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Volle Redefreiheit für Täter?

Erkenntnisse über eine Diktatur lassen sich nicht nur aus Gesprächen mit Opfern gewinnen, dazu gehört ebenso die Beschäftigung mit den Tätern. Kontrovers diskutiert wird derzeit der Umgang mit Stasi-Tätern. Wo liegen für Wissenschaftler die Grenzen der Auseinandersetzung?

Von Otto Langels | 28.07.2007
    " Also ich bin fest überzeugt, die Geschichte der DDR wird neu geschrieben werden, freilich nicht mehr in dieser Generation. Wissen Sie, Wahrheiten sind auf die Dauer ja nicht unter den Tisch zu wischen, die setzen sich heute oder morgen irgendwie durch. Im Moment ist alles überlagert durch diesen ideologisch bedingten Zeitgeist, das vernebelt wirklich die Gemüter und die Geister. "

    Gotthold Schramm hält die DDR nach wie vor für den besseren deutschen Staat. Das Ministerium für Staatssicherheit, dem er von 1952 bis zur Auflösung 1990 treu diente, kannte nach Ansicht des ehemaligen Obersts nur ein Ziel: den Frieden zu erhalten.

    Mit seiner Überzeugung steht Schramm nicht alleine. Mit einstigen Kampfgefährten aus dem MfS sucht er die Öffentlichkeit, um das Bild von einer heilen Welt der DDR zu zeichnen. Kürzlich wollten mehrere ehemalige Stasi-Generäle und -Obristen ihre Ansichten auf einer wissenschaftlichen Tagung vortragen. Auf Einladung der süddänischen Universität Odense sollten sie - neben Historikern - über die HVA referieren, die für Auslandsspionage zuständige Hauptverwaltung Aufklärung des Ministeriums für Staatssicherheit.

    Doch in den Wochen vor der Veranstaltung wuchs die Kritik, zumal sie am 17. Juni stattfinden sollte, dem Jahrestag des DDR-Aufstands von 1953. Der Vorwurf: Alte Stasi-Offiziere würden aufgewertet und die zweite deutsche Diktatur verharmlost. Die Bundesbeauftragte für die Stasi-Unterlagen, Marianne Birthler, untersagte einem ihrer wissenschaftlichen Mitarbeiter nach ursprünglicher Zusage die Teilnahme an der Tagung.

    " Man kann diese Leute interviewen, man kann sie bitten, Aufzeichnungen schriftlich zu machen, man kann auch Streitgespräche führen, aber was man nicht darf, finde ich, sie in aller Öffentlichkeit als Experten adeln, als Gleiche unter Gleichen, die als Zeitzeugen ihr Wissen zur Verfügung stellen. "

    Die Konferenz wurde daraufhin erst einmal abgesagt. Den dänischen Organisatoren werfen Kritiker Naivität vor. Sie hätten sich von Meistern der Desinformation und Schönfärberei instrumentalisieren lassen, meint beispielsweise der Leiter der Gedenkstätte Hohenschönhausen, Hubertus Knabe.

    " Das kann man einfach nicht machen, weil es hier auch Regeln des öffentlichen und wissenschaftlichen Diskurses gibt, hier nicht der Propaganda für eine Diktatur ein Forum zu verleihen. "

    Der Historiker Thomas Wegenerfriis von der Universität Odense will aber dennoch am Konzept der Tagung festhalten. Sie soll nun im Herbst in Dänemark stattfinden - mit den Stasi-Leuten als Zeitzeugen.

    Unabhängig von dem aktuellen Vorhaben stellt sich grundsätzlich die Frage: Sollen seriöse Wissenschaftler öffentlich an der Seite von ehemaligen Stasi-Offizieren auftreten? Oder verbietet es die politische Moral, sich mit ihnen an einen Tisch zu setzen? Und ist die Debatte über den Umgang mit Stasi-Tätern nicht auch ein Lehrstück, wie eine Gesellschaft generell mit extremen Ansichten umgehen sollte? Sucht oder vermeidet man die direkte Konfrontation?

    Konrad Jarausch hält nichts von Verboten. Der frühere Direktor des Zentrums für Zeithistorische Forschung in Potsdam traut Wissenschaftlern zu, dass sie Stasi-Leuten Paroli bieten können.

