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Vor 125 Jahren gegründet
"Black Maria" - das erste Filmstudio der Welt

Thomas Edison hat vieles erfunden: die Glühbirne, den Phonographen - eine Art Plattenspieler -, aber auch den Kinetographen, mit dem sich Filme aufnehmen ließen. In seinem Studio in New Jersey wurden die ersten kommerziellen Filme für den US-Markt hergestellt. Vor 125 Jahren nahm es seinen Betrieb auf.

Von Philipp Eins | 01.02.2018
    Das "Black Maria"-Filmstudio
    Das "Black Maria"-Filmstudio (imago stock&people)
    Es war im Jahr 1887, als der US-amerikanische Erfinder und Unternehmer Thomas Edison seine neuen Werkstätten in West Orange im Bundesstaat New Jersey eröffnete. Die Edison Laboratories waren eine gigantische Experimentieranstalt, in der er Großes vorhatte. Mit seinem Team unter Leitung des schottischen Erfinders William Kennedy Laurie Dickson tüftelte er an der Erfindung des Films.
    Edison und Dickson wollten Fotos auf einem Filmstreifen so schnell hintereinander aufnehmen, dass sie beim Abspielen eine Bewegung ergeben. Ein Stroboskopeffekt, wie in einem Daumenkino. Anfang 1893 stellten sie den Kinetographen fertig, eine Kamera, die 48 Bilder pro Sekunde erfasste. Außerdem bauten sie an einem Filmatelier – einem abgedunkelten Schuppen, dessen Ähnlichkeit mit einem Polizeiwagen ihm den Namen "Black Maria" einbrachte.
    "Die Vorstellung war, eine Dunkelkammer muss doch eigentlich schwarz sein. Und wir wollen keine Reflektionen oder so was", so Martin Koerber, Leiter des Filmarchivs der Deutschen Kinemathek in Berlin.
    Ein Schuhkarton mit Sonnenklappe
    "Und deswegen hat man dieses Ding schwarz gemacht. Eigentlich für ein Studio verrückt, denn da will man ja möglichst viel Licht haben. Aber wenn man diese frühen Edison-Filme sieht, die da drin aufgenommen sind, dann sieht man tatsächlich - also man sieht einen schwarzen Hintergrund und eine ganz kleine Bühne, auf der sich diese Menschen da bewegen. Das war ja eigentlich nur so ne Art Schuhkarton mit der Klappe, die man aufmachen kann, um die Sonne reinzulassen."
    Am 1. Februar 1893 ging das Studio in Betrieb. Da die Kamera nur auf neun bis zwölf Meter langen Filmstreifen aufzeichnete, waren die ersten Aufnahmen wenige Sekunden lang. Zu erkennen war auch nicht viel. Durch die geöffnete Klappe im Dach der "Black Maria" knallte die Mittagssonne so schonungslos auf die Darsteller, dass sie vor dem schwarzen Hintergrund geradezu weiß erschienen.
    "Die Filme waren zunächst mal natürlich experimentelle Filme, um einfach zu sehen, wie es funktioniert. Also einer der allerersten Filme ist, dass William Kennedy Laurie Dickson selber Violine spielt. Da wurde auch noch ein Phonograph daneben gestellt und der Ton aufgenommen, und man konnte das dann hinterher synchronisieren, oder hoffte das jedenfalls. Die meisten anderen Filme sind aber stumm, die überliefert sind."
    Rentable Filmabspielmaschinen
    Bei der Vermarktung zeigte Edison sein geniales Verkaufsgeschick. Er brachte berühmte Vaudeville-Darsteller aus New York ins Studio, die vor der Kamera tanzten und jonglierten. Er drehte Boxkämpfe und filmte die Posen von Eugen Sandow, einem prominenten Kraftsportler. Zugleich war Edisons Firma die erste, die eine rentable Filmabspielmaschine auf den Markt brachte: das Kinetoskop.
    "Das so genannte Kinetoskop ist eigentlich ein Automat, in den man eine Münze einwirft, und dann kann man durch ein Okular schauen, eine Person alleine, nicht wie im Kino alle zusammen, und sieht einen kleinen Film. So wie man vorher auch – gab es ja schon diese Abblätterbücher, die man so durchkurbelt. Das Kino war noch gar nicht erfunden, es war nur erfunden, dass man Bewegung wiedergeben konnte, und das war so sensationell, dass jeder seinen Penny da in das Ding reinwerfen wollte."
    Schon bald entstanden Kinetoskop-Salons im ganzen Land. Doch der Reiz des Neuen verblasste ebenso schnell, wie er gekommen war.
    "Die Vorstellung von Kino, die gab es ja noch nicht. Sondern das hat sich alles erst entwickelt in diesen Jahren. Und ab 1895 waren dann die ersten Vorführungen hier in Berlin, im Wintergarten von Skladanowsky, wo jemand auf einer Leinwand den Film projiziert in einem Varietéprogramm, als besondere Attraktion. Und dann ging das erst los, dass man diese Technologie auch dafür benutzen konnte, dass man öffentliche Vorführungen in einem Saal macht."
    Der Ort, an dem die Filmgeschichte begann
    Auch der ästhetische Anspruch entwickelte sich schnell. Filmemacher wollten sich nicht in enge Studios zwängen.
    "Von Ästhetik ist da noch nicht viel zu sehen. Das ist ja ein ganz einfaches Arrangement. Ich hab eine Kamera und ich hab einen schwarzen Hintergrund, meistens jedenfalls, und manchmal hat man auch eine kleine Dekoration aufgestellt. Und dann bewegt sich da weiter gar nichts als der Darsteller in diesem Viereck, das relativ klein bemessen ist. Das ist natürlich genau das, was die Filme später dann ja möglichst schnell verlassen haben, als man wusste, wie es geht. Dann wollte man natürlich Montage haben, und man wollte anderes aufnehmen, man wollte nach draußen gehen oder Dekorationen bauen und so weiter."
    Die "Black Maria" genügte diesen Ansprüchen nicht mehr. 1901 errichtete Edison ein neues Filmstudio in der 14. Straße in New York. Das alte blieb ungenutzt und wurde wenige Jahre später abgerissen. Nur das 1981 gegründete "Black Maria Film Festival" erinnert noch an den Ort, an dem die Filmgeschichte begann.