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Vom Morast in den abgrundtiefen Sumpf

Für Leute von heute ist es schier unvorstellbar, dass noch Ende des letzten Jahrhunderts ein Staatsdiener Amt und Würden verlieren konnte, wenn ihm homosexuelle Neigungen nachgewiesen wurden. Die Bürger der beiden größten deutschen Städte - Berlin und Hamburg - werden gegenwärtig von dem Sozialdemokraten Klaus Wowereit und dem Christdemokraten Ole van Beust regiert, die sich zu ihrer Homosexualität öffentlich bekennen. Bei ihren Wählern stieß das auf Akzeptanz, Toleranz oder Desinteresse. Wowereit hatte es satt, dass hinter seinem Rücken über seine Homosexualität getuschelt wurde, und sprach auf einem SPD-Parteitag von sich aus das Thema an:

Von Wolfgang Wiedemeyer | 03.01.2009
    "Damit auch keine Irritationen hochkommen, liebe Genossen und Genossinnen, ich sag's euch auch, und wer es nicht gewusst hat: Ich bin schwul, und das ist auch gut so, liebe Genossen und Genossinnen."

    Wowereits Selbstauskunft, gerichtet an die Delegierten eines SPD-Parteitages, wurde zu einem geflügelten Wort.

    Doch in den 80er Jahren des vergangenen Jahrhunderts führte allein schon die Unterstellung, der Vier-Sterne-General der Bundeswehr und stellvertretende NATO-Oberbefehlshaber Günter Kießling sei homosexuell, zum bisher spektakulärsten Sitten- und Medienskandal der Bundesrepublik. Man hätte ihn vermeiden können, wenn sich die oberste Bundeswehrleitung nicht so weltfremd angestellt und die ersten Gerüchte, die die Qualität übler Nachrede besaßen, im Keim erstickt hätte. Stattdessen landeten die vermeintlichen Beweise auf dem Schreibtisch des Bundesverteidigungsministers Manfred Wörner: Der Militärische Abschirmdienst (MAD) hatte Material geliefert, in dem abenteuerliche Untersuchungsergebnisse über Kießlings angeblich häufige Besuche der Kölner Homo-Kneipe "Tom Tom" und Zeugenaussagen, die später wie Seifenblasen zerplatzen sollten, aufgelistet waren.

    Der Minister war davon so beeindruckt, dass er am 15. September 1983 auf Empfehlung des Generalinspekteurs Wolfgang Altenburg General Kießling einbestellte und ihn mit Verdachtsmomenten homosexueller Verfehlungen konfrontierte, die auf dem Wörner zugeleiteten Dossier basierten. Der Minister beschied dem General, er sei wegen seiner Neigung ein Sicherheitsrisiko und müsse entlassen werden. Kießling aber wies die Vorwürfe empört zurück, und gab sein Ehrenwort, dass sie nicht zuträfen :

    "Ich bin zu keinem Zeitpunkt erpressbar gewesen, und ich bin vor allen Dingen auch nicht erpressbar gewesen, weil es bei mir niemals im Leben irgendwelche homosexuellen Neigungen oder gar Beziehungen gegeben hat."

    Wörner glaubte nicht recht an das Ehrenwort des hohen Offiziers, aber um die Sache schnell und möglichst geräuschlos zu regeln, einigte man sich darauf, dass sich Kießling am 3. Oktober 1983 krank melden und am 31. März 1984 in den vorzeitigen Ruhestand verabschiedet werden solle - Großer Zapfenstreich inklusive. Das hätte das Ende einer bundeswehrinternen Affäre sein können, die sozusagen unter der Decke geblieben wäre. Aber es kam ganz anders:

