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Von Kickern und Strippenziehern

In diesen Tagen hat eine Branche Hochkonjunktur, die in der Öffentlichkeit einen denkbar schlechten Ruf genießt. Dabei ist sie so alt wie die Bundesliga. Die Spielervermittler. Doch trotz aller Kritik: Transfers in Deutschland sind ohne Spielerberater kaum noch zu realisieren.

Von Heinz-Peter Kreuzer | 29.08.2008
    Drei Spieler für 22 Millionen Euro. Mit diesem Zukauf machte der Hamburger SV diese Woche Schlagzeilen: Das Urgestein der Bundesliga nahm innerhalb von zwei Tagen die beiden Brasilianer Silva und Neves unter Vertrag - und dazu noch Marcell Jansen von Bayern München. Wie es zu diesem Transfer kam, erzählt der stellvertretende Vorstandsvorsitzende der FC Bayern München AG, Ulrich Hoeneß:

    "Es ist so, dass vor zwei, drei Tagen der Didi Beiersdorfer mich angerufen hat, und ob wir uns das vorstellen können. Und wie ich den HSV kenne, wollen sie ja teuer verkaufen und billig einkaufen. Da hab ich ihm eine Summe genannt, da kam das Angebot, das uns hat nachdenken lassen, dann haben wir mit dem Jürgen gesprochen, nicht weil wir der Meinung sind, dass es ein schlechter Spieler ist, sondern, weil wir der Meinung sind, dass wir gerade auf der Position gut besetzt sind."

    Auch andere Vereine haben in den vergangenen Tagen ihre Mannschaften verstärkt. Einen Tag nach dem Verkauf von Jansen verkündete Bayern die Verpflichtung des italienischen Weltmeisters Massimo Oddo vom AC Mailand. Eine Nummer kleiner läuft es bei Bayer Leverkusen. Die Werkself verstärkte ihren Kader mit Abwehrspieler Michael Kadlec von Sparta Prag.
    Die heiße Phase der Spielertransfers im Fußball ist fast vorbei. Sie endet in diesem Jahr am 1. September statt am 31. August. Jetzt gilt es noch schnell den Transfer-Coup einzustielen oder auch den Notkauf abzuschließen. Denn danach können sich die Vereine erst wieder in der Winterpause bis Ende Januar verstärken.
    In diesen Tagen hat eine Branche Hochkonjunktur, die in der Öffentlichkeit einen denkbar schlechten Ruf genießt. Dabei ist sie so alt wie die Bundesliga. Die Spielervermittler.
    Heute gibt es etwa 200 vom Deutschen Fußball-Bund lizenzierte Spielervermittler. Um diese Lizenz zu erhalten, müssen die Anwärter neben einer Prüfung eine Creditreform-Auskunft ohne Insolvenz, ein polizeiliches Führungszeugnis ohne Eintrag sowie eine Haftpflichtversicherung über zwei Millionen Euro vorlegen. Nur Rechtsanwälte dürfen Spieler ohne Lizenz vermitteln. Bekanntestes Beispiel ist der in Luxemburg residierende Anwalt Michael Becker. Zu seinen Kunden gehören unter anderem Michael Ballack und Bernd Schneider. In der Öffentlichkeit haben die Vermittler trotz dieser Auflagen den Ruf von geldgierigen Haien.
    Auch die Vereinsmanager schimpfen meist vor oder nach Verhandlungen über sie. So sagt Uli Hoeneß, neben guten Beratern gebe es auch viele unseriöse, die nur Geld schneiden wollen. Bayer Leverkusens Geschäftsführer Wolfgang Holzhäuser räumt jedoch ein, dass diese Makler mittlerweile unverzichtbar sind:

    "Ich halte das für Theorie. Es gibt zwar in jüngster Vergangenheit Ansätze, allerdings auch von früheren Jahren, dass man versucht hat, eine Art eigene Spielerbörse aufzubauen. Das ist nicht machbar. Ich glaube, dass man diese Makler, diese Spielerberater, einfach akzeptieren muss, weil sie zum System dazugehören. Aus der Tatsache heraus, dass die Branche der Spielerberater expandiert, prosperiert, glaube ich, kann man schon ablesen, dass es ein notwendiges Übel ist, ohne geht es nicht."

