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Vor 125 Jahren zum Patent angemeldet
Kronkorken - simpel, aber genial

Flaschenöffner ansetzen, drücken – zisch! Der Kronkorken gehört heute ganz selbstverständlich zum Alltag. Ihren Namen verdankt die Metallkappe, mit der vor allem Bierflaschen luftdicht verschlossen werden, den kleinen Zacken am Rand. Nach mehreren Anläufen meldete der Erfinder William Painter den Kronkorken heute vor 125 Jahren zum Patent an.

Von Irene Meichsner | 19.05.2016
    Blick auf mit Kronkorken verschlossene Bierflaschen
    Heute einer der erfolgreichsten Wegwerfartikel aller Zeiten: der Kronkorken. (picture alliance / dpa)
    "Mr. Painter's Flaschenverschlüsse sollten so dicht sein wie die besten herkömmlichen Korken. Und zugleich so billig, dass man sie nach einmaligem Gebrauch wegwerfen konnte ... Welche gewaltige Herausforderung es bedeutete, die Maschinen und Geräte zu entwickeln, um solche Verschlüsse in großen Mengen herzustellen und auf Flaschen aufzubringen - davon machen sich nur wenige Menschen einen Begriff."
    Als sich William Painters Freund und Berater John Hawkins im November 1897 im Handelsblatt von Baltimore so lobend über den Kronkorken äußerte, erfreute sich der neue Flaschenverschluss bereits großer Beliebtheit.
    "Dieses Jahr wurden schon fast 94 Millionen Stück produziert. Pro Woche werden dafür 10 bis 15 Tonnen bestes Weißblech benötigt. Oft werden die Kronkorken fantasiereich mit den Markenzeichen der jeweiligen Kunden verziert. Dabei kommen lithografische Verfahren zum Einsatz. Inzwischen gibt es schon über 130 verschiedene Muster."
    Bis zur Erfindung des Kronkorkens hatte man Bier-, Limonade- und andere Getränkeflaschen - mehr schlecht als recht - mit den unterschiedlichsten Stopfen verschlossen. Dazu Joseph O'Brien, ein Patentanwalt aus Washington:
    "Die dabei verwendeten Drähte gingen kaputt oder setzten Rost an, so dass sich darunter Dreck ansammelte. Außerdem waren die Verschlüsse wegen der unterschiedlich geformten Flaschen nicht immer ganz dicht. Painter hatte sich mit diesen Problemen bis in die letzten Details auseinandergesetzt."
    Ein dünner Kork-Ring diente als Dichtung
    William Painter kam am 20. November 1838 auf einer Farm in Triadelphia in Maryland zur Welt. Er fiel schon als Junge durch seinen Tatendrang auf. Während seiner Zeit als Lehrling bei einem Hersteller von Lackleder in Wilmington klaute ihm ein Vorgesetzter die Idee für eine Maschine zum Weichmachen von Leder und verdiente damit eine hübsche Summe. Painter ging leer aus und schwor sich, dass ihm so etwas nie wieder passieren sollte. Seit 1867 arbeitete er in einer Maschinen-Werkstatt in Baltimore. Sein ruheloser Geist war ständig mit irgendwelchen Plänen beschäftigt. Painters Sohn Orrin erinnerte sich später:
    "Ich sehe ihn so vor mir: wie er in Hemdsärmeln in seinem Büro auf- und abging. Mein Vater trug keine Hosenträger. Hin und wieder nahm er ein Stück Kreide und zeichnete Entwürfe auf den Boden. Dann stand er wieder auf, rückte seine Hose zurecht und ging weiter, ohne irgendetwas anderes wahrzunehmen."
    Manchmal kritzelte Painter seine Ideen einfach auf seine Manschetten – sehr zum Unmut der Wäscherinnen. Er erfand diverse Pumpen und Ventile, ein Gerät zum Erkennen von Falschgeld, einen Eisenbahnsitz, eine Flechtmaschine, Telefonzubehör und vieles andere - bis er sich ganz auf die Flaschenverschlüsse konzentrierte. Nach mehreren Anläufen meldete er am 19. Mai 1891 den Kronkorken, wie wir ihn im Prinzip heute noch kennen, zum Patent an. Der Metalldeckel war innen mit Papier beschichtet, um zu verhindern, dass der Flascheninhalt mit dem Metall in Kontakt kam. Ein dünner Kork-Ring diente als Dichtung. Die typischen Zacken am Rand, die an eine Krone erinnern, hatten den Zweck, den Druck gleichmäßig zu verteilen, wenn der Metalldeckel auf den Flaschenhals aufgepresst wurde, so dass dieser bei der Prozedur nicht zerbrach. Nachdem Painter sein Patent im Februar 1892 erhalten hatte, gründete er ein Jahr später die "Crown Cork & Seal Company". 1894 folgte ein Patent auf einen zum Kronkorken passenden Flaschenöffner. Painter gönnte sich nur selten einen Moment Ruhe.
    "Einmal, als mein Vater bei einem Freund zu Besuch war, hatte er keinen Wecker mit. Er nahm seine Taschenuhr und legte ein Streichholz auf das Ziffernblatt. Sobald der Minutenzeiger das Hölzchen bewegte, gerieten einige behutsam aufgestapelte Gegenstände ins Wanken und fielen auf den Boden. Das System erfüllte seinen Zweck."
    Der europäische Markt für den Kronkorken wurde von London aus dirigiert. In Hamburg entstand die erste ausländische Produktionsstätte, gefolgt von London, Paris, Yokohama und Rio de Janeiro. Gesundheitlich angeschlagen trat Painter Anfang 1903 von seinem Posten als Generaldirektor der Firmenzentrale in Baltimore zurück. Als er am 15. Juli 1906 starb, hatte der Kronkorken, einer der erfolgreichsten Wegwerfartikel aller Zeiten, die Welt längst erobert.