    Der grob gestrickte Kompromiss kam nicht zustande. Joachim Hiehle, Staatssekretär im Verteidigungsministerium, ein Beamter preußischer Gesinnung, kam nach langer Krankheit im November 1983 wieder ins Haus, hörte von dem Deal Wörner/Kießling und war entsetzt. In Kenntnis der hellhörigen Bonner Journalisten erklärte er seinem Minister: "Das können wir nicht unter den Teppich kehren" und überredete ihn, die Ermittlungen gegen Kießling wieder aufzunehmen. Damit kam der Stein auf dem feldgrauen Dienstweg erst so richtig ins Rollen. Nun wurde aktenkundig und groß, was als kleine Plauderei zwischen zwei Beamten des Bundesverteidigungsministeriums im Sommer 1983 begonnen hatte. Es waren dies der stellvertretende Vorsitzende des Hauptpersonalrats des Ministeriums, Werner Karrasch und der Regierungsdirektor Artur Waldmann aus dem Amt für die Sicherheit der Bundeswehr, abgekürzt: ASBw. Das ist die Zentrale des Militärischen Abschirmdienstes (MAD) mit Sitz in Köln.

    Karrasch und Waldmann unterhielten sich über dies und das, und beiläufig erwähnte dabei der Personalratsvize, ihm sei zu Ohren gekommen, dass General Kießling wegen seiner homosexuellen Veranlagung vom Obersten Alliierten Befehlshaber in Europa, General Rogers, nicht empfangen werde. Das fand sein Gesprächspartner, Regierungsdirektor Artur Waldmann aus dem Amt für die Sicherheit der Bundeswehr, so brisant, dass er diese Aussage seinem Chef, dem Abteilungsleiter im ASBw, Oberst Oskar Schröder, mitteilte. Der ordnete prompt erste Ermittlungen zur Sicherheitsüberprüfung des Generals Kießling an.

    Die MAD-Gruppe III in Düsseldorf wurde mit der Ausführung beauftragt. Ein Stabsfeldwebel Jürgen Idel nahm die Sache in die Hand und zog, weil Kießling einmal in Köln gewohnt hatte, durch die Bars und Kneipen der Domstadt. In seiner Hand ein retuschiertes Bild Kießlings, das er wie ein Fernsehkommissar den Wirten, Bardamen und Gästen der Lokale präsentierte. In der Kölner Tom-Tom-Bar, zu jener Zeit beliebt bei Homosexuellen, stößt er auf eine Spur: Dem Wirt kommt der Mann auf dem Bild bekannt vor. Mehr nicht. Doch er verweist auf den Büffetier, und der ist sich auf Befragen ganz sicher:

    "Der Mann kam früher öfter her, vor allem im Sommer. Günter oder Jürgen nannte er sich, jedenfalls irgendwas mit Ü, ein Wachmann von der Bundeswehr."

    Von dieser und ähnlicher Qualität waren alle scheinbaren Indizien, die der MAD zusammentrug. Die gesammelten Halbwahrheiten, ungesicherten Zeugenaussagen und Rechercheergebnisse wurden von Idels neuem Chef, Brigadegeneral Helmut Berendt, zu einem Paket verschnürt und an den Minister übergeben.

    Manfred Wörner, selbst Jurist, nahm das windige Material unverständlicherweise für bare Münze und glaubte den Versicherungen seiner MAD-Leute mehr als seinem General. Kießling ist es bis heute unverständlich geblieben, warum Wörner sich nicht mehr darum bemühte, die Sache von zwei Seiten zu betrachten. Schließlich sei er nicht nur als oberster Personalchef, sondern auch als Volljurist geübt darin gewesen, sorgfältig abzuwägen:

    "Er kommt ja in einem nicht umhin, dass er, was er als Disziplinarvorgesetzter, der er war, der höchste, und was wir von jedem verlangen bis unten zu einem Kompaniechef, dass er nach bestem Wissen und Gewissen die beiden Standpunkte abzuwägen hat. Und das hat er offensichtlich nicht getan. Und er hat sich verleiten lassen - wer weiß aus welchem Grunde - nur danach zu suchen, was den Betreffenden, der ich hier war, belastete. Und zum Schluss ist er kläglich daran gescheitert."

