Freitag, 19. April 2024

Archiv

Volkskongress in China
Peking will wachsen und reformieren

Jedes Jahr kommt in Peking der Volkskongress, das eigentlich höchste Staatsorgan Chinas, zusammen. In diesem Jahr unter schlechten Vorzeichen, die Wirtschaft schwächelt ungewohnt. Die Regierung räumt zum Auftakt des Treffens Probleme ein - gibt sich aber dennoch kämpferisch.   

05.03.2016
    Chinas Regierung beim Nationalen Volkskongress
    Der Nationale Volkskongress Chinas ist 1954 zum ersten Mal zusammengekommen (picture alliance/dpa/How Hwee Young)
    China hat seine Wachstumsprognose für das laufende Jahr auf 6,5 bis sieben Prozent gesenkt. Das geht aus einem Arbeitsbericht von Ministerpräsident Li Keqiang hervor, den er zu Beginn der Jahrestagung des Volkskongresses in Peking vorlegte. Vor den rund 3.000 Abgeordneten kündigte er zudem umfassende Reformen in der Industrie und größere Anstrengungen im Umweltschutz an.
    Der neue Fünf-Jahres-Plan sieht gleichwohl ein langfristiges Wachstum von "mindestens 6,5 Prozent" jährlich bis 2020 vor. Ungeachtet der konjunkturellen Probleme bekräftige der Premier auch das Ziel der Partei, bis 2020 die Einkommen und die Wirtschaftsleistung gegenüber 2010 zu verdoppeln. In den Städten sollten über fünf Jahre 50 Millionen neue Arbeitsplätze geschaffen werden.
    Abwärtstrend seit Jahren
    Die Konjunktur Chinas hatte sich zuletzt stetig abgeschwächt. 2015 verzeichnete die Volksrepublik einen Rückgang der Wirtschaftsleistung auf 6,9 Prozent und fiel damit auf ein 25-Jahres-Tief. Für das laufende Jahr war die Regierung zunächst von einem Plus von "rund sieben Prozent" ausgegangen. Zum Vergleich: Im Jahr 2007 verbuchte China ein Rekordwachstum von 14,2 Prozent.
    Der Abwärtstrend geht auch darauf zurück, dass die chinesische Führung ein nachhaltigeres Wachstum erreichen will. Dafür setzt sie auf eine Abkehr von einer auf Handel, Investitionen und schwerer Industrie abhängigen Wirtschaft hin zu mehr Binnenkonsum und Dienstleistungen.
    China will sein Umweltproblem anpacken
    In seiner Rede vor dem Volkskongress räumte Ministerpräsident Li ein, dass China mit "weiteren und schwierigeren Problemen" konfrontiert sei. Dazu gehöre die schwache Exportnachfrage. Zugleich zeigte er sich zuversichtlich, dass die kommunistische Führung stabiles Wachstum halten könne. China habe eine "solide materielle Grundlage gelegt" und seine Wirtschaft sei "äußerst widerstandsfähig". Li versprach verstärkte Bemühungen um innovative Technologien und moderne Produktionsverfahren bis 2020. Die Volksrepublik müsse auch ihr Umweltproblem in den Griff bekommen.
    Zudem kündigte er an, die Stromversorgung, die Telekommunikation, das Verkehrswesen, den Öl- und Erdgassektor sowie Stadtwerke für privaten Wettbewerb zu öffnen. Privatfirmen würden mit Blick auf Genehmigungen für Projekte und in der Finanz- und Steuerpolitik genauso behandelt wie Unternehmen im Staatsbesitz. Ob dabei auch ausländische Konzerne eingebunden werden sollen, ließ er offen.
    Den Willen der Partei übersetzen
    Der Nationale Volkskongress Chinas ist 1954 zum ersten Mal zusammengekommen. Nach der Verfassung der Volksrepublik, die dabei verkündet wurde, ist der Volkskongress eigentlich das höchste Staatsorgan. Die aber ebenfalls in der Verfassung verankerte Führungsrolle der Kommunistischen Partei weist dem Parlament vielmehr die Rolle zu, den Willen der Partei in den Willen des Staates zu übersetzen.
    Die knapp 3000 Abgeordneten sind nicht frei gewählt, sondern werden alle fünf Jahre von lokalen Volkskongressen der Provinzen, autonomen Regionen, Städte sowie der Volksbefreiungsarmee neu entsandt.
    (bor/tzi)