    Den Spielern stehen die Berater und Vermittler aber nicht nur bei Vertragsverhandlungen zur Verfügung, sie nehmen ihnen auch viele Dinge des täglichen Lebens ab. Der Neu-Leverkusener Michael Kadlec fühlt sich bei seinem Wechsel nach Leverkusen gut betreut.

    "Für mich war das sehr wichtig, weil er ist die Kontaktperson, die alles hier regelt, damit ich mich um fast nichts kümmern muss. Das ist gut so. Dann kannst du dich auf den Fußball konzentrieren."

    Sein Berater Lars Wilhelm Baumgarten von der Agentur Stars & Friends ergänzt, seine Firma sei eher eine Full Service-Agentur, die sich intensiv um die Fußballer kümmere.

    "Von der Wohnungssuche, Versicherungen bis hin zur Karriereplanung, Karrieremanagement, sportliche Begleitung, Medienschulung, sind alles Dinge, die gemacht werden, aber nicht in der Öffentlichkeit wahrgenommen werden. Und das ist meiner Ansicht nach notwendig, dass man nach außen geht und sich hinstellt, aus dem Hinterzimmer wegkommt und in die Öffentlichkeit."

    Baumgarten hat im vergangenen Jahr die Deutsche Fußballspieler-Vermittler Vereinigung, DFVV, gegründet. Der Verband soll in der Öffentlichkeit für das Berufsbild des Spielervermittlers eintreten. Er sieht den DFFV auch als Sprachrohr der Spielervermittler beim Deutschen Fußball Bund und der Deutschen Fußball Liga, DFL, sowie der Politik. Das wichtigste Anliegen ist aber die Abgrenzung von den Spielervermittlern, die keine Lizenz des Deutschen Fußball Bundes haben - und die Branche in Misskredit bringen. Ihre Zahl wird auf mindestens 200 geschätzt. Norbert Pflippen, ein Urgestein der Branche, beschreibt das Szenario.

    "Der nimmt sich irgendeinen Anwalt, der wenig Aufträge hat, der ein Büro hat von einem Quadratmeter mal Quadratmeter und sagt: Pass mal auf, drei Stunden nachmittags fährst du mal mit, brauchst nix zu tun, brauchst nur da zu sitzen, Foto zu machen. Da kommst du mit dem Spieler raus, Spieler X, Berater X und Anwalt X. ja. Da kannste nix machen. Du kannst ihn anzeigen beim DFB, bei der Fifa, die sagen alle, da war ein Anwalt bei."

    Schalkes Manager Andreas Müller beklagt ebenfalls diesen, wie er sagt, Wildwuchs von Pizzabäckern, Kellnern und weiteren Fußballfans, die den schnellen Euro machen wollen.

    "Wenn, wie in der letzten Zeit geschehen, Berater wie aus dem Boden schießen, und zum Teil dieses Geschäft nicht kennen, in einer ganz anderen Branche tätig waren, den Fußball nicht verstehen, um was es da letztendlich geht, dass nach wie vor im Sport der Fußball die Nummer eins sein muss, sondern das wirklich aus persönlichen Interessen sehen, selber Vorteile daraus zu schlagen; aber es ist ein sehr, sehr schwieriges Feld."
    Und ein altbekanntes Problem. In seiner Zeit als Bundestrainer kommentierte Berti Vogts den umstrittenen Wechsel des Abwehrspielers Thomas Helmer von Borussia Dortmund zu Bayern München mit den Worten. "Der Kerl hat im Abitur einen Notendurchschnitt von 1,8, aber beraten lässt er sich von einem Postboten." Genau diese Art von Spielervermittler fürchtet auch Baumgarten.

