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Vor 25 Jahren
Der Jazzsänger und Bandleader Billy Eckstine gestorben

Als einer der ersten Orchester-Musiker übertrug Billy Eckstine den revolutionären Bebop-Stil aufs Bigband-Format. Mit seiner Baritonstimme bewies Eckstine zudem, dass ein schwarzer Sänger nicht nur als Blues-Sänger, sondern auch als Balladenkünstler langfristig Erfolg haben konnte.

Von Karl Lippegaus | 08.03.2018
    Der amerikanische Sänger und Jazzmusiker ("Caravan") Billy Eckstine (1914-1993) in einer zeitgenössischen Aufnahme.
    Der amerikanische Sänger und Jazzmusiker Billy Eckstine (dpa picture alliance)
    Im Winter 1942 wurde Billy Eckstine der Sänger im Orchester von Earl Hines. Er hatte ein Faible für gefühlvolle Balladen und zeigte, dass Schwarze nicht nur Blues singen konnten. Billy mochte sehr einen jungen Jazztrompeter namens Dizzy Gillespie. Es gelang ihm, Dizzy in die Band zu lotsen, indem er ihm versicherte, Charlie Parker werde ebenfalls mitmachen. Parker hatte er kurz vorher das gleiche über Dizzy gesagt. Billy Eckstine entpuppte sich als gewiefter Talentsucher, denn auch der damals erst 17-jährigen Sarah Vaughan verschaffte er ein Engagement in Earl Hines‘ renommiertem Orchester.
    "Ich lud Sarah zu unserer Probe ein. Earl Hines setzte sich ans Klavier und meinte: 'Dann lass mal hören!' Sie begann zu singen. Und es war wie in diesen alten Filmen – jeder hielt inne und lauschte diesem Gesang."
    Ein Gentleman mit sinnlicher Stimme
    Billy Eckstine wurde am 8. Juli 1914 in Pittsburgh geboren. Zwar lernte er rasch etwas Klavier spielen, doch für Baseball interessierte er sich anfangs mehr. Als Kind hatte er im Kirchenchor gesungen, regulären Gesangsunterricht aber hatte Billy nie bekommen. Der hellhäutige junge Mann besaß ein natürliches Talent, Charisma und Sexappeal. Sein sonorer Bariton ertönte bald in Clubs in Pittsburgh und Washington, bevor er 1938 nach Chicago und Detroit umzog. Bei Amateurshows gewann er mehrmals erste Preise. Billy Eckstine:
    "Ich habe anfangs nie versucht, andere zu imitieren. Sänger haben mich nie beeinflusst – Musiker mehr oder weniger schon. Duke Ellington war immer mein Held, eine totale Inspiration."
    Nach einem Jahr als Solist hatte Eckstine im Earl Hines-Orchester angeheuert und schrieb seinen ersten Jukebox-Hit, "Jelly Jelly". "Mister B" oder einfach nur "B" – wie ihn die Kollegen nannten – konnte von schlechten Klavieren in vielen Jazzclubs weiß Gott ein Lied singen.
    1942 gelang "Mister B" ein weiterer Hit mit dem "Stormy Monday Blues" und kreierte eine neue Form von Blues-Gesang, den vor allem die weibliche Zuhörerschaft als warm, sinnlich und viril empfand.
    Erfolge mit der Bigband und als Solokünstler
    Vier Jahre bei Earl Hines waren genug, alsdann formierte Eckstine 1944 sein eigenes Orchester, das er drei Jahre halten konnte. Während dieser Zeit lernte er Trompete und Posaune spielen. Der gutaussehende Bigband-Chef war ein "nice cool gentleman" und ein "sharp dresser". Der Saxofonist Dexter Gordon erinnert sich:
    "Als ich in Eckstines Band kam, war das ein großer Sprung. Uns war natürlich damals nicht bewusst, was für ein radikaler Schritt das war. Wir machten einfach vieles anders, trugen andere Klamotten, diese Baskenmützen, die Sprache, vieles was sie heute benutzen: 'to dig, to be hip' – das kommt alles aus der Zeit."
    "Ich verlor einen Haufen Geld mit dieser Band – naja, heute ist das alles Geschichte – damals waren die Leute nicht bereit für diese Sorte von Musik. Es war immer noch ein tanzwütiges Publikum, und wir spielten eine Musik, die ein bisschen zu wild war fürs tanzende Volk."
    1947 löste Eckstine sein Orchester auf und startete eine Solokarriere.
    "Sänger wissen oft nicht, was sie tun. Musiker müssen üben, was sie spielen. Ein Minimum von neun oder zehn Jahren ist nötig, bevor sie in einer Band mitmachen können. Der Musiker weiß, was er tut. Da kommt dann ein kleiner Sänger daher, der gar keine Ahnung von Musik hat, die Stimme klingt ganz nett, und bald macht sie oder er einen Haufen Kohle, während die Musiker nach Tarif entlohnt werden. Die haben im Grunde keinen großen Respekt für die Sänger. Ich kann's ihnen nicht verübeln."
    1992 beendete ein Herzinfarkt seine Karriere. Er starb am 8. März 1993 in seiner Geburtsstadt Pittsburgh in Pennsylvania.