    Kießling wartete nach seinem Gespräch mit Wörner am 15. September 1983, das mit seinem Ehrenwort, nicht homosexuell zu sein und der Vereinbarung der ehrenvollen Ruhestandsversetzung zum 31.März 1984 geendet hatte, auf eine offizielle Bestätigung. Vergebens. Der General konnte nicht wissen, dass aufgrund der Intervention von Staatssekretär Hiehle intensiv in seiner Vergangenheit weiter geschnüffelt wurde. Das Ergebnis: Anfang Dezember 1983 erhielt Wörner einen neuen zweiseitigen Bericht mit allem Anschein nach neuen schweren Verdachtsmomenten aus der Kölner Schwulenszene. Dem Dossier Nr.2 war ein Brief beigelegt, in dem der Marinearzt Albert Richartz schildert, wie Kießling mit offenem Bademantel das Chefarztzimmer des Bundeswehrkrankenhauses in Koblenz betreten und dabei an seinen Genitalien gespielt habe. Später hat Richartz bestritten, jemals solch einen Brief geschrieben zu haben. Bis heute scheint es unverständlich, warum Wörner trotz der Widersprüche im Kontext der Ermittlungen am 8.Dezember 1983 entschied:

    "General Günter Kießling wird nach §50 des Soldatengesetzes schon am 31. Dezember 1983 in den Ruhestand verabschiedet."

    Am 13. Dezember 1983 wurde ihm das mitgeteilt. Gründe für die Planänderung wurden ihm nicht genannt. Statt Zapfenstreich und Empfang gab es am Tag vor Heiligabend die Entlassungsurkunde bei einem Glas Sekt im Büro des Staatssekretärs Hiehle. Der Minister war schon in den Weihnachtsurlaub gefahren. Hiehle verabschiedete Kießling mit den Worten:

    "Für die dem deutschen Volk geleisteten Dienste spreche ich Ihnen Dank und Anerkennung aus."

    Bevor Kießling den Raum verließ, übergab er dem Staatssekretär einen Brief an Wörner, in dem er ein Disziplinarverfahren gegen sich selbst verlangte. Sein Geduldsfaden war gerissen. Erstaunlicherweise war die Affäre monatelang nicht publik worden. Auch die vorgezogene Versetzung von Kießling in den vorzeitigen Ruhestand änderte daran zunächst nichts. Erst im Januar 1984 deckten Journalisten den Fall auf. Den Anfang machte die Süddeutsche Zeitung am 5. Januar 1984. Sie erschien mit der Schlagzeile:

    "Wörner entlässt General Kießling"

    In einem Kommentar dazu wurde angedeutet, das schlechte Verhältnis Kießlings zu NATO-Chef Rogers wäre möglicherweise der plötzliche Pensionierungsgrund. Das Fernsehen zog in den Abendsendungen nach, und die Bildzeitung spekulierte:

    "Homosexualität? Hoher deutscher General gestürzt"

    Hat also letztendlich die wachsame Presse Kießlings Ehre gerettet? Er selbst sagt dazu heute, 25 Jahre später:

    "Erst war das natürlich für die meisten Medien eine willkommene Schlagzeile, die auch ganz im Sinne der Vorwürfe interpretiert wurde. Aber es gab eben andere, die dieser Deutung misstrauten. Und kaum eine andere Zeitung hat von vornherein sich so tief in diesem Fall engagiert wie der SPIEGEL."

    Nachdem die nun schon ein halbes Jahr schwelende Affäre öffentlich geworden war, waren für Kießling alle Bande frommer Scheu gelockert. Er ging in die Offensive und gab Interviews am laufenden Band. Auf die Frage, warum die Angelegenheit zur Hängepartie wurde, sagte Kießling rückblickend :

    "Einfach daher, dass dieser Minister offensichtlich es nicht fertiggebracht hat, eine Klärung herbeizuführen. Und wie sich dann später im Januar 1984 herausstellte, wohl, aus was für Gründen auch immer, sich hat dazu verleiten lassen, mir irgendetwas nachzuweisen."

    Verteidigungsminister Wörner geriet in Beweisnot. Aber er ließ nicht locker. Die nicht gesicherten Beweise, die der MAD anschleppte, nahm wohl nur noch er selbst ernst. Dickköpfig behauptete er im ZDF:

    "Jeder Irrtum ist ausgeschlossen."

