Dienstag, 16. April 2024

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Zum Tod von Stardesigner Luigi Colani
"Ob die Leute auf seinen Möbeln sitzen konnten, war ihm völlig egal"

Luigi Colani widersprach mit seinem Design vehement dem rechten Winkel der Bauhaus-Ästhetik. Colani habe sich stets an biologischen Formen orientiert, sagte Design-Experte Michael Erlhoff im Deutschlandfunk. Die Alltagstauglichkeit seiner Entwürfe habe ihn allerdings nicht besonders interessiert.

Michael Erlhoff im Corsogespräch mit Ulrich Biermann | 16.09.2019
Der Designer Luigi Colani sitzt am 13.1.2003 in seiner Karlsruher Werkstatt an dem von ihm entworfenen Konzertflügel - auch die Musiker Lenny Kravitz und Prince besitzen ein solch elegant geschwungenes Stück. Weltweit kämpft der gebürtige Berliner seit Jahrzehnten gegen alle geraden und eckigen Formen - in Europa ebenso wie in Asien und den USA. «Wo ich bin, da ist der Mittelpunkt des Designs», sagt Colani, der wenige Monate vor seinem 75. Geburtstag am 2. August aus der Schweiz nach Deutschland zurückgekehrt ist: «Seit drei Wochen bin ich wieder hier angemeldet.»
Designer Luigi Colani sitzt im Jahr 2003 in seiner Karlsruher Werkstatt an einem von ihm entworfenen Konzertflügel (picture-alliance / dpa / Uli Deck)
Michael Erlhoff, Designtheoretiker und Gründungsdekan der heutigen Köln International School of Design, erinnerte im Dlf daran, dass im Werk von Luigi Colani immer eine gewisse Esoterik mitgeschwungen sei und er es auch verstanden habe, Mythen um sich herum zu konstruieren.
Mechanisch und rund
Colani (gebürtig Lutz) gab sich erst während seiner Arbeit für Alfa Romeo und Fiat den Vornamen Luigi. Ursprünglich wollte er Künstler werden, angeblich konnte man ihm an der Hochschule der bildenden Künste Berlin nichts mehr beibringen. Stattdessen studierte er Design und ging an eine technische Hochschule in Paris. "Um dort im Kontext neuer Materialien und Aerodynamik etwas zu lernen", so Erlhoff und fügte an: "Aber es ist alles mechanisch, alles ist rund, wie man auch in seinem Werkkatalog 'Ylem' sehen kann."
Der Design-Koffer "Ylem" enthält 120 Blätter mit Texten, Bildern und Zeichnungen der Luigi-Colani-Kollektionen bis zum Jahr 1971
Der Design-Koffer "Ylem" enthält 120 Blätter mit Texten, Bildern und Zeichnungen der Luigi-Colani-Kollektionen bis zum Jahr 1971 (Deutschlandradio/Adalbert Siniawski)
"Selbst seine Teekannen sehen aus wie Rennautos"
Darin zu finden sind Skizzen, Zeichnungen, Entwürfe - zum Beispiel von komplett runden Küchen. "Selbst seine Teekannen sehen aus wie Rennautos." Der emeritierte Designprofessor Erlhoff wies darauf hin, das dies zwar sinnvoll sei und mit dem rechten Winkel des Bauhaus' gebrochen habe, aber Colani habe das Prinzip des biomorphen und aerodynamischen zu einer "Methodenmaschine" gemacht. Ihn habe nicht interessiert, ob man auf seinen Möbeln sitzen oder seinen Tassen trinken könne.
Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Der Deutschlandfunk macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.
Design-Theoretiker Michael Erlhoff hält den Design-Koffer "Ylem" mit Entwürfen von Luigi Colani
Design-Theoretiker Michael Erlhoff hält den Design-Koffer "Ylem" mit Entwürfen von Luigi Colani (Deutschlandradio/Adalbert Siniawski)
Wir haben 2004 mit Luigi Colani über seine Formgeber-Philosophie gesprochen - hören Sie hier das Corsogespräch mit Colani