    "Das passt uns auch nicht als Verband, dass man das einfach umgehen kann. Wir werden dafür eintreten, dass es nicht möglich ist, dass sozusagen Scheingeschäfte gemacht werden. Dass ein nicht lizenzierter Berater die Verhandlungen führt mit dem Verein und zur Unterschrift den Namen eines Rechtsanwalts unter den Vertrag schreibt, das werden wir uns nicht gefallen lassen als lizenzierte Vermittler. Wir werden dafür eintreten, dass jemand, der Fußballspieler vermitteln will, beim DFB eine Prüfung machen muss. Oder, wenn er als Rechtsanwalt arbeitet, auch die gesamten Verhandlungen führt und auch den Spieler betreut und nicht nur für die Unterschrift mal eintritt."
    Baumgarten fordert die Unterstützung des DFB, der die entsprechenden Berater bestrafen soll wie im Fall des TuS Koblenz. Der wäre gegen Ende der vergangenen Saison fast zwangsabgestiegen. Denn der nicht lizenzierte Berater Abdilgafar Ramadani hatte Branimir Bajic und Marko Lomic von Partizan Belgrad zum Zweitligisten vermittelt. In einem ersten Vertrag im Juli 2007 sollten beide zusammen 690.000 Euro kosten, die Agentur Lian Sports von Ramadanis Frau Heike sollte 265.000 Euro Provision erhalten. Wenige Wochen später tauchte ein zweiter Vertrag auf, die Preise stiegen für Lomic auf ungefähr 1,65 Millionen Euro und Bajic auf 850.000 Euro. Geflossen sind dann eine Ablöse von insgesamt 1,1 Millionen Euro und 670.000 Euro Provision an Lian Sports. Weil der Verein die Verträge der Deutschen Fußball-Liga vorenthalten hatte, wurde Koblenz bestraft. Sechs Punkte Abzug in der vergangenen Saison plus 200.000 Euro Geldstrafe, und drei Zähler Abzug in der laufenden Spielzeit.
    Aber es lauern noch andere Gefahren: Wie die Einflussnahme der Berater auf einzelne Clubs. Wer viele Kicker in einem Verein hat, der kann dort bei politischen und sportlichen Entscheidungen mitmischen. Als Paradebeispiel galt lange Zeit der 1. FC Kaiserslautern. Der Club wurde spöttisch als Filiale der Agentur Rogon von Roger Wittmann bezeichnet. Zwölf Kicker des Clubs standen bei Rogon unter Vertrag, unter anderem Wittmanns Schwager Mario Basler. Dem wurde nachgesagt, dass er Spieler von anderen Beratern abwarb. Heute gilt der FC Schalke 04 als Rogon-Club, sechs Kicker aus dem Kader sind bei der Agentur unter Vertrag. Mittlerweile soll auch die Nationalmannschaft betroffen sein, Leverkusens Geschäftsführer Holzhäuser warnt:

    "Ich bin mir auch nicht sicher, ob das, was der Lehmann vor ein paar Tagen in einem Presseinterview gesagt hat, das angeblich Spielerberater über ihre Spieler Einfluss auf die sportliche Führung des DFB genommen hat, um die Taktik nach dem Kroatienspiel zu ändern, ob das nicht doch stimmt. Ich könnte mir vorstellen, dass derartige Tendenzen schon bestehen, wenn ich sehe, wie viele Spielerberater rund um die Nationalmannschaft herum im engsten Kreis sich bewegen. Da hab ich meine Bedenken, da wird man aufpassen müssen."
    Ein weiteres Problem sieht Holzhäuser darin, das Berater Spieler zu dem Verein vermitteln, wo der Berater das meiste Geld bekommt.
    Trotz aller Kritik: Transfers in Deutschland und Europa sind ohne Spielerberater kaum noch zu realisieren. Eine noch größere Rolle spielen die Vermittler aber bei der Verpflichtung von ausländischen Spielern.

    In Südamerika zum Beispiel ist mittlerweile ein ganzes Heer von Vermittlern notwendig. So sah sich Schalkes Manager Andreas Müller bei der Verpflichtung von Ze Roberto II elf Verhandlungspartnern gegenüber. Bayer Leverkusens Geschäftsführer Wolfgang Holzhäuser beschreibt ein solches Szenario.

    "Um es einfach auszudrücken: Vor zehn Jahren saßen wir noch mit dem Spieler und maximal zwei Beratern, vielleicht noch mit dem Verein am Tisch. Heute hat man den Spieler am Tisch zu einem gewissen Zeitpunkt, mindestens einen Berater in der Regel zwei, nämlich den brasilianischen Berater, den Berater des Spielers, in der Regel noch den Europavertreter des brasilianischen Beraters, das sind schon einmal vier. Dann in der Regel noch die Investmentgesellschaft, die das Geld vorgestreckt hat für die Agentur, das dürften dann auch zwei bis drei sein, das sind normalerweise Anwälte. Früher kam man mit einem kleinen Konferenzzimmer aus, heute braucht man einen Saal dazu."