    Dabei blieb er, auch als er längst erkannt haben musste, dass ihm der Fall aus den Händen glitt. Doch man merkte Wörner an, wie schwer es ihm fiel, sein Handeln zu erläutern:

    "Ich kann nur sagen, ich habe pflichtgemäß gehandelt. Und auch General Kießling muss verstehen, zumal er ein hochrangiger Soldat ist, dass in einem solchen Fall bei begründeten Verdachtsmomenten gehandelt wird. Das geschieht mit jedem Hauptmann so, und das muss auch bei einem General so geschehen. Ich habe ihm gesagt, was für Verdachtsmomente vorlagen: Sicherheitsgründe, die dafür ausschlaggebend waren - und dabei bleibe ich. Das ist die Grundlage meiner Entscheidung gewesen. Die kann ich heute genau so guten Gewissens vertreten wie zum Zeitpunk, als ich sie getroffen habe."

    Und noch einen Versuch zum Zwecke der "Wahrheitsfindung" unternahm Wörner. Noch im Januar 1984, kurz bevor auf Veranlassung von Bundeskanzler Kohl die Ermittlungen eingestellt wurden, ließ der Verteidigungsminister den Ex-Chefredakteur der Schwulenzeitschrift "Du und ich", Alexander Ziegler, aus der Schweiz anreisen. Sein angebliches Wissen über Kontakte von Kießling mit dem Düsseldorfer Strichjungen Achim Müller stellte sich als reine "Vom-Hörensagen"-Geschichte ohne Beweise dar. Doch als ob es nicht schon schlimm genug gewesen wäre, so eine Figur als zweifelhaften Zeugen auf die Hardthöhe zu bestellen, setzte Wörner noch eins drauf und ließ Ziegler die Aussage beeiden. Daraufhin wurden 304 Wehrpflichtige namens Achim Müller überprüft. Ergebnislos.

    Natürlich war auch die Stasi mit im Spiel. Das Ostberliner MfS hatte mit Oberst Joachim Krase seit 1973 einen Spion im MAD platziert, der maßgeblich am Bekanntwerden, wenn nicht sogar an der Auslösung der Affäre beteiligt gewesen sein soll. Er wurde erst 1990 enttarnt. Zwei Jahre zuvor war er an Krebs gestorben. Je mehr Kuriositäten an die Öffentlichkeit gelangten, umso mehr hochrangige Kameraden stellten sich vor Kießling. General Gerd Schmückle, der sich in den Anfängen der Bundesrepublik um die Bundeswehr verdient gemacht hatte, wurde mit der Bemerkung zitiert, hier werde wohl die internationale Stricherszene mobilisiert:

    "Selbst bei größter Anstrengung hätte Kießling nicht den Schaden anrichten können, der durch die Behandlung des Falles durch das Ministerium entstanden ist."

    Verunsichert durch das negative Echo auf seine Erklärungen in Presse und Öffentlichkeit und durch Spott und Hohn von allen Seiten, reagierte Wörner auf dem Höhepunkt der Affäre mit Selbstanklagen und einer Rücktrittsofferte:

    "Ich habe dem Kanzler meinen Rücktritt angeboten, weil ich die politische Verantwortung für das zu tragen bereit war und bin, was nun an Fehlern vorgekommen ist im Ministerium, und ich will das gar nicht leugnen, auch bei mir selber."

    Wie nicht anders zu erwarten, lehnte Bundeskanzler Kohl das Rücktrittsangebot ab und zog das Heft des Handelns an sich. Ad 1 forderte er Wörner auf, die Ermittlungen gegen Kießling sofort einzustellen und den General vollinhaltlich zu rehabilitieren. Am 1. Februar 1984 sollte Wörner eigenhändig General Kießling die Wiederernennungsurkunde überreichen.

    Da hatte das Parlament bereits Lunte gerochen. Der Bundestag konstituierte am 20. Januar 1984 einen Untersuchungsausschuss Kießling, der sechs Monate lang tagen sollte. Es ging hauptsächlich darum, die Rolle des MAD in dieser Affäre zu beleuchten. Im Lichte der gewonnenen Erkenntnisse resümierte der Ausschussvorsitzende Jacob Biehle, CSU, in der Schlussbetrachtung am 7. Juni 1984, man habe in dieser Schmutzkampagne den Übergang vom Morast in den abgrundtiefen Sumpf erlebt. Unter Zustimmung aller Ausschussmitglieder konstatierte Biehle,

    "dass in dem Bereich des MAD ungeheure Fehler gemacht worden sind, die im personellen Bereich liegen - weniger in der Struktur. Und man muss sehr schnell jetzt versuchen, die Konsequenzen zu ziehen und dann die Empfehlungen an die politische Leitung zu geben."

