Freitag, 29. März 2024

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Vogelschutz auf Eiderstedt

Wir wollen erreichen, dass die Meldung nach Brüssel gestoppt wird, weil wir der Meinung sind, die Gebietsausweisung, die Gebietsfindung ist so nicht rechtens. Die Landesregierung hat dort Fehler gemacht. Denn sollte die Meldung nach Brüssel gehen, ist es nicht wieder zurückzuholen und auch die fehlerhafte Gebietsausweisung ist nicht mehr zu reparieren.

Autorin: Annette Eversberg | 27.10.2004
    Für Hans-Friedrichsen, Vorsitzender der Interessengemeinschaft Pro-Eiderstedt und 20 andere Landwirte und fünf Gemeinden aus Eiderstedt und dem Eider-Treene-Sorge-Gebiet war die Klage gegen die Gebietsausweisung dennoch kein leichter Weg. Doch es geht, so Rechtsanwalt Claus Christian Clausen aus Bargteheide, um die Existenz seiner Mandanten:

    Den Ansatzpunkt sehen wir darin, dass die Beleihungsgrundlage beispielsweise verschlechtert wird, dass die Kläger keine Kredite mehr kriegen in dem Maße für ihre Ländereien, wie sie es kriegen würden, und dass durch die Meldung auch faktisch schon das Verschlechterungsverbot eingesetzt hat und eine Änderung der Bewirtschaftungsform nicht mehr zulässig ist, sondern nach vorheriger Genehmigung, und schon das ist eine Beeinträchtigung der wirtschaftlichen Freiheit.

    So sahen es auch die Gemeinden. Sie befürchten, dass nach der Umsetzung der Vogelschutzrichtlinie die Planungshoheit eingeschränkt wird. Hans-Jakob Peters Bürgermeister des kleinen Ortes Tating auf Eiderstedt, der ausschließlich vom Tourismus lebt, sieht schwerwiegende Konsequenzen für den Ausbau eines Golfplatzes auf die Gemeinde zukommen:

    Dieser Ausbau, zusammen mit einem Hotel, das geplant ist, würde für Tating Arbeitsplätze bringen. Also ich würde sagen, für uns ist der Vogelschutz praktisch das Todesurteil für unseren Ort.

    Die erste Kammer des Verwaltungsgerichtes Schleswig machte sich die Sache nicht leicht. Zwölf Stunden lang wurde gestern über insgesamt 43 Anträge verhandelt. Doch die Bauern und Gemeinden unterlagen. Ihre Klage wurde abgewiesen. Marion Koll, Richterin am Verwaltungsgericht:

    Die Kammer hat gesagt, dass der vorbeugende Rechtsschutz, den die Beteiligten hier verlangen, nur in absoluten Ausnahmefällen möglich ist. Ein solcher Ausnahmefall liegt hier nicht vor. Das belastet die Kläger auch nicht unzumutbar, weil sie, nach Meinung der Kammer, auch nachträglich noch Rechtsschutz erreichen können, nämlich in dem Fall, dass die Meldung der Schutzgebiete an die EU-Kommission erfolgt ist und im Bundesanzeiger veröffentlicht worden ist. In diesem Fall können die Kläger und Antragsteller erneut Rechtsschutz beim Verwaltungsgericht suchen.

    Bei der Verhandlung wurde jedoch auch das EU-Recht auf den Prüfstand gestellt. Das Gericht beschäftigte sich mit der Frage, ob ein einmal an die EU gemeldetes Natura-2000-Gebiet wieder aus der Kartierung herausgenommen werden könne. Dies sei jedoch erheblich eingeschränkt, weil dafür zunächst ein wissenschaftliches Gutachten erforderlich sein würde, das seinerseits noch einmal wissenschaftlich überprüft werden müsse. Das Gericht eines Landes, so das Verwaltungsgericht, könne zwar versuchen, eine Gebietsausweisung wieder aufzuheben. Doch dann habe das jeweilige Land mit einer Klage der EU zu rechnen. Einen Unterschied machte das Gericht jedoch zwischen der Verbindlichkeit der Ausweisung von Flora-Fauna-Habitat-Gebieten und den Vogelschutzgebieten. Bei den Vogelschutzgebieten, deren Ausweisung in der fachlichen Kompetenz der Länder liege, sei der Spielraum größer. Dem widersprach jedoch der zweite Vertreter der Kläger, Rechtsanwalt Claus Füsser aus Leipzig:

    Man kann bei der Vogelschutzrichtlinie, insofern bin ich mit dem Präsidenten Krause einer Meinung, mehr darüber diskutieren. Wir sind aber der Meinung, dass das, was wir vorgetragen haben, dass alles dafür spricht, dass es analog der FFH-Richtlinie läuft, richtig ist. Weil wir befürchten, dass das Verwaltungsgericht am Ende kein Recht behält, müssen wir hier unsere Mittel ausschöpfen und gegebenenfalls das Oberverwaltungsgericht bitten, das zuständige Gericht, den Europäischen Gerichtshof zu fragen.

    Hans-Friedrichsen von der Interessengemeinschaft pro Eiderstedt und seine Kollegen wollen auf jeden Fall Berufung gegen das Urteil einlegen:

    Wir müssen jetzt sehen, dass wir in der Revision vorm Oberverwaltungsgericht ganz genau darlegen, vielleicht auch fachlich begründen, warum die Gebietskulisse falsch ist. Dass hier künstlich Meldedruck erzeugt worden ist, um eine möglichst große Gebietskulisse zu melden.