    Holzhäuser erinnert sich auch an die Verhandlungen mit Naldo: Täglich hätten da die Gesprächspartner gewechselt. Der Abwehrspieler landete am Ende bei Werder Bremen. Vorher musste sich der 25-Jährige aber freikaufen. Denn die Transferrechte lagen nicht bei seinem damaligen Club Juventude, sondern beim RS Futebol, einem Ausbildungsverein mit integrierter Spielervermittler-Agentur.
    Einrichtungen wie der RS Futebol leihen ihre Talente an größere Clubs aus, um sie dort Talent-Scouts aus aller Welt zu präsentieren. Da sie die Transferrechte behalten, verdienen sie bei einem Transfer nach Europa kräftig mit. Bayer Leverkusen ist eine solche Bühne für die Jungstars aus Südamerika.
    "Wenn ein Spieler von uns aus Brasilien geholt wird, dann muss man sich im Klaren sein, dass ein Verein wie Leverkusen in der Regel als eine Art Plattform betrachtet wird, um einen Spieler weiterzuentwickeln und für europäische Großvereine interessant zu machen. Also behält sich die abgebende Agentur vor, die Forderung, die sie gekauft haben, nur teilweise weiterzugeben - in dem Fall an Bayer Leverkusen. Und für den Rest wird dann vereinbart, dass nach Abzug dessen, was Leverkusen beglichen hat, zukünftige Transferforderungen an die Agentur abgegeben werden."

    Dieses Procedere hat sich mittlerweile als ein gängiges Modell etabliert. Vorbei die Zeiten, als beispielsweise Bayer Leverkusen über die Kontakte von Bayer do Brasil einen Spieler ins Visier nahm und vor Ort den Vermittler Juan Figer mit der Abwicklung beauftragte. Heute gibt es ein Talente-Reservoir von etwa 600 jungen Fußballern in den drei Zentren Rio de Janeiro, Sao Paulo und Porto Allegre. Da die dortigen Vereine aber alle in permanenten finanziellen Schwierigkeiten sind, verkaufen sie die Transferrechte an Investmentfirmen. Das kompliziert die Verhandlungen und lässt die Ablösesummen explodieren.

    "Und es gibt Investmentgesellschaften, für die Agentur, als die den Spieler jung gekauft haben, bezahlt haben. Alle wollen verdienen, wenn alle verdienen wollen, alle verdienen können, dann wird zum Schluss derjenige, der das Geld bezahlt, der sein, der die Zeche bezahlt. Das ist dann der deutsche Verein."
    Ein Beispiel: Im Falle der Verpflichtung von Renato Augusto lagen 60 Prozent der Transferrechte beim abgebenden Club Flamengo Rio de Janeiro, 40 Prozent bei der Sportrechte-Agentur Traffic und der Investment Group MFD. Nach Insider-Informationen hat Bayer zwischen fünf und sechs Millionen Euro für den Spieler bezahlt. Bei einem Weiterverkauf an einen europäischen Top-Club würde Bayer diese Summe erst einmal wiederbekommen. Die Differenz zur erzielten Ablösesumme wird dann zwischen Bayer und den Investoren aufgeteilt.
    Doch damit der Tücken nicht genug: Die Vereine, die ja nur teilweise an der Ablösesumme partizipieren, verlangen noch einen kleinen Zuschlag für die Unterschrift unter die Freigabe. Ohne dieses Papier erteilt der Fußball-Weltverband (FIFA) keine Spielberechtigung.
    Im Falle der Verpflichtung von Renato Augusto musste Bayer ungefähr drei Wochen auf die Freigabe warten. Bayer hatte zwar wie gefordert innerhalb von 24 Stunden die volle Summe gezahlt. Aber dann schwiegen die Verhandlungspartner in Brasilien. Erst mit Unterstützung der FIFA rührte sich der brasilianische Verband. Ein weiteres Problem existiert speziell in Argentinien: Oft haben die Spieler auch schon ihre Persönlichkeitsrechte an eine Agentur verkauft. Die muss der neue Club dann teuer zurückkaufen, um seine Neuerwerbung in der Liga überhaupt vermarkten zu können.
    Auch bei der Verpflichtung von Spielern aus Afrika mischen die Vermittler kräftig mit - einige nutzen dabei das soziale Elend aus. In Afrika träumen viele junge Fußballer von einer Karriere mit Geld und Ruhm in Europa, wie zum Beispiel der kenianische Nationaltorhüters Arnold Origi.

