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Von Michelangelo bis Vasari

Bei Renaissance denkt man vor allem an Florenz. Rom hingegen gilt als Stadt des Barock. Doch auch am Tiber erreichte die Kunst des "Rinascimento" wahre Höhepunkte - dank spendabler Päpste und mit Meisterwerken von Michelangelo oder Raffael. Eine Ausstellung gibt nun Einblick in diese Epoche.

Von Thomas Migge | 05.11.2011
    Schon wieder eine Ausstellung zur Renaissance? Anscheinend ist diese kunsthistorische Periode europaweit große Mode. Dazu Marco Bussagli, Kunsthistoriker und einer der beiden Kuratoren der Ausstellung in Rom:

    "Das stimmt. Es gibt seit einiger Zeit viele Renaissanceausstellungen. Der junge Raffael, der reife Raffael, der frühe Michelangelo und so weiter. Aber nun versucht eine Kunstschau das ganze Panorama der Renaissance für einen Ort, wie hier für Rom, zu thematisieren. Das ist ein komplexes und schwieriges Unterfangen. Aber so eine Ausstellung sucht in gewisser Weise nach dem Sinn einer Epoche."

    Bei Renaissance denkt man vor allem an Florenz. Rom hingegen gilt als Stadt des Barock. Doch so einfach liegen die Dingen nicht, erklärt der Bankier und Kulturförderer Emmanuele Emanuele:

    "Es ist wenig bekannt, dass die Renaissance zwar in Florenz entstand, aber in Rom zu großen Höhepunkten gelangte. Die Päpste standen den Medici in Florenz weder in finanzieller Gebefreudigkeit noch in der Sucht nach Kunst nach. Und: Sie wollten aus ihrer Stadt eine Weltmetropole der Kunst machen. Rom spielt für die Entwicklung der Renaissance eine enorm wichtige Rolle."

    Und mit einer großen Renaissanceausstellung will Mäzen Emanuele genau diese These visuell unterstreichen. Der Bankier ist mächtiger Chef der Stiftung Fondazione Roma, der großzügigsten privaten Kultureinrichtung der Hauptstadt. Sie hat in der Vergangenheit bereits wichtige Ausstellungen zur römischen Kunst organisiert. Jetzt ist die Renaissance an der Reihe. Im barocken Palazzo Sciarra werden 200 Kunstwerke gezeigt: Gemälde und Skulpturen.

    Die Ausstellung konzentriert sich auf die engen Beziehungen zwischen den päpstlichen Auftraggebern und den bedeutendsten Künstler. Das waren vor allem Michelangelo, Raffael und Giulio Romano.

    Thematisiert wird ein Zeitraum, der durch energische Päpste charakterisiert ist. Eine Epoche, die 1503 mit der Wahl des Kunst liebenden Julius II. begann. Er begriff sich als katholische Neuauflage eines römischen Kaisers. So ordnete er neue schnurgerade Straßen an, an denen der Adel prächtige Paläste errichten sollte. Julius II. und seine direkten Nachfolger gaben einige der wichtigsten Kunstwerke der gesamten Kunstgeschichte in Auftrag: die Sixtinische Kapelle, die Stanze di Raffaello im Papstpalast und die Loggia in der Villa Farnesina, ein Werk des Malers Baldassare Peruzzi. Das Ende dieser Epoche wird den Ausstellungskuratoren zufolge mit dem Tod Michelangelos 1564 eingeläutet.

    Kurator Marco Bussagli:

    "Michelangelos Tod fiel fast zeitgleich mit dem Ende des Konzils von Trento zusammen, das die Zeit der Gegenreformation einleitete. Die Renaissance als humanistische Epoche des Aufbruchs und der Anknüpfung an antike Ideale war zu damit zu Ende."

    1527 ließ Kaiser Karl V. Rom plündern. Eine Zäsur, die Papst Paul III. aus der mächtigen Mäzenatenfamilie Farnese mit zahlreichen Aufträgen an Künstler vergessen machen wollte.

    Kunst der Renaissance lässt sich in vielen römischen Kirchen und Palästen besichtigen – der Ausstellungsbesucher wird mit einen Stadtplan mit Hinweisen auf die entsprechenden Adressen versorgt. Doch nur die Ausstellung zeigt so viele unterschiedliche Meisterwerke jener Kunstepoche an einem einzigen Ort. Darunter Porträts von Raffael, Madonnen von Giulio Romano und Perin del Vega, Skulpturen von Guglielmo della Porta und und und....

    Besonders reizvoll ist eine 3-D-Rekonstruktionen der von Raffael und seinen Schülern ausgemalten Loggen im Palazzo der Farnesina. Werke, die sich aus verständlichen Gründen nicht transportieren lassen, die aber auch in der technisch aufwendigen Rekonstruktion mit ihrer intensiven Farbwiedergabe ungemein faszinierend wirken.