    " Man muss vorsichtig dabei sein, man soll sicher sein, dass man die Leute nicht symbolisch aufwertet, man soll ihnen kein Podium bieten, damit sie Legendenbildungen in die Welt setzen können, damit sie Selbststilisierungen perpetuieren können, aber man muss sich mit ihnen auseinandersetzen. Das Verbieten der Diskussion halte ich nicht für besonders demokratisch und nicht besonders erfolgreich. "

    Möglicherweise haben ausländische Forscher weniger Berührungsängste gegenüber Stasi-Offizieren als einheimische Historiker. Konrad Jarausch, ein Deutsch-Amerikaner, betont, dass er einen umfassenderen Begriff von der Freiheit der Wissenschaft habe als mancher deutsche Kollege.

    " Ich finde, es gehört dazu, auch Meinungen zu ertragen, mit denen man überhaupt nicht übereinstimmen kann. Es geht dann um die Auseinandersetzung. Und die Wissenschaft ist im Kern eine rationale Angelegenheit. Und nur durch rationale Kritik des Irrationalen kommen wir da weiter. "

    Ob allerdings bei der abgesagten Tagung der süddänischen Universität eine rationale Debatte möglich gewesen wäre, ist fraglich. Die Teilnehmerliste glich einem Veteranentreffen der HVA. Dem MfS-Führungszirkel in Mannschaftsstärke hätte eine Handvoll Wissenschaftler gegenüber gesessen.

    Klaus Schröder würde deshalb nur dann mit Stasi-Offizieren diskutieren, wenn eine Tagung ausgewogen besetzt ist. Er leitet den Forschungsverbund SED-Staat an der Freien Universität Berlin.

    " Sie gehen eh an die Öffentlichkeit, tragen ihre Sicht der Dinge vor, und wenn man ihnen nicht vehement widerspricht, und zwar nicht nur pauschalisierend widerspricht, indem man ohnehin alles für Lüge erklärt, was sie erzählen, dann muss man sich detailliert mit ihnen auseinandersetzen, muss ihnen klar machen, wie verbrecherisch ihr Wirken war, aber das kann man nur, wenn Fachleute ihnen Paroli bieten. "

    Auch Marianne Birthler, Chefin der Stasi-Unterlagenbehörde, sieht gute Gründe, Streitgespräche mit Offizieren des Ministeriums für Staatssicherheit zu führen, nicht aber auf dem Podium einer wissenschaftlichen Tagung.

    " Das sind nicht einfach Spione, wie sie sich viele anständige Staaten halten, sondern das waren führende Offiziere eines verbrecherischen Apparats, und die Hauptverwaltung Aufklärung war mit an den Verbrechen der Stasi beteiligt. Wenn es darum geht, ob man Täter, die Verantwortlichen, die Mittäter einer Diktatur öffentlich akzeptiert durch bestimmte Arten von Veranstaltungen, und da nehme ich mal nicht nur den Kongress, sondern auch irgendwelche Talkshows oder Buchvorstellungen, wo das Kochbuch von Markus Wolf vorgestellt wurde usw., das alles zusammen ist meiner Ansicht nach kein verantwortungsvoller Umgang mit diesem Problem Täterschaft in Diktaturen. "
    Ein gelungenes Beispiel sei dagegen der Dokumentarfilm "Alltag einer Behörde", meint Marianne Birthler. 90 Minuten lang geben neun ehemalige hohe Offiziere des MfS Auskunft über ihre Arbeit und ihre Überzeugungen. Der Film verzichtet auf jeden Kommentar, es kommen ausschließlich die Täter zu Wort.

    Und ich lasse mir einfach keine Verbrechen einreden, ich habe sie nicht begangen, und wir wurden auch nicht zur Durchführung von Verbrechen angehalten.

    Ich hatte zu der DDR ein Verhältnis vielleicht wie ein Vater zu seinen Kindern.

    Aber es war doch nicht so, dass wir irgendwie als Mitarbeiter des Ministeriums für Staatssicherheit Berührungsängste mit der Bevölkerung gehabt haben. Das war nicht so der Fall.


    Birthler: " Das sind ja Aufnahmen von heute, die zeigen, wie ignorant sie sind und wie sie auch nach wie vor in ihrem Lügengebäude stecken und nicht mal Problembewusstsein entwickelt haben, geschweige denn die Probleme bearbeiten. "

    Warum aber soll gestandenen Historikern nicht möglich sein, was einem Film offenbar gelingt: die Täter zu entlarven und zu entzaubern.

