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Vor 200 Jahren
Eingang der Chephren-Pyramide entdeckt

Spekulationen über sagenumwobene Schätze im Inneren der 143 Meter hohen Chephren-Pyramide in Gizeh gab es viele, denn der Eingang war lange Zeit verschüttet. Am 2. März 1818 gelang es dem Italiener Giovanni Battista Belzoni, einem Pionier der Ägyptologie, den Weg zur Grabkammer freizulegen.

Von Regina Kusch | 02.03.2018
    Große Sphinx von Gizeh in Ägypten mit der Chephren-Pyramide.
    Wurde für den Sohn des großen Pharao Cheops erbaut: die Chephren-Pyramide - die Grabkammer zog Schatzsucher und Abenteurer an (imago / Joana Kruse)
    "30 Schatzkammern aus farbigem Granit, gefüllt mit kostbaren Edelsteinen, mit Geräten aus vortrefflichem Eisen, wie Waffen, die nicht rosten, mit Glas, das sich zusammenfalten lässt, ohne zu zerbrechen, mit seltsamen Talismanen und mit tödlichen Giften."
    Spekulationen über die geheimnisumwitterten Pyramiden von Gizeh, wie dieser Bericht aus dem 12. Jahrhundert über das Innere der Chephren-Pyramide, haben Gelehrte wie Grabräuber immer wieder an den Nil gelockt. Die ägyptische Expedition Napoleons Ende des 18. Jahrhunderts hatte bedeutende wissenschaftliche Erkenntnisse über die Kultur der Pharaonen nach Europa gebracht und reges Interesse an Fundstücken geweckt, so der Kurator der ägyptischen Sammlung des August Kestner Museums in Hannover, Christian Loeben.
    "In Ägypten selber waren die beiden großen Nationen Frankreich und England. Somit haben auch Konsuln dieser beiden Nationen in Ägypten so ein bisschen das Entdeckungsfieber erlangt und sind in einen Wettstreit getreten, wer die meisten Altertümer, wegschleppen könnte."
    Ein italienischer Abenteurer
    Besonders erfolgreich im Abtransport ägyptischer Altertümer war der Hobby-Archäologe Giovanni Battista Belzoni, der im Auftrag des Britischen Konsuls Henry Salt eine sieben Tonnen schwere Büste von Ramses II. aus dem Tal der Könige nach London ins Britische Museum schaffte. Der italienische Abenteurer war vor dem Militärdienst in Napoleons Truppen, die 1797 Rom eingenommen hatten, nach Holland geflohen, wo er Hydraulik studierte.
    Ein paar Jahre später ging er nach England und verdingte sich im Zirkus als Kraftprotz "Samson aus Patagonien", der eine Menschenpyramide von 19 Personen stemmen konnte, heiratete eine Irin und reiste mit ihr jahrelang durch Südeuropa und Afrika. 1815 traf er den ägyptischen Vizekönig, um ihm eine hydraulische Bewässerungsanlage vorzuführen - allerdings ohne Erfolg.
    "Deswegen lernte Belzoni andere Personen in Kairo kennen, zum Beispiel den bedeutenden Schweizer Gelehrten Johann Ludwig Burckhardt, der die Felsenstadt Petra entdeckt hatte und den Felsentempel Abu Simbel, und 1816 den britischen Konsul Henry Salt. Schon im Folgejahr hat Belzoni diesen Tempel in Abu Simbel vom Sand befreit und ist in ihn hineingegangen, und im Tal der Könige, diesem berühmten Tal, hat er diverse Gräber gefunden und im Oktober 1817 das Grab von Sethos I."
    Belzoni gab nicht auf
    Belzoni wurde als neuer Stern der Londoner Gesellschaft gefeiert und begab sich - nun auf eigene Faust - nach Gizeh, um die Grabkammer der zweitgrößten Pyramide zu finden, die zweieinhalb Jahrtausende vor Christus für Chephren, den Sohn des großen Pharao Cheops, erbaut worden war.
    "80 Arbeiter waren für ihn tätig. Und sie haben dann nach 16 Tagen Arbeit gedacht, das war jetzt der große Fund, ein Loch an der Nordseite der Pyramide schien absolut vielversprechend zu sein. Sechs Tage später hat man dann einen wirklichen Eingang zu einem Gang gefunden, und es kam heraus, der Gang war eine Sackgasse."
    Doch Belzoni gab nicht auf und entdeckte am Mittag des 2. März 1818 den verschütteten Eingang.
    Nur leere Grabkammern
    "Ich ließ meine Blicke in westlicher Richtung schweifen - ich wollte den Sarkophag sehen, den ich an der gleichen Stelle wie in der ersten Pyramide vorzufinden erwartete, und war sehr enttäuscht, nichts Dergleichen zu erblicken. Die Kammer hatte eine schräge Decke, und viele ihrer Gesteinsblöcke waren aus ihrer ursprünglichen Lage fortbewegt worden; offensichtlich von jemandem, der auf Schatzsuche gewesen war. Als ich näher an die Westseite heranging, bemerkte ich zu meiner großen Freude, dass es doch einen Sarkophag gab: Er war in den Boden eingelassen."
    Doch er war leer. An der Wand entdeckte Belzoni eine verblasste Inschrift, die ihn vermuten ließ, dass das Grab während der arabischen Herrschaft im 7. Jahrhundert nach Christus schon einmal geöffnet und wieder verschlossen worden war.
    "Obwohl nichts Bedeutendes darin gefunden wurde, war es die zweite Pyramide, die besichtigt werden konnte. Also man darf sagen, als touristische Attraktion und als archäologisches Denkmal ist die Entdeckung von Belzoni natürlich ganz wichtig, auch wenn es nicht die großen Schätze waren à la Tutanchamun."