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Vor 25 Jahren
Als Pablo Escobar aus seinem Luxusgefängnis floh

Pablo Escobar war in den 80er-Jahren mit Kokainhandel zum mächtigsten Drogenboss Kolumbiens aufgestiegen. Der Chef des Kartells von Medellín versetzte sein Land in Angst und Schrecken. 1991 begab er sich freiwillig in ein von ihm selbst gebautes Luxusgefängnis, aus dem er am 22. Juli 1992 wieder floh.

Von Victoria Eglau | 22.07.2017
    Ein Fahndungsplakat, mit dem nach Pablo Escobar und Komplizen wie Jhon Jairo Velásquez alias "Popeye" gefahndet wurde.
    Nach Pablo Escobars Flucht aus dem Luxusgefängnis "La Catedral" begann eine unbarmherzige Jagd auf den Schwerverbrecher. (picture alliance/ dpa/ Georg Ismar)
    "Zeigen Sie die Drogenhändler an. Gesucht wird: Pablo Escobar Gaviria."
    Anfang der 1990er-Jahre war Pablo Escobar Gaviria, Chef des mächtigen Kartells von Medellín, der meistgesuchte Verbrecher Kolumbiens. Der Mann aus ärmlichen Verhältnissen war mit der Herstellung und dem Verkauf von Kokain zum Milliardär geworden. 1983 hatte er versucht, eine politische Karriere zu starten. Doch als Escobar ins kolumbianische Parlament einziehen sollte, deckte der damalige Justizminister Rodrigo Lara Bonilla seine Verbindungen zur Drogenmafia auf. Escobar verlor sein Abgeordnetenmandat und übte Rache.
    "Wer mein Vater wirklich war, fing ich an, zu begreifen, als er 1984 Justizminister Lara Bonilla umbringen ließ. Danach begann der Staat, meinen Vater und seine Familie zu verfolgen", erinnert sich Pablo Escobars Sohn, Juan Pablo.
    Der kolumbianische Autor Juan Pablo Escobar, Sohn des Drogenbosses und Kriminellen Pablo Escobar
    Pablo Escobars Sohn Juan Pablo hat ein Buch über seinen Vater geschrieben (Imago/ Agencia EFE )
    Krieg gegen gegnerische Kartelle und den Staat
    Von nun an führte der Drogenkönig nicht nur gegen gegnerische Kartelle Krieg, sondern auch gegen Kolumbiens Regierung, Justiz und Polizei. Hunderte, wahrscheinlich Tausende von Morden und Anschlägen gehen auf das Konto von Pablo Escobar und seinen Auftragskillern. Wäre es den Sicherheitskräften gelungen, ihn festzunehmen, hätte Escobar die Auslieferung an die USA gedroht, wohin er einen großen Teil seines Kokains schmuggelte.
    "Mein Vater hat den Satz geprägt: Lieber ein Grab in Kolumbien als eine Gefängniszelle in den Vereinigten Staaten."
    1985 ließ Pablo Escobar den Justizpalast in der Hauptstadt Bogotá stürmen und elf Mitglieder des Obersten Gerichts töten. Der gewalttätige Druck zeigte Wirkung: Das Gericht erklärte Auslieferungen von Kolumbianern an die USA für verfassungswidrig. Doch das Thema war noch nicht vom Tisch: Einige Jahre später wurde in Kolumbien erneut erwogen, die Auslieferung von Kriminellen zu erlauben. Pablo Escobar konnte dies verhindern: durch Terror einerseits und Verhandlungen anderseits. Am 19. Juni 1991 stimmte die Verfassungsgebende Versammlung für ein Auslieferungsverbot – noch am selben Tag stellte sich Escobar der Justiz. Der Drogenboss verkündete:
    "Als Reaktion auf die Politik des Friedens und die Stärkung der Justiz durch den Präsidenten und sein Kabinett bin ich bereit, so viele Jahre im Gefängnis zu verbringen wie nötig sind, um zum Frieden meiner Familie und zum Frieden Kolumbiens beizutragen."
    Alle Annehmlichkeiten in "La Catedral"
    "La Catedral" – die Kathedrale – hieß das Gefängnis, das er nun bezog. Der Insasse hatte es selbst bauen lassen und genoss dort alle Annehmlichkeiten.
    "Das war gar kein Gefängnis. Escobar managte seine eigene Überwachung und machte, was er wollte", so Claudio Galán, Sohn eines von Escobar ermordeten Politikers.
    Nach gut einem Jahr sollte es mit dem Fünf-Sterne-Gefängnis vorbei sein. Die Regierung hatte erfahren, dass der Rauschgifthändler und seine Bande dort ungehindert ihren kriminellen Geschäften nachgingen und wollte Escobar in eine Militärgarnison verlegen. Als am 21. Juli 1992 zwei Regierungsvertreter in "La Catedral" eintrafen, kam es zum Aufstand. Escobars Leute nahmen die Funktionäre als Geiseln, und nach stundenlangem Chaos und Schießereien gelang ihm selbst in den frühen Morgenstunden des 22. Juli die Flucht. Dabei halfen dem Drogenboss Soldaten, die er bestochen hatte.
    Unbarmherzige Jagd auf Escobar
    "Wir, unsere Sicherheitskräfte, müssen Escobar suchen, ergreifen und der Justiz überstellen", erklärte der kolumbianische Präsident César Gaviria nach Escobars Flucht.
    Die Jagd auf den Schwerverbrecher, die nun begann, war unbarmherzig. An ihr nahm nicht nur die Polizei teil, sondern auch Paramilitärs und mit Escobar verfeindete Mitglieder der Kokainkartelle. 16 Monate lang versteckte sich der Drogenboss, seine Frau und Kinder baten vergeblich in Deutschland um Asyl. Anfang Dezember 1993 dann wurde Pablo Escobar in Medellín aufgespürt und starb in einem Kugelhagel. Nach Überzeugung seiner Familie erschoss er sich selbst.