    Als Zeichen der Schwäche wertet jedenfalls Ex-Stasi-Oberst Gotthold Schramm die Entscheidung Marianne Birthlers, auf die Konfrontation im wissenschaftlichen Rahmen zu verzichten.

    " Wo bleiben denn die 15 Jahre, die sie nun an diesen Problemen arbeitet? Frau Birthler kneift, und so ist das. Also wenn sie Angst hat, wir haben keine. "

    Wie weit allerdings die Offenheit der Stasi-Veteranen reicht, zeigt ihr Umgang mit Kritikern aus den eigenen Reihen. Sie werden als Verräter und Nestbeschmutzer diffamiert.

    Die ideologisch verbohrten Stasi-Leute haben sich in Netzwerken wie dem Insiderkomitee und der Gesellschaft für rechtliche und humanitäre Unterstützung organisiert. In der Öffentlichkeit versuchen sie den Eindruck zu erwecken, sie hätten einen ehrenwerten Dienst verrichtet, um einen Krieg zu verhindern. Um solche Legenden zu widerlegen, sei es notwendig, sich mit den Stasi-Offizieren auseinanderzusetzen, meint Klaus Schröder.

    " Man könnte der Öffentlichkeit und auch den damals Beteiligten, den Opfern deutlich machen, dass man sie durchschaut, diese ehemaligen Täter, und dass man ihre Verharmlosung, ihre Verzerrungen, ihre Lügen nicht einfach hinnimmt, sondern dass man sie widerlegen kann. Da wo die Verbrechen nicht offen auf der Hand liegen, da muss man schon sich detailliert auseinandersetzen und muss der Öffentlichkeit klar machen, welche mitunter auch subtilen Mechanismen die Stasi angewandt hat, um ein System der Unfreiheit und der Unterdrückung aufrecht zu erhalten. "

    Als 16-Jähriger geriet Hansjürg Deschner 1979 zum ersten Mal ins Visier der Stasi. Er hatte sich geweigert, der FDJ beizutreten und am Wehrkundeunterricht teilzunehmen. Im folgenden Jahrzehnt wurde er permanent von der Stasi überwacht und immer wieder festgenommen. Hartmut Richter träumte als Jugendlicher davon, in den Westen fahren zu können. 1966, im Alter von 18 Jahren, schwamm er durch den Teltowkanal nach West-Berlin. Von dort aus schleuste er Freunde und Verwandte in den Westen, bis er 1975 verhaftet, zu 15 Jahren Gefängnis verurteilt und schließlich 1980 freigekauft wurde.

    Hansjürg Deschner und Hartmut Richter, zwei Stasiopfer, die empört sind über das provokative Auftreten von Stasi-Offizieren. Sie fühlen sich verhöhnt, wenn die Veteranen bei Veranstaltungen aufstehen und sie als "Lügner" und "Faschisten" beschimpfen und das Stasi-Gefängnis Hohenschönhausen, wo Tausende von Häftlingen gequält wurden, als humanen Ort bezeichnen. Dennoch und gerade deshalb müsse man den Tätern öffentlich entgegen treten.

    " Entweder man diskutiert wirklich kontrovers, und Großmann und Co. sind sehr pointiert, dann muss man auch ganz pointiert dagegen setzen, und das in der Öffentlichkeit, das macht durchaus Sinn.

    Ich bin schon dafür, dass so etwas stattfindet, nur dann sollten eben auch entsprechend Wissenschaftler daran teilnehmen und auch meinetwegen die Presse. Ich bin der Meinung, wir müssen da unsere Argumente gar nicht zurückhalten. "

    Stasi-Opfer wie Hartmut Richter und Hansjürg Deschner werden von den alten MfS-Offizieren als "Gesinnungspolizisten" und Mitglieder einer "Propaganda-Kompanie" diffamiert, die die DDR unter einem Lügenberg begraben wollen. Denn das MfS habe immer nach Recht und Gesetz gehandelt, sagt Gotthold Schramm. Was das Problem "so genannter Menschenrechtsverletzungen" angehe, vertrete er eine ganz klare Position.

