war. Und Violeta entdeckte einen Schatz. Sie begann, ihre eigenen musikalischen Wurzeln wertzuschätzen."
    Sogar ihre Autobiografie verfasste sie ihn Zehnzeilern
    Violeta Parra hatte ihre Lebensaufgabe gefunden. Sie bereiste das ländliche Chile, sammelte volkstümliche Melodien und Lieder und komponierte eigene Folklore-Musik. In ihren poetischen Texten verwendete sie zum Teil den traditionellen Vers Décima. In Zehnzeilern verfasste sie sogar ihre Autobiografie.
    1960 sprach Violeta Parra bei einem Auftritt in der Universität der südchilenischen Stadt Concepción über ihre künstlerische Pionierarbeit:
    "Nicht einmal ein Zehntel der Chilenen kennt die eigene Volksmusik. Ich muss sie also fast vor jeder Haustür trällern."
    Violeta Parra komponierte und dichtete nicht nur, sie widmete sich auch der Malerei und Textilkunst. Mehrfach reiste sie nach Europa und 1964 konnte sie ihre Bilder und Wandteppiche im Pariser Louvre zeigen. Die Ausstellung, die erste einer lateinamerikanischen Künstlerin in diesem Museum, stieß auf großes Interesse.

    Als eine Journalistin sie fragte, welche ihrer vielen künstlerischen Ausdrucksformen sie bevorzuge, antwortete die Chilenin, ihr ginge es nur um eins: nah bei den einfachen Leuten zu bleiben. Als sie aus Paris zurückkam, erfuhr Violeta Parra in Chile ein wenig mehr Anerkennung. Aber viele mochten ihren bäuerlichen Gesang nicht, andere störten sich an ihren sozialkritischen Texten.
    Leider liegt für dieses Bild keine Bildbeschreibung vor
    Ihre Version von Violetta Parras "Gracias a la vida" machte das Lied einmal mehr berühmt: Mercedes Sosa, gestorben 2009, galt als Grande Dame der lateinamerikanischen Folklore-Musik. (dpa/ picture-alliance/ Javier Morendo)
    Abschied vom Leben mit der Hymne "Gracias a la vida"
    In ihrer letzten Schaffensphase wurden Violeta Parras Lieder zunehmend politisch. Sie legte ihren Finger in die Wunde der Armut und der sozialen Ungerechtigkeit und sparte nicht mit Kritik an den Regierenden und der Justiz. Dabei blieben ihre Texte stets poetisch. 1967 nahm sich die Künstlerin, die zwei Mal heiratete und vier Kinder bekam, in Santiago das Leben.
    Kurz zuvor hatte Violeta Parra "Gracias a la vida" veröffentlicht. Die bewegende Hymne, mit der sie sich vom Leben zu verabschieden schien, wurde weltberühmt. Mit ihrem Werk hat Parra unzählige Künstler Lateinamerikas inspiriert und maßgeblich zum Entstehen einer neuen, sozial engagierten Folklore-Musik beigetragen.