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Virtuelle Währung
Bitcoin in der Krise?

Bitcoin, englisch für "digitale Münze", ist eine 2009 eingeführte Währung. Die Münzen werden nicht wie Euros in Metall gegossen, sondern existieren nur digital im Internet. Für Aufsehen sorgte ein Programmierer aus dem Kernteam für Bitcoins. Er stieg aus und erklärte das Projekt der verschlüsselten Währung für gescheitert.

Von Maximilian Schönherr | 30.01.2016
    Bitcoins-Aufkleber auf einer Glasscheibe
    In diesem Laden wird die Währung Bitcoins akzeptiert (Po Keung Cheung)
    Manfred Kloiber:
    Letzte Woche gab es Aufruhr in der Welt der virtuellen Münzen. Ein Programmierer aus dem Kernteam für Bitcoins stieg aus und erklärte das Projekt der verschlüsselten Währung für gescheitert. Ist Bitcoin gescheitert, Maximilian Schönherr?
    Maximilian Schönherr:
    Der Bitcoin-Kurs gab tatsächlich kräftig nach, als Mike Hearn seinen Ausstieg bekannt gab, hat sich aber kurz danach wieder stabilisiert. Ein Scheitern sieht anders aus. Ein Bitcoin ist – wie seit langem – deutlich über 300 € wert. Politisch ist der Fall interessant, weil es der Erste war, bei dem jemand laut und böse aus dem von außen etwas schummrig wirkenden Bitcoin-Kern heraustrat. Hearn ist presseerfahren, und entsprechend viel Presse ist auf seinen Wutausbruch hereingefallen und hat ihn - und nur ihn - zu Wort kommen lassen.
    Kloiber:
    Bevor wir den Fall "Mike Hearn" näher beleuchten, sehen wir uns die digitale Währung erst einmal grundsätzlich an.
    Bitcoin, englisch für "digitale Münze", ist eine 2009 eingeführte Währung. Die Überweisungen haben nichts mit Kreditkarten oder PayPal zu tun, die Münzen werden nicht die Euros in Metall gegossen, sondern existieren nur digital im Internet.
    Dezentrales Netzwerk
    Jörn Wagner:
    "Es kommt darauf an, dass sich viele Leute beteiligen, das Netzwerk aufrecht zu erhalten. Es ist ein dezentrales Netzwerk, das diese Zahlungen verarbeitet und die Transaktionen in der Blockkette ablegt, weil man eben genau auf zentrale Instanzen verzichten möchte. Das ist auch der Charme von Bitcoin, dass jeder sich daran beteiligen und prüfen kann, ob das alles mit rechten Dingen zugeht, ohne von Staaten oder Banken abhängig zu sein."
    Jörn Wagner, Programmierer bei Explicatis in Köln, und Bitcoin-Experte. Nichts bei dem Verfahren ist mit gängigen Währungen zu vergleichen. Wenn man jemandem ein Bitcoin überweist, wird zunächst eine Verschlüsselung in Gang gesetzt; deswegen heißt Bitcoin auch "Kryptowährung".
    Das Verschlüsselungsverfahren ist eine Hash-Funktion, also eine Rechenanweisung, die nur in eine Richtung geht und nicht eineindeutig zurück gerechnet werden kann. Das gängige Beispiel für Hash ist die Quersumme: Wenn ich die Quersumme aus 1, 2 und 3 bilde, erhalte ich 6. Dieser 6 sehe ich aber nicht an, welche der Kombinationen zu ihr geführt haben.
    Auch bei der Transaktion sperrt sich der Vergleich mit unseren gewohnten Bankgeschäften: Man muss als Überweisender im Internet auf einen Datenblock aufspringen, der sich in einer langen Kette befindet, der sogenannten Block Chain.
    Immer länger werdende Kette
    Ohne diese langsam immer länger werdende Kette gäbe es keine Überweisungen mit Bitcoin. Ohne die Menschen und ihre Computer, die am aktuellen Kettenglied ansetzen und die Kette um ein mathematisches Glied erweitern, gäbe es nicht einmal die Währung selbst. Denn neue Bitcoins werden dadurch erzeugt, dass man der Kette durch eine Computerberechnung ein neues Glied anhängt. Dieser Vorgang heißt Bitcoin Mining, zu Deutsch: schürfen, wie zu Goldgräberzeiten.
    Die Mathematik, dieses neue Glied zu berechnen, der Hash-Algorithmus, ist einfach, der Rechenaufwand ist wegen der Verschlüsselung sehr hoch, und er wird mit jedem neuen Glied höher.
    Jörn Wagner:
    "Es ist sehr unwahrscheinlich, dass man überhaupt einen Block trifft. So war es auch schon damals, als ich angefangen habe zu schürfen. Nur hat man sich da an einem Pool beteiligt, also seine Rechenpower mit anderen gebündelt und dann einen Teil dieses Block-Rewards abbekommen. Aber das ist mittlerweile so, dass man mit seinen mickrigen 300 und 400 Mega-Hash, die man mit so einer Grafikkarte bekommt, nicht mehr mit den Giga-Hash-Werten von anderen Minern mithalten kann."
    Heute haben nur noch Rechenzentren und große verteilte Netzwerke von GPUs, also Grafikkarten, die Computerleistung, neue Blöcke zu finden und dann an die Kette anzubauen. Die Gefahr einer Zentralisierung der Rechnermacht besteht, ist aber nach Einschätzung des Programmierers Jörn Wagner im Moment unrealistisch.
    Jörn Wagner:
    "Wir sind jetzt bei der Exa-Hash-Marke angekommen, also eine Trillion von diesen Hash-Werten pro Sekunde werden vom Netzwerk berechnet. Das ist eine ganz massive Zahl, und das müsste schon einen riesigen finanziellen Aufwand bedeuten, das zu kapern."
    Außerdem werden Bitcoins nicht bis in alle Ewigkeit erzeugt. Das Mining endet bei 21 Millionen Bitcoins. Wenn so viele virtuelle Münzen geschürft worden sind, endet diese Phase des Belohnungssystems.