    Die Konsequenzen waren zwei Bauernopfer. Staatssekretär Hiehle wurde in den vorzeitigen Ruhestand geschickt und MAD-Chef Behrend musste seinen Posten abgeben. Wörner kam ungeschoren davon. Er avancierte 1988 zum Generalsekretär der NATO in Brüssel, wo er 1994 im Alter von 59 Jahren starb.

    Nach der Rehabilitierung Kießlings am 1. Februar 1984 hielt Kohl die Zeit für gekommen, vor der Bundespressekonferenz etwas zum Thema Kießling zu sagen, und er tat das auf seine unnachahmliche Weise:

    "General Kießling hat bittere Wochen durchmachen müssen, aber auch für Manfred Wörner war dies eine Zeit, an die er sicherlich noch lange in seinem Leben zurückdenken wird." (Gelächter) "

    Acht Wochen später sah man sich wieder. Wörner und Kießling beim Zapfenstreich Seite an Seite. Der Minister wandte sich mit Sätzen an den Geehrten, die ihm sicher nicht leicht über die Lippen kamen:

    " "General, wir beide haben uns verständigt, die Ereignisse der letzten Monate hier nicht anzusprechen. Gleichwohl möchte ich Ihnen eines sagen - das wäre nicht ehrlich, wenn ich das heute Abend nicht tun würde: Sie haben schwere Kränkungen hinnehmen müssen. Ich bedauere das zutiefst. Für die Zukunft wünsche ich Ihnen alles Gute. Ich hoffe, dass wir eines Tages wieder das menschliche Einvernehmen haben werden, das unsere Bekanntschaft so lange geprägt hat."

    Die Aufzählung der grotesken Handlungen in dieser Affäre erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit, reicht jedoch aus, um die Frage zu stellen: Wie konnte die Führung des Verteidigungsministeriums nur so taktlos und ehrverletzend gegen einen der ihren auf höchster Ebene vorgehen? In mehreren Interviews hat sich Kießling über die Zurückhaltung seiner Kameraden beklagt. Am Fall des zu Unrecht verdächtigten stellte sich seinerzeit und stellt sich natürlich auch heute noch die Frage, wie es um die Kameradschaft in der Bundeswehr bestellt ist. Kießling lobt in diesem Zusammenhang General Gerd Schmückle. Von den Politikern stärkte ihm nur Franz Josef Strauss den Rücken. Tief enttäuscht zeigte sich Kießling indes von Generalinspekteur Wolfgang Altenburg, der als eine der Schlüsselfiguren in der Affäre gilt. Als dieser 20 Jahre danach, also vor 5 Jahren, Kießling begegnete, war nichts vergessen. Kießling hatte bei vielen Gelegenheiten schwere Vorwürfe an Altenburgs Adresse gerichtet :

    "Ich muss aber bei allen Vorwürfen sagen, die ich gegen den damaligen Generalinspekteur erhoben habe, der sich vor fünf Jahren anlässlich des 20. Jahrestages in einem Gespräch bei mir entschuldigt hat für sein Verhalten - ich habe diese Entschuldigung angenommen, habe aber damals gesagt, was ich auch heute wiederhole: Dies ändert natürlich nichts an den Vorgängen, wie sie 1984 waren."
    Das Management der Angelegenheit Kießling war so dilettantisch und unanständig, dass es dafür keine Entschuldigung gibt. Die Hauptverantwortlichen verloren ihre Posten. Ihre Nachfolger können aus der Affäre ihre Lehren ziehen. Homosexualität, die auch schon zu Beginn der Affäre Kießling längst nicht mehr strafbar war, ist kein Entlassungsgrund in Staat und Gesellschaft mehr, und die Stasi kann nicht mehr zündeln. Alles spricht dafür, dass Deutschland vergleichbare Sittenskandale in der Bundeswehr zukünftig erspart bleiben werden.