    "Vielleicht reicht es für die deutsche Bundesliga, aber zuerst möchte ich der beste Torhüter Afrikas werden."

    Letztendlich reichte es aber nur zu einem Engagement beim norwegischen Zweitligisten Moss FK. In Deutschland sind die Zeiten vorbei, in der die Bundesligisten afrikanische Jung-Talente verpflichtet haben.
    In Deutschland haben viele Afrikaner Probleme, sich einzugewöhnen. Erst bei einem Zwischenschritt über schwächere Spielklassen oder kleinen Clubs schaffen sie den Sprung in die Top-Ligen. So startete der heutige Superstar Samuel Eto'o vom FC Barcelona seine Karriere bei Real Mallorca. Und Belgien ist zur Drehscheibe für einen schwunghaften Handel mit der Ware Fußballspieler geworden. Die dortige Liga gehört zu den schwächeren in Europa, es gibt keine Ausländerbeschränkung und die Auflagen für die Aufenthaltsgenehmigung als Nicht-EU-Profi sind niedriger als in anderen EU-Ländern. So gedeihen die Partnerschaften zwischen europäischen Spitzenvereinen und Clubs in Belgien.
    Der KVC Westerloo kooperiert mit Chelsea London und Feyenoord Rotterdam, Ajax Amsterdam mit Germania Beerschoot. Ajax unterhält auch eine Fußballschule in Ghana und in Südafrika gibt es das Farmteam Ajax Capetown. In der englischen Premier League unterhält Manchester United eine Partnerschaft mit Royal Antwerpen. Die erfolgreichste Verbindung existiert zwischen Arsenal London und dem KSK Beveren. Der französische Trainer Jean Marc Guillou hat den belgischen Erstligisten 2001 quasi übernommen, als der Club vor der Pleite stand. Über vier Jahre lang, bis zu seinem Ausstieg, vermittelte Guillou etwa 30 Talente aus seiner Fußballschule in der Elfenbeinküste nach Beveren, um sie später mit Gewinn weiterzuverkaufen. Bei dieser Form des Neo-Kolonialismus schaffen nur manche Spieler den Sprung in die Top-Ligen. Andere scheitern und rutschen in die Illegalität ab: Ohne Geld und Rückflugticket, alleine gelassen von unseriösen Managern, die sie nach Europa gelockt haben, enden sie als Bettler oder Drogendealer. Sie trauen sich auch nicht zurück in die Heimat, weil die Familien ihr komplettes Geld in das Unternehmen Fußball investiert haben und sie gescheitert sind. Ein Hilfsprojekt für die Gestrandeten gibt es in Frankreich, dort hat der frühere kamerunische Nationalspieler Jean Claude Mbvoumin das Projekt Club Foot Solidaire gegründet.

    "Das Kind wird zur Ware, und die Familien selbst angesichts von Armut und Arbeitslosigkeit drängen die Kinder. Unser Sohn wird ein Samuel Eto, sagen sie. Und wenn der Sohn stolpert, was wird dann aus ihm. Die Familie hat den Jungen geopfert, seine Kindheit, seine Jugend. Wir sagen, das ist Menschenhandel. Das sind harte Worte, aber sie spiegeln die Realität wieder, die ist einfach haarsträubend."

    Mittlerweile interessieren sich auch der Fußball-Weltverband und die Europäische Fußball-Union für dieses Thema. Uefa-Präsident Michel Platini plant, die Transfers von Minderjährigen zu verbieten.
    Trotzdem wird sich nichts ändern, solange die Vereine sich nicht an die eigenen Regeln halten und mit jedermann verhandeln. Wenn ein Club einen bestimmten Spieler haben will, spricht er mit allen, der ihm helfen können. Und zur juristischen Tarnung wird letztendlich ein Rechtsanwalt hinzugezogen. Das wird sich nur ändern lassen, wenn Berater, Vermittler, Vereine und Verbände zusammenarbeiten.