    " Wenn es so was gab, muss das untersucht werden, und die Leute müssen bestraft werden. Das ist unsere eindeutige Auffassung. Wogegen wir uns wenden, das sind einfach Unterstellungen, Behauptungen, die nicht den Tatsachen entsprechen, das geht nicht. "

    Birthler: " Um nur ein prominentes Beispiel zu nennen, die Entführung von Karl Wilhelm Fricke und viele andere, die noch gar nicht ausreichend erforscht sind. Das war das Handwerk der HVA neben anderem. Es gibt politisch, moralisch, ethisch absolut keinen Unterschied zwischen der HVA und den sonstigen Bereichen des MfS. "

    Schramm: " Fricke hat ja mit der Hauptverwaltung A nichts zu tun gehabt. Das Ding muss untersucht werden, ich sag das mal so deutlich, und wenn es hier wirklich ein schuldhaftes Verhalten gibt, da sind wir dafür, dass Verantwortliche, egal wie alt sie sind, auch zur Verantwortung gezogen werden müssen. "

    Nun ist "das Ding", die Entführung des Journalisten Karl Wilhelm Fricke durch die Stasi hinreichend erforscht und dokumentiert. Nach seiner Flucht aus der DDR nach West-Berlin 1952 schrieb er kritische Artikel über das SED-Regime. Die Staatssicherheit vermutete, dass er detaillierte Informationen aus dem Osten bezog. Über Fricke wollte die Stasi an die angeblichen "Agenten" herankommen. Geheime Mitarbeiter der Staatssicherheit verabreichten ihm deshalb 1955 ein Betäubungsmittel in einem Glas Weinbrand. Dann wurde er im Kofferraum eines Autos in die DDR verschleppt. Vier Jahre verbrachte er in Hohenschönhausen und Bautzen in Einzelhaft.

    Karl Wilhelm Fricke war langjähriger Redakteur des Deutschlandfunks und ist Autor zahlreicher Bücher über die DDR und das Ministerium für Staatssicherheit. Gotthold Schramm sei, so Fricke, bis 1989 als Leiter der HVA-Abteilung 18 für die Vorbereitung von Sabotageakten im Westen verantwortlich gewesen und damit über das Innenleben des MfS bestens informiert.

    " Da gibt es genügend Beweise, selbst aus den Akten der Staatssicherheit, die Verbrechen reichen bis zu Entführungen und zu Tötungsdelikten, das ist gar keine Frage. Herr Schramm hätte Gelegenheit, z.B. den Fall Robert Bialek aufzuklären, der unter bis heute ungeklärten Umständen nach seiner Entführung aus West-Berlin zu Tode gekommen ist, und so gäbe es eine ganze Reihe ähnlicher Fälle. "

    Robert Bialek, ein altgedienter Kommunist, war 1952 aus der SED ausgeschlossen worden. Sein Tod im Stasi-Gewahrsam 1956 fiel - ebenso wie die Entführung Karl Wilhelm Frickes - in eine Zeit, in der das MfS und die HVA sich längst etabliert hatten. Gotthold Schramm aber leugnet jede Verwicklung in die Verbrechen.

    Erkenntnisse über eine Diktatur lassen sich nicht nur aus Gesprächen mit Opfern gewinnen, dazu gehört ebenso die Beschäftigung mit den Tätern. Allerdings gibt es für Wissenschaftler auch Grenzen der Auseinandersetzung. Klaus Schröder.

    " Ich würde auch sagen, dass Stasi-Offiziere, die an Verbrechen beteiligt waren, nicht dazu gehören, zu den Gesprächspartnern: Aber diese Dimension der Verbrechen des NS-Staates, die haben wir ja hier Gott sei Dank in der DDR nicht gehabt. "

    Gemeinsame Auftritte von Wissenschaftlern mit KZ-Wächtern oder SS-Männern, um z.B. etwas über das Lagersystem der Nazis zu erfahren, hätten früher vermutlich einen Sturm der Entrüstung ausgelöst. Aber kann man diesbezüglich das NS- und das SED-Regime vergleichen?

    Konrad Jarausch und Karl Wilhelm Fricke:

    " Man muss also schon eine Trennungslinie ziehen, aber das Beispiel Speer zeigt auch - der Historiker und Journalist Fest hat sich ja auch mit Speer auseinandergesetzt: Es gibt auch Täter aus dem Dritten Reich, die dann in eine Art von wissenschaftliche Diskussion mit einbezogen worden sind und als Zeitzeugen gewirkt haben, allerdings auch immer kritisch hinterfragt wurden.

