Freitag, 19. April 2024

Archiv

Die PiS und das Pol'and'Rock-Festival
Symbol für ein anderes Polen

Das Musikfestival in Kostrzyn ist das größte in Polen. Der rechtskonservativen Regierungspartei PiS ist es ein Dorn im Auge - nicht zuletzt wegen des regierungskritischen Rahmenprogramms. Umso wichtiger sei es, dass es weiter stattfindet, meint Polen-Korrespondent Florian Kellermann.

Ein Zwischenruf von Florian Kellermann | 02.08.2018
    Besucher eines Konzertes beim Woodstock Bus Stop Festival in Kostryzyn on Odra in Polen recken die Hände zum Metal Sign geformt in die Höhe.
    Anderer Name, gleiches Programm: Besucher beim Woodstock Bus Stop Festival 2017, das seit 2018 Pol'and'Rock heißt (dpa picture alliance/ Lech Muszynski)
    Das Pol'and'Rock ist das größte Festival in Polen, aber dennoch ist es in Gefahr. Denn die rechtskonservative Regierungspartei PiS würde es am liebsten verschwinden sehen. Als "satanistisch" bezeichnete eine PiS-Abgeordnete das große Fest. Rechtsgerichtete Medien berichten nur über Vergewaltigungen und Drogen, die beim Festival an der Tagesordnung seien. Und die Polizei fordert hohe Sicherheitsauflagen, die nur schwer zu erfüllen sind.
    Vor allem das Rahmenprogramm ist Konservativen ein Dorn im Auge - die Diskussionen mit regierungskritischen Prominenten und Intellektuellen. In diesem Jahr sind das unterem anderen Generäle, deren Karriere unter der PiS abruptes Ende fand - und das Topmodel Anja Rubik. Sie engagierte sich für den sogenannten Schwarzen Protest in Polen - der sich gegen eine Verschärfung des Abtreibungsrechts wendet.
    Das Festival als letzte Bastion des freien, liberalen Polen? Das wäre eine Übertreibung. Polen ist nach wie vor ein pluralistisches Land. Die privaten Medien decken die ganze Bandbreite möglicher Meinungen ab. An Kritik an der Regierung mangelt es nicht, schon gar nicht in der Kunst.
    Bunt, lebensfroh und tolerant
    Dennoch ist das Festival Symbol für ein anderes Polen als das der PiS-Regierung. Ein anderes als jenes eindimensionale Land, bei dem alles, was geschieht, zunächst auf seinen patriotischen Wert abgeklopft wird. Es steht für ein buntes, lebensfrohes Polen, das alle Menschen akzeptiert.
    Das verkörpert der Gründer des Festivals Jerzy Owsiak, eine der schillerndsten Figuren im öffentlichen Leben Polens. Klein, gedrungen und meistens mit einer knallbunten Brille organisiert er nicht nur das Festival, sondern auch die größte Spendenaktion im Land. Jeden Winter sammeln Zigtausende Freiwillige, vor allem für bessere medizinische Geräte in öffentlichen Krankenhäusern. Doch selbst das versuchen PiS-Politiker und die regierungstreuen öffentlichen Medien Jahr für Jahr schlecht zu reden.
    Ein Besuch in Kostrzyn morgen oder zum Höhepunkt am Samstag macht also nicht nur Spaß - er ist auch ein politisches Statement.