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Von Homo-Ehe bis Transgender
Akzeptanz in der Mitte der US-Gesellschaft

In den Vereinigten Staaten wird heftig über sexuelle Orientierung und sexuelle Identität debattiert. Wie überall auf der Welt seit Jahren. Was neu ist: Homo-Ehe oder Transgender-Menschen erfahren immer breitere Unterstützung. Das Thema ist im Mainstream angekommen. Doch einzelne Kirchen reagieren gereizt.

Von Martina Buttler | 08.09.2015
    Zwei Frauen umarmen sich vor dem Gebäude des Obersten Gerichtshofes in Washington, nachdem das Gericht gleichgeschlechtliche Ehen in allen US-Bundesstaaten für zulässig erklärt hat.
    Sieg für die Befürworter der Homo-Ehe in den USA: Der Oberste Gerichtshof hat sie im Juni legalisiert. (picture alliance / dpa / Jim Lo Scalzo)
    In Jennifer Hudsons Video zu "I still love you" wird ein schwules Pärchen kurz vor der Hochzeit gezeigt. Ein Mann hofft, dass sein Vater es über sich bringt und bei der Feier dabei ist. Schwul, lesbisch, bisexuell oder transgender - das Thema "sexuelle Orientierung" ist in den USA im Mainstream angekommen. H&M hat eine Werbekampagne mit Transgender-Models gemacht. Spätestens seit aus Bruce vor den Augen der amerikanischen Öffentlichkeit Caitlyn Jenner wurde, gilt:
    "I am the new normal."
    Ich bin das, was heute "Normal" ist, betont Caitlyn Jenner in der Reality-Doku. Spätestens seit die sie im Juni auf dem Titelblatt hatte, reden alle drüber. Barack Obama hat im August den ersten bekennenden Transgender-Mitarbeiter im Weißen Haus eingestellt. Für dieses Zeichen bekommt er Lob. Und unter großem Jubel wurde Ende Juni die Homo-Ehe vom Supreme Court legalisiert.
    Gegen diese Entscheidung sträuben sich aber manche besonders gläubige Mitarbeiter beim Standesamt. In Kentucky, Texas oder Alabama weigern sich einige Wenige, eine Heiratserlaubnis für schwule und lesbische Pärchen auszustellen. Selbst, wenn sie von oben dazu angewiesen werden. Auch von Pastor Fred Luter aus New Orleans bekommen homosexuelle Paare keinen kirchlichen Segen, sagt er auf NPR: "Es gibt Hunderte andere Kirchen, zu denen sie gehen können in der Stadt, die das machen. Bei mir gibt es sowas nicht."
    Stimmung hat sich gedreht
    Der republikanische Präsidentschaftsbewerber Ted Cruz hat sich gerade noch in Iowa vor diejenigen gestellt, die schwule Ehen partout nicht schließen wollen. Und als die Universität von Tennessee zum Semesterstart den Vorschlag machte, dass man statt geschlechtsspezifischer Bezeichnungen wie "er" oder "sie" eher geschlechtsneutrale Pronomen benutzt, gab es vor Ort durchaus dezidiert andere Meinungen. Der Republikaner Bill Dunn hat aus seiner Meinung bei ABC keinen Hehl gemacht: "Die Leute müssen endlich abhärten. Sie brauchen vielleicht ein 'Stell-dich-nicht-so-an'-Institut. In der Gesellschaft ist inzwischen jeder ein Opfer und redet über seine Gefühle."
    Mit dieser Meinung ist er aber langsam aber sicher in der Minderheit. In den letzten 15 Jahren hat sich die Stimmung in den USA gedreht. Evangelikale und Republikaner sind noch am vehementesten gegen die Homo-Ehe. Aber mehr als die Hälfte der Amerikaner unterstützt einer aktuellen Umfrage des Pew Research Centers zufolge die gleichgeschlechtliche Ehe. Und ein schwuler Demonstrant in Kentucky bringt die Argumente einmal mehr auf den Punkt: "Wir wollen die gleiche Rechte wie alle anderen. Jeder hat das Recht, seine eigenen religiösen Ansichten zu haben. Aber die religiösen Ansichten einiger Leute sollten uns nicht vorschreiben, wie wir zu leben haben."
    Das Pentagon hat im Sommer angekündigt, das Verbot von Transgender-Soldaten aufzuheben. Der Hip-Hopper Common hat nach Protesten von seinen Fans versprochen, dass er künftig nicht mehr schwule Beleidigungen in seinen Texten verwenden will. Sein Kollege Kanye West spricht sich deutlich für gleiche Rechte von Schwulen und Lesben aus. Es gibt immer mehr Akzeptanz in allen Bereichen der Gesellschaft. Und: Sänger, Schauspieler und Künstler sorgen dafür, dass das Thema weiter im Gespräch bleibt. Dass jeder einfach mal ausprobieren kann, für wen sein Herz wirklich schlägt.