    Man muss sie vergleichen, um die Unterschiede herauszuheben. Aber insofern kann man eine Parallele erkennen, als die nationalsozialistischen Täter von sich aus genauso argumentiert haben wie heute die Täter aus der DDR, d.h. sie leugnen die Schuld und sind nicht einsichtig, sie sind nicht selbstkritisch. Insofern lassen sich schon Parallelen erkennen. "

    Wie kontrovers der Umgang mit Stasi-Tätern nach wie vor ist, zeigt ein Stipendienprogramm, das die Stiftung Aufarbeitung der SED-Diktatur gemeinsam mit zahlreichen anderen Stiftungen zur Zeit vorbereitet. 21 junge Wissenschaftler sollen für Arbeiten gefördert werden, die sich mit "Ursachen, Geschichte und Folgen der friedlichen Revolutionen des Jahres 1989 in Ostmitteleuropa" beschäftigen.

    Zu den beteiligten Institutionen gehört auch die Rosa-Luxemburg-Stiftung. Sie ist als so genannte parteinahe Stiftung der Linkspartei zuzurechnen. Kritiker werfen ihr vor, ehemaligen Stasi-Offizieren und Spitzeln ein Podium zu bieten, um Lügen zu verbreiten. Deshalb müsse die Luxemburg-Stiftung von dem Programm ausgeschlossen werden. Vorstand und wissenschaftlicher Beirat der Stiftung Aufarbeitung weisen die Forderung zurück. Der Ratsvorsitzende, der SPD-Bundestagsabgeordnete Markus Meckel:

    " Wir müssen uns nicht durch Ausschluss, sondern durch politische Auseinandersetzung mit der Linken und mit der Rosa-Luxemburg-Stiftung auseinandersetzen, und wo es dort Menschen gibt, die diese Auseinandersetzung mit der kommunistischen Zeit führen, sollten wir diese als parteiübergreifende Stiftung dann auch entsprechend fördern, denn uns geht es darum, dass gesamtgesellschaftlich in Ost und West die Auseinandersetzung mit dem Kommunismus stattfindet. "

    Im Programm der Rosa-Luxemburg-Stiftung tauchen ehemalige Stasi-Offiziere und -Agenten wie Gotthold Schramm und Gabriele Gast als Referenten auf. Dennoch lasse sie sich nicht auf das Stichwort Geschichtsklitterung reduzieren, meint Karl Wilhelm Fricke. Er ist Vorsitzender eines Fachbeirats der Stiftung Aufarbeitung.

    " Es gibt in der Rosa-Luxemburg-Stiftung, und deshalb bin ich auch für die Einbeziehung in dieses Stipendienprogramm, eine ganze Reihe sicherlich auch apologetischer Schriften, aber ebenso regimekritische Schriften. Es gibt eine ganze Reihe hervorragender Publikationen, die sich mit der Aufarbeitung der SED-Diktatur auseinandersetzen, mit dem Stalinismus, mit dem großen Terror in der Sowjetunion. "

    So bleibt letztlich die Frage, ob eine Ausgrenzungs- und Vermeidungsstrategie den Stasi-Veteranen nicht überhaupt erst jene Aufmerksamkeit und Bedeutung verleiht, die sie gerne hätten und die sie ansonsten mit ihren Ansichten nie erreichen würden. Die Stasi-Experten Hubertus Knabe und Klaus Schröder:

    " Wir sind hier in einer Situation, dass die Verharmlosung der SED-Diktatur und ihres wichtigsten Unterdrückungsinstrumentes, der Staatssicherheit, doch ziemlich auf dem Vormarsch ist, dass hier die führenden Offiziere des Staatssicherheitsdienstes sich in schlagkräftigen Organisationen zusammengeschlossen haben, dass sie im Internet mehrere Websites betreiben, Zeitschriften herausgeben, reihenweise geschichtsfälschende Bücher verlegt haben. "

    " Man muss die Leute auch nicht zu sehr beachten, also ich glaube, sie werden von einigen überschätzt, die Wirkung ist nicht so groß, wie sie sie selber gerne sehen, wie auch ihre Fundamentalkritiker sie sehen. Das sind alte Männer. Also ich denke manchmal, ein bisschen mehr Nichtbeachtung wäre der Sache vielleicht gerechter. "