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Vor 110 Jahren öffnete das KaDeWe
Das Schaufenster des Westens

1905 beschloss der Unternehmer Adolf Jandorf, im Berliner Westen ein Kaufhaus im Stil des berühmten Harrods in London zu bauen. Auf fünf Etagen lockte er ein begütertes Publikum mit Luxus-Artikeln in die weitläufigen Hallen des KaDeWE. Am 27. März 1907, vor 110 Jahren, öffnete das berühmteste Kaufhaus Deutschlands seine Tore.

Von Regina Kusch | 27.03.2017
    Besucher und Kunden am Eingang zum KaDeWe
    KaDeWe (picture alliance / dpa / Manfred Krause)
    Als am 27. März 1907 in Berlin das "Kaufhaus des Westens" seine Pforten öffnete, waren viele Schaulustige mit vollem Portemonnaie zum Wittenbergplatz geeilt. Einen Konsumtempel im neuen Westen der Stadt, damals noch eine stille Vorortgegend, hatte es bis dato nicht gegeben. Der Unternehmer Adolf Jandorf, der mit Billigkaufhäusern in Arbeiterbezirken sein Geld gemacht hatte, wollte sich hier mit einem luxuriösen Kaufhaus nach dem Vorbild von "Harrods" in London oder dem Pariser "Printemps" einen Traum erfüllen. Nils Busch-Petersen, Hauptgeschäftsführer des Handelsverbandes Berlin-Brandenburg:
    "Ein großes Warenhaus zu bauen und das nicht in der klassischen Mitte, in der Leipziger Straße, wo ein Warenhaus neben dem anderen stand, auch nicht in den dicht besiedelten Quartieren des Wedding, des Prenzlauer Berg oder des Friedrichshain, sondern nach Schöneberg zu gehen, das war eine sehr mutige Entscheidung."
    "Wat Lage ist, bestimme icke"
    Die Konkurrenz spottete, Jandorf solle sein Projekt statt KaDeWe lieber Jot we De nennen, janz weit draußen. "Wat Lage ist, bestimme ick!" soll er geantwortet haben. Und sein Konzept ging auf, so - Nils Busch-Petersen: "Mit dem KaDeWe beginnt eigentlich erst richtig die Entwicklung des Berliner Westens in der damals ja noch nicht zusammengefügten Stadt."
    Marlene Dietrich war Stammkundin
    Die Tauentzienstraße an der Kaiser-Wilhelm-Gedächtniskirche entwickelte sich bald zum mondänen Einkaufsboulevard. Das fünfstöckige KaDeWe im neoklassizistischen Stil mit einer Fassade aus Muschelkalk lag verkehrsgünstig an einem Knotenpunkt von Straßen-, U- und Hoch-Bahn. Aus allen Stadtteilen strömten die Käufer herbei.
    Feinste Kolonialwaren, Hüte und Parfums aus Frankreich, modernste Haushaltstechnik aus Amerika, Weine aus Italien, Nerze und Zobel aus Russland - ein überbordendes, exquisites Angebot lockte Konsumfreudige an. Der König von Siam besuchte das edle Einkaufsparadies, Marlene Dietrich gehörte zu den Stammkundinnen der Kosmetikabteilung. Und wer nicht kaufen konnte, kam um zu staunen.
    Blick über die Tauentzienstraße und das KaDeWe, um 1935
    Blick über die Tauentzienstraße und das KaDeWe, um 1935 (imago/Arkivi)
    Nach zehn erfolgreichen Jahren verkaufte Adolf Jandorf sein Luxusunternehmen an den Warenhausketten-Besitzer Oscar Tietz, der es an seine Söhne weitervererbte. Die bauten das KaDeWe aus und richteten die bis heute legendäre Feinkostabteilung ein. Doch während des Nationalsozialismus mussten die Brüder Tietz, wie alle jüdischen Unternehmer, ihr Geschäft weit unter Wert an nicht jüdische Deutsche verkaufen, und emigrierten 1939 nach New York. Dazu Busch-Petersen:
    "Und das meiste davon ging ja … dann noch für die sogenannte‚ 'Reichsflucht-Steuer' drauf, sodass die eigentlich froh sein konnten, diese Unternehmer, diese wichtigen Persönlichkeiten, die die Stadt geprägt haben, wenn sie das nackte Leben retten konnten in den 30er-Jahren."
    Zerstörung und Wiederaufbau
    Bei einem Bombenangriff 1943 stürzte ein alliiertes Flugzeug in das Gebäude, und das KaDeWe brannte aus. 1950 wurde das KaDeWe wiedereröffnet. Die Berliner sehnten sich nach gutem Essen und freundlicher Bedienung. Wer es sich leisten konnte, trug sein Geld in die sechste Etage in die Feinschmeckerabteilung. Nach dem Mauerbau galt das Kaufhaus als Schaufenster des freien und wohlhabenden Westens.
    Die lila angeleuchtete Fassade des Kaufhaus des Westens (KaDeWe) in Berlin, aufgenommen am 01.12.2015. Foto: Soeren Stache/dpa
    "Wenn man irgendetwas besorgen will, und es soll was Schönes sein, erster Schritt ins KaDeWe. Und wenn man dann alle Einkäufe erledigt hatte, noch ein Gläschen Champagner auf diesen ganzen Stress, das war das Optimale. Und es gibt einfach die Tage, die, oder sogar die Stunden, die nach Champagner schreien."
    Diese Meinung teilt Jutta Weiß mit vielen Kunden. Seit 20 Jahren schenkt sie in der sechsten Etage Champagner an ein bunt gemischtes Publikum aus:
    "Wir hatten Kunden, für die war nicht Wochenende, wenn sie nicht wenigstens Sonnabend um 14.00 oder 15.00 Uhr zu uns an die Bar gekommen sind und ihren Champagner getrunken haben. Von den ganz prominenten über ganz einfache Menschen. Menschen, die von überall her aus der Welt kommen, Leute, die regelmäßig in Berlin sind, die gar nicht erst den Koffer abstellen, sondern sofort mit Koffer zu mir an die Champagner Bar gekommen sind, das